Basketball:Ein Kraftakt für alle

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Auf dem Weg zurück: Oldenburgs Rickey Paulding (Mitte) war erst kurz vor der Corona-Pause in der Münchner Arena – bald kommt er wieder. (Foto: Lackovic/imago)

Obwohl die Bundesliga den ersten Corona-Fall eines zurückgekehrten Spielers meldet, nimmt die Vorbereitung von Klubs, Spielern und Liga auf das gut dreiwöchige Saisonfinale in München Fahrt auf.

Von Joachim Mölter, München

Das haben die Basketball-Bundesligisten jetzt davon, dass sie ihre Saison mit einem Turnier in München fortsetzen und beenden dürfen: Arbeit, Arbeit, nichts als Arbeit, und noch mehr Arbeit. Seit das bayerische Kabinett am Dienstag die rund dreiwöchige Veranstaltung genehmigt hat, bei der während der Corona-Pandemie unter Ausschluss der Öffentlichkeit und unter strengen Sicherheitsvorkehrungen der Meister des Jahres 2020 ermittelt wird, wird hinter den Kulissen auf Hochtouren gearbeitet: Wo kriegt man jetzt so viele Waschmaschinen her, dass jede der zehn Mannschaften täglich ihre verschwitzten Sachen waschen kann? Wo die Eistonnen, in denen sich die Profis nach ihren Partien für gewöhnlich zum Regenerieren niederlassen? Wo das ganze Eis, mit dem täglich die beanspruchten Muskeln, Sehnen und Gelenke gekühlt werden sollen?

In den verbleibenden zwei Wochen bis zum Bezug des Quarantäne-Hotels in München ist noch einiges zu erledigen und allerhand zu tun, nicht nur in sportlicher Hinsicht. EWE Oldenburg hat als erster Klub das Mannschaftstraining wieder aufgenommen, in Niedersachsen hatte das zuständige Ministerium schon vorher grundsätzlich genehmigt, dass Profisportler ihrem Beruf nachgehen dürfen. Das verhilft auch Göttingen und Vechta zu einem kleinen Startvorteil. Nachdem schließlich auch das örtliche Gesundheitsamt in Oldenburg keine Einwände hatte, bat Coach Mladen Drijencic sein Team am Mittwoch gleich zweimal in die Halle. Der diesjährige Pokalfinalist hat auch als erster Verein seine 14-köpfige Auswahl für das Turnier in München bekanntgegeben: Bis auf den verletzten Flügelspieler Justin Sears und den aus privaten Gründen in die USA heimgereisten Spielgestalter Kevin McClain ist der Kader komplett beisammen geblieben.

Damit ist dann auch klar, dass der erste positive Corona-Fall der BBL nicht in Oldenburg zu suchen ist. Die Liga hatte erst am Mittwochabend gemeldet, dass bei einem gerade aus dem Ausland eingereisten Spieler das Coronavirus nachgewiesen worden sei. Der namentlich nicht genannte Profi habe freilich "zu keiner Zeit Kontakt zum Team" gehabt, hieß es in der Mitteilung, er wurde sofort isoliert. Das weitere Vorgehen werde nun dem zuständigen Gesundheitsamt abgestimmt.

Das Sicherheitskonzept der BBL scheint also zu greifen, es sieht ja vor, dass nur solche Profis beim Teamtraining mitmachen dürfen, die vorher zweimal negativ getestet wurden - in einem Zeitraum zwischen mindestens zwei und höchstens fünf Tagen. Sofern diese Tests keinen Befund ergeben, können die ausländischen Profis damit die normalerweise vorgesehene Quarantäne von 14 Tagen nach ihrer Einreise verkürzen. Die Klubs hatten ihre Legionäre nach der corona-bedingten Unterbrechung im März heimreisen lassen und erst jetzt wieder zurückbeordert; im Laufe dieser Woche trudelten die meisten ein.

Dadurch kann eine Empfehlung der Liga freilich schon nicht mehr umgesetzt werden: Dass die Teams ihren Spielern vor Beginn des Turniers drei Wochen Vorbereitungszeit ermöglichen, "in der unter Vollkontakt der Wettkampf erprobt wird", wie es im 48-seitigen "Konzept für den Sonderspielbetrieb" heißt. Bis zum Turnierstart sollten die seit zwei Monaten pausierenden Spieler wieder auf ein leistungssporttaugliches Niveau gebracht werden. Das kriegen nicht mal die Oldenburger noch hin, obwohl die erst am 8. Juni als vorletztes Team ins Turnier einsteigen. Als Letzter greift einen Tag später der einstige Serienmeister aus Bamberg ins Geschehen ein.

Die etwas zu kurz geratene Vorbereitungszeit der Spieler gehört zu den Ungereimtheiten, die man wohl in Kauf nehmen muss, wenn man auf die Schnelle so ein Turnier auf die Beine stellen will, das vom Modus her einer Welt- oder Europameisterschaft ähnelt. "Es ist schon ein Kraftakt für alle Beteiligten. Die optimale Lösung gibt es nicht", sagt BBL-Geschäftsführer Stefan Holz. Doch während Organisatoren von WM oder EM auf Erfahrungswerte zurückgreifen können und einen deutlich längeren Vorlauf haben, werkeln und improvisieren die BBL und all ihre Helfer aus dem Stand heraus. Das ist ein Grund, weshalb die Basketballer ihr Hygiene- und Sicherheitskonzept auch den Kollegen vom Eishockey und Handball, die ihren Betrieb für diese Saison eingestellt haben, zumindest für die kommende Spielzeit zur Verfügung stellen wollen, wie Holz im Podcast des TV-Partners Magentasport ankündigte: "Wir müssen schauen, dass in Deutschland der Hallensport überlebt."

Immerhin haben die BBL-Funktionäre den Spielplan so gestaltet, dass die Spieler zwischen ihren Einsätzen mindestens einen Tag Pause haben, um zu regenerieren. Diese Belastung mit maximal zehn Spielen innerhalb von 20 bis 23 Tagen, ist jedenfalls geringer als von vielen zunächst befürchtet. Bei allen Europameisterschaften der jüngeren Vergangenheit sind deutsche Nationalspieler mehr strapaziert worden: 2011, 2013 und 2015 hatten sie für jeweils fünf Vorrundenspiele sechs Tage Zeit, 2017 immerhin sieben.

© SZ vom 22.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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