Basketball-Derby:Noch nicht an den Strand

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Wurde vermisst: Würzburgs Flügelspieler Brekkott Chapman fiel vier Monate lang mit einer schweren Meniskusverletzung aus, nun ist er zurück. (Foto: Heiko Becker/imago)

Nach einem Tief haben Würzburgs Basketballer bei einem Trainingslager in Valencia wieder zu sich gefunden. Nun steht das Derby gegen Bamberg an - wohl zu günstiger Zeit.

Von Sebastian Leisgang

Bislang waren die Würzburger Basketballer und der Spielplan der Bundesliga keine allzu guten Freunde. Denis Wucherer, der Trainer der Würzburger, hat sich wiederholt beklagt, dass es der Spielplan nicht besonders gut mit seiner Mannschaft meine, weil er ihr immer wieder lange Pausen verordne. Knapp zwei Wochen im Dezember, mehr als drei Wochen im Januar und zuletzt zweieinhalb Wochen im Februar. Wie sollte sein Team da einen Rhythmus finden?

Jetzt aber, vor dem Spiel an diesem Freitag gegen Bamberg, könnte doch noch eine Freundschaft zwischen den Würzburgern und dem Spielplan entstehen. Der Spielplan hat ja eingesehen, dass er den Bogen vielleicht etwas überspannt hat. Er hat Wucherers Mannschaft deshalb die Hand gereicht und ihr ein Heimspiel gegen Bamberg in den Terminkalender eingetragen. Die Würzburger sind sich zwar noch nicht sicher, ob sie dem Friedensangebot trauen können, Wucherer sagt: "Bamberg ist verunsichert. Das kann für uns positiv sein, das macht sie aber auch gefährlich." Dann betont er allerdings: "Es ist prinzipiell nie verkehrt, gegen eine Mannschaft zu spielen, die auf der Suche ist und Druck hat."

Der Punkt ist ja: Bamberg hat die jüngsten drei Auswärtsspiele verloren, in Berlin, in Vechta und in der Champions League im Athener Vorort Peristeri. Und in der Bundesliga stehen die Oberfranken nur noch auf Rang sieben, das Verpassen der Playoffs wäre eine Katastrophe. Die Ansprüche beim ehemaligen Serienmeister sind traditionell hoch, dem Vernehmen nach sollte der neue Trainer Roel Moors das Derby besser nicht verlieren. Würzburg hingegen hat nach zuvor drei Niederlagen am Sonntag in Bonn gewonnen und liegt nun nach Punkten gleichauf mit Bamberg.

"Wenn wir ein ernsthafter Playoff-Kandidat sein wollen, müssen wir jetzt abliefern."

"Diese Konstellation macht das Derby noch reizvoller", sagt Wucherer und richtet sich mit einer Forderung an seine Spieler: "Wenn wir ein ernsthafter Playoff-Kandidat sein wollen, müssen wir jetzt abliefern." Die Mannschaft ist also in der Pflicht - oder etwa doch nicht? "Wenn ich das jetzt bejahe", sagt Wucherer, "dann klingt es nach Druck, nach Müssen, aber wir müssen nicht gegen Bamberg und Oldenburg gewinnen." Die Sonne geht ja am Samstag über Würzburg auf, wenn sein Team am Freitagabend verliert. Warum also Druck?

Druck kann beflügeln, wenn man mit ihm umzugehen weiß, er kann aber auch lähmen, wenn man ihm nicht Herr wird. Wucherer spricht deshalb lieber von den Aussichten, die sich seinen Spielern eröffnen. Die Aussicht, Bamberg erstmals überhaupt zwei Niederlagen in einer Saison beizubringen. Die Aussicht, sich in der Tabelle etwas abzusetzen vom Rivalen. Und die Aussicht, mit einem Sieg die eigenen Ambitionen zu unterstreichen. Noch ist ja unklar, welche Bilder das erste Mai-Wochenende hervorbringen wird. Feiernde oder frustrierte Würzburger? Einen bedienten oder einen beschwingten Trainer?

Das Ziel der Würzburger ist klar: Sie wollen nicht an den Stränden Teneriffas oder Floridas liegen, wenn die Hauptrunde ausgespielt ist und die besten Acht die Playoff-Duelle bestreiten. Wucherer spornt seine Mannschaft deshalb an. "Bonn war ein guter Anfang", sagt er, "ich glaube aber nicht, dass diese Leistung ausreicht, um Bamberg oder danach Oldenburg zu schlagen." Das Bonn-Spiel genügt noch nicht, um von einer Wende zu sprechen. Oder um es mit etwas Pathos auszukleiden: Es ist noch zu früh, um die Geschichte der Würzburger Auferstehung zu erzählen.

Andererseits: Die Zuversicht ist zurück. Zum einen, was die Playoff-Aussichten angeht, zum anderen, was das Derby betrifft. Würzburg hat in Bamberg gewonnen. Warum also sollte es nicht gelingen, den Rivalen ein zweites Mal zu Fall zu bringen? So sehen sie es in Würzburg. Es gibt einem Zutrauen, wenn das, was vor einem liegt, nichts Neues mehr ist. Man schafft den Berg eher, wenn man schon mal oben war.

Manche behaupten ja, dass sich der Charakter eines Trainers im Spiel seiner Mannschaft widerspiegelt. Bei Würzburg hieße das in erster Linie: sich nicht kleiner zu machen als man ist und stets selbstbewusst aufzutreten. Das zeichnete Würzburg in den ersten Saisonwochen tatsächlich aus - und diese Haltung, sagt Wucherer, die sei nun zurück. Im Februar war sie seiner Mannschaft abhanden gekommen. Daher bat der Coach seine Spieler zu einem Trainingslager nach Valencia. Der Plan: in anderer Umgebung wieder zu sich selbst finden und sich dann auf jene Aspekte zu konzentrieren, die das Team erfolgreich gemacht haben. Eine gewisse Härte unter dem eigenen Korb und Teambasketball mit zügiger Ballzirkulation unter dem gegnerischen.

Dafür wollen die Würzburger nun wieder stehen. Und dabei setzen sie auch auf Brekkott Chapman. Der Flügelspieler fiel vier Monate lang mit einer schweren Meniskusverletzung aus, nun ist er zurück. An diesem Freitag erlebt er sein erstes Derby. Dem Spielplan sei Dank.

© SZ vom 06.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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