Basketball:Auf der nächsten Eskalationsstufe

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Der Zwist von Euroleague und europäischem Basketball-Verband spitzt sich derart zu, dass eine Spaltung droht.

Von Joachim Mölter, München

Im europäischen Basketball schwelt seit längerem ein Konflikt zwischen den Spitzenklubs und dem kontinentalen Dachverband, im Grunde dreht er sich darum, wer das Sagen hat über den besten, lukrativsten Vereinswettbewerb des Kontinents. Der Streit ist nun vollends entfacht und brennt auf der nächsten Eskalationsstufe: Am Montag hat das privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen Euroleague Klage eingereicht vor der EU-Kommission gegen den Sportverband Fiba Europe. Der Vorwurf: "Nicht hinnehmbare und rechtswidrige Drohungen gegen Klubs, Spieler und Schiedsrichter, um sie dazu zu zwingen, die Euroleague zu verlassen und nur noch an Fiba-Wettbewerben teilzunehmen." Es geht um Kartell- und Arbeitsrecht und eine marktbeherrschende Stellung, welche die Fiba ausnutzen wolle.

Rolf Beyer, Geschäftsführer des deutschen Meisters Brose Baskets Bamberg und Vizepräsident der Basketball-Bundesliga (BBL), hält die Klage derzeit allerdings "eher für eine Randnotiz", denn: "Es wird wohl lange dauern, bis ein Gericht etwas dazu entscheidet." Doch die Zeit drängt: Sowohl Euroleague als auch Fiba Europe wollen bereits zur kommenden Saison 2016/17 mit einer reformierten bzw. neugestalteten Spitzenliga antreten. Derzeit buhlen beide Organisationen um Unterstützung und Teilnehmer, die BBL-Mitglieder trafen sich deshalb am Montag im Raum Stuttgart, um die Lage zu sondieren. "Es ist noch unheimlich viel im Fluss", sagt BBL-Präsident Alexander Reil (Ludwigsburg), eine klare Position könne die Liga wohl erst in einigen Wochen einnehmen. "Auf beiden Seiten wird sich noch viel bewegen", glaubt Reil, "im Moment reagiert jeder auf die Vorstöße des anderen."

Zur Vorgeschichte des Konflikts muss man wissen, dass der europäische Verband vor 15 Jahren die Organisation der beiden höchsten europäischen Klubwettbewerbe an das Unternehmen "Euroleague Basketball" abgab, gegen Zahlung einer jährlichen Gebühr. Die fließt aber nicht mehr, beide Parteien werfen sich gegenseitig vor, die Vereinbarung gebrochen zu haben. Unter anderem daraus resultiert nun der Anspruch der Fiba Europe, die Wettbewerbe wieder selbst auszurichten.

Die Euroleague hat dieses Ansinnen mit einer fast revolutionären Reform ihres Wettbewerbs gekontert, um ihre Attraktivität zu erhöhen: Sie will das Teilnehmerfeld von 24 auf 16 Mannschaften reduzieren und diese tatsächlich in einem Ligabetrieb spielen lassen, wie man ihn bislang nur auf nationaler Ebene kennt: jeder gegen jeden, einmal daheim, einmal auswärts, anschließend Playoffs. Insgesamt käme man so auf 45 Spieltage, bis der Meister feststeht.

Das Modell sieht zudem elf fest vergebene Startplätze vor für die sogenannten A-Lizenz-Inhaber, die schon bisher immer mitmachen durften, unabhängig vom Abschneiden in ihrer nationalen Liga: Real Madrid, FC Barcelona, Laboral Vitoria, Olympiakos Piräus, Panathinaikos Athen, Fenerbahce Istanbul, Efes Istanbul, ZSKA Moskau, Maccabi Tel Aviv, Zalgiris Kaunas und Emporio Armani Mailand. Dazu kämen vier weitere Plätze für diverse Landesmeister sowie für den Vorjahresgewinner des zweitrangigen Eurocups. Das würde diesen Wettbewerb mächtig aufwerten, in dem am Mittwoch im Achtelfinal-Hinspiel beispielsweise die Bundesliga-Klubs Alba Berlin und Bayern München aufeinandertreffen. Die Euroleague hat die A-Lizenz-Inhaber bereits für zehn Jahre vertraglich an sich gebunden und jüngst zudem einen ebenso lang geltenden Vertrag mit dem Vermarkter IMG präsentiert.

Die Fiba Europe hält mit einem nicht genannten Investor dagegen, der bereit sei, in den nächsten zehn Jahren bis zu 300 Millionen Euro in das neue Projekt zu stecken. Sie wollte ursprünglich auch mit 16 Klubs ins Rennen gehen, ist nun aber auf ein klassisches Format umgeschwenkt: 32 Teilnehmer, sportlich über die nationalen Ligen qualifiziert, die in vier Vorrundengruppen à acht Teams antreten und anschließend gleich mit dem Achtelfinale in die K.o.-Runde starten. Das wären unter dem Strich weniger Spieltage als bei der Euroleague, was den deutschen Klubs und ihrer 18er-Liga wohl entgegenkäme. Dort heißt es, der Euroleague-Plan sei mit dem Spielbetrieb der nationalen Ligen kaum zu vereinbaren: In der BBL gibt es zum Beispiel mindestens 43 Partien bis zur Titelentscheidung.

Alba-Manager Marco Baldi, ein weiterer BBL-Vizepräsident, bezeichnet das Ganze als "eine sehr unruhige Situation"; er hält es sogar durchaus für möglich, dass es eine Spaltung gibt im europäischen Basketball. "Es spricht einiges dafür, dass es in der nächsten Saison zwei konkurrierende Wettbewerbe geben wird", glaubt er. Dabei sei allen Beteiligten klar, dass man es sich kaum leisten könne, "in Europa die Top-Qualität aufzuteilen". Aber, so Baldis Hoffnung: "Vielleicht muss man auch mal in einen Konflikt gehen, um wieder zur Vernunft zu kommen."

© SZ vom 24.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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