Basketball:Ballglühen in Berlin

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Der Ball fliegt: Die Basketballer dürfen demnächst den Kampf um die Meisterschaft wieder aufnehmen. (Foto: Jan Huebner/Lakomski/imago)

28 Mal wechselnde Führung: Bamberg verliert ein rasantes Spitzenspiel bei Alba 88:92. Trainer Bagatskis freut sich jedoch über die Rückkehr von Bryce Taylor nach langer Verletzungspause.

Von Matthias Schmid

Maurice Stuckey fängt auf Höhe der Mittellinie den Ball, 14 Meter sind es von da bis zum Korb, er dribbelt ein, zwei Schritte und springt ab, der Ball verlässt seine Hand und fliegt und fliegt mit Brett durch den Korb - es ist ein außergewöhnlicher Treffer, ein Kunststück. Doch Stuckey, der Basketballer von Brose Bamberg, nimmt es ziemlich freudlos hin. Es war eine Verzweiflungstat Sekunden vor dem Ende, die Partie am Sonntagabend bei Alba Berlin war da schon verloren, nur noch vier Hundertstelsekunden zu spielen, am Ende unterliegt Bamberg in einer ansehnlichen Partie 88:92 (49:52) und muss im siebten Spiel der Basketball-Bundesliga (BBL) die zweite Niederlage hinnehmen. Mit 12:2 Punkten bleiben die Berliner damit erster Verfolger von Tabellenführer FC Bayern (16:0 Punkte).

Bambergs Cheftrainer Ainars Bagatskis ärgerte hinterher vor allem die Anzahl der Ballverluste, die sich seine Spieler leisteten, 21 sogenannte Turnover hatten sie angehäuft: "So ist es schwierig, ein Spiel zu gewinnen", haderte der Lette in der Pressekonferenz und fügte ziemlich genervt hinzu: "Ich hatte meine Spieler extra darauf vorbereitet, aufmerksam zu sein und den Ball nicht zu verlieren."

Alba tritt mit dem 17-jährigen Franz Wagner an, dem jüngeren Bruder des NBA-Profis

Obwohl sich seine Spieler das Basketballleben mal wieder selber schwer gemacht hatten, hielten sie das Spiel bis zum Ende ausgeglichen, weil sie leidenschaftlich auftraten und exzellent trafen. Wie eng es tatsächlich zuging, konnte man daran erkennen, dass 28-Mal die Führung wechselte. Die Entscheidung fiel schließlich 23,8 Sekunden vor dem Ende, als Berlins Flügelspieler Rokos Giedraitis einen Dreier zum 86:83 verwandelte und im Gegenzug Tyrese Rice aus der Distanz nur den Ring traf. "Wir haben da falsche Entscheidungen in der Offensive getroffen", fand Bagatskis. Während Giedraitis am Ende auf 19 Punkte kam, sammelte Stevan Jelovac als bester Bamberger 20.

Bereits von Beginn an hatte sich ein intensives, rasantes, unterhaltsames Spiel entwickelt. Beide Mannschaften benötigten nicht lange, um in der Offensive ihre Spielsysteme gewinnbringend umzusetzen, vor allem Bamberg verwandelte von draußen seine Würfe, aber auch die Berliner haben exzellente Werfer. Einer davon ist Franz Wagner, der in den vergangenen Spielen auf sich aufmerksam machen und sich einem breiteren Publikum vorstellen konnte. Wegen zahlreicher Verletzungen, in Peyton Siva, Joshiko Saibou, Martin Hermannsson und Kenneth Ogbe fehlten allein vier Spielmacher im Alba-Kader, schickt Cheftrainer Aíto García Reneses in diesen Tagen eine Reihe von hochbegabten Nachwuchsspielern aufs Parkett. Der 17-jährige Wagner zum Beispiel, jüngerer Bruder des NBA-Profis Moritz (Los Angeles Lakers) oder der ein Jahr ältere Jonas Mattisseck reihen sich ohne Eingewöhnungszeit ein, sie treten sogar ziemlich unbekümmert und furchtlos auf.

Bei den Bambergern war es dagegen ein älterer Profi, der die ersten zehn Minuten prägte: Bryce Taylor, 32. Für den fast schon vergessenen Flügelspieler endete in der vierten Minute eine lange Leidenszeit nach einem Achillessehnenriss, exakt 350 Tage musste der Deutsch-Amerikaner warten, bis er wieder in der BBL auflaufen durfte. "Ich freue mich natürlich sehr, dass ich wieder spielen kann", sagte Taylor danach, "die lange Abstinenz war sehr schwierig für mich." Doch es schien zunächst so, als ob er nur eine Woche und nicht ein Jahr gefehlt hätte, sein erster Wurf von jenseits der 6,75 Meter entfernten Dreierlinie landete noch auf dem Ring, aber sein zweiter rauschte bereits durch den Korb zur 17:13- Führung. Wenig später ließ er einen weiteren guten Distanzwurf folgen (21:18).

Doch gegen Ende des Viertels dokumentierten dann die Berliner, warum sie die offensivstärkste Mannschaft in der Bundesliga sind, Nationalspieler Niels Giffey und Giedraitis punkteten und bescherten ihrer Mannschaft einen 31:25-Vorsprung, aber das Spiel blieb weiterhin spannend und energiegeladen.

Leon Kratzer verlässt Bamberg und wechselt zum Ligarivalen Skyliners Frankfurt

Die Oberfranken waren ohne Leon Kratzer in die Hauptstadt gereist, der 21-jährige Center, der in den bisherigen Spielen kaum mitspielen durfte, wechselte am Samstag zum Ligarivalen Skyliners Frankfurt. Vor dem Fernseher dürfte er den Auftritt seiner alten Mannschaft bestimmt verfolgt haben. Er konnte sehen, wie vor allem Rice in der zweiten Hälfte das Spiel prägte. In den ersten 20 Minuten hatte Bambergs Spielmacher nicht gepunktet. Der Amerikaner traf auch die einfachsten Versuche aus ein, zwei Metern nicht, er wirkte wie ein Hobbyspieler, der plötzlich vergessen hatte, wie ein Sprungwurf oder ein Korbleger geht.

Doch der Euroleague-Sieger ist erfahren genug und lässt sich von fast schon grotesken Fehlwürfen nicht beeindrucken. Schnell sammelte er zehn Punkte und half, dass Bamberg mit einem 76:76 ins Schlussviertel ging. Obwohl die Gäste nun alles probierten und auch die jüngeren Alba-Spieler mit wild herumfuchtelnden Armen einzuschüchtern versuchten, konnten sie sich keinen Vorsprung erspielen, weil sie die Bälle bisweilen aus der Hand fallen ließen, als würden sie glühen. "Wir waren heute nicht gut genug", gestand Taylor, "und müssen einfach besser verteidigen."

© SZ vom 19.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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