Basketball:Abschied eines Undurchsichtigen

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Wurde ihm ein Mangel an Teamfähigkeit zum Verhängnis? Aleksandar Djordjevic soll Taktik und Training ungern mit seinen Vorgesetzten beim FC Bayern besprochen haben. (Foto: Nicolas Armer/dpa)

Nach dem Rauswurf von Aleksandar Djordjevic muss Bayern München den Markt sondieren. Neben den ersten gehandelten Kandidaten geht es um die Frage: Warum muss ein erfolgreicher Trainer gehen?

Von Matthias Schmid

Es mag purer Zufall gewesen sein, dass sich Andrea Trinchieri in den vergangenen Tagen in Deutschland aufgehalten hat, der Basketballlehrer wurde auch in München gesichtet. Manche Beobachter wollen aber nicht an eine spontane Reise glauben. Denn sein erster Deutschland-Besuch nach seinem Abschied beim deutschen Meister Bamberg Ende Februar geht mit dem überraschenden Rauswurf von Aleksandar Djordjevic als Cheftrainer des Tabellenführers FC Bayern einher, den der Klub wolkig mit der Hoffnung auf einen neuen Impuls und einem neuen Führungsansatz begründete.

Bayerns Sportdirektor Daniele Baiesi wollte vor dem Bundesligaspiel an diesem Samstag beim Tabellenvierten EWE Baskets Oldenburg nichts über Trinchieri sagen. Und er wollte auch nichts zum Rätsel beitragen, das sich die gesamte Liga nun stellt: Warum musste ein erfolgreicher Trainer wie Sasa Djordjevic gehen? Der langjährige Assistenztrainer Emir Mutapcic wird die Mannschaft in den nächsten Tagen erst einmal betreuen.

"Eigentlich läuft es ja ganz gut für uns", rätselt Nationalspieler Barthel über den Rauswurf

Dass die Münchner plötzlich den Trainermarkt sondieren müssen, war nach der verlorenen Halbfinalserie im Eurocup gegen Darussafaka Istanbul und der Niederlage in der Bundesliga gegen Alba Berlin nicht abzusehen gewesen. Djordjevic hatte anschließend mit Blick auf die im Mai beginnende Meisterrunde einen Neustart ausgerufen. "Die Saison beginnt für uns jetzt", hatte der 50-Jährige erklärt. Er hätte sich nicht vorstellen können, dass die Bayern-Verantwortlichen den Neubeginn ohne ihn gestalten würden.

Auch die Profis begegneten seinem Abschied am Donnerstag mit Verwunderung, wie Nationalspieler Danilo Barthel zugab. "Wir müssen jetzt die nächsten Tage abwarten, was die Gründe dafür waren", sagte Barthel. Etwas ratlos fügte er hinzu: "Eigentlich läuft es ja ganz gut für uns."

In der Tat lässt die Trennung sportlich einige Fragen offen, weil die Münchner mit Djordjevic in dieser Saison lange erfolgreich gespielt und nebenbei noch den attraktivsten Stil gepflegt haben. Sie führen nicht nur die Bundesliga-Tabelle mit vier Punkten Vorsprung auf Berlin an - nach 50 Jahren ist erstmals auch wieder der Pokal in ihren Besitz gewandert. Offiziell begründet Bayern-Geschäftsführer Marko Pesic die Entscheidung mit Eindrücken und Entwicklungen, "die wir über einen längeren Zeitraum hinweg registriert haben." Ihm und auch Baiesi missfiel offensichtlich zunehmend wie Djordjevic, ein früherer Spielmacher von Weltformat, trainieren ließ und die Mannschaft in den Spielen coachte. Unübersehbar war, dass sich die Leistungskurve zuletzt nach unten neigte, nachdem sich die Münchner zuvor über Monate hinweg an ihrem Leistungshoch bewegt hatten. Sie hatten gerade in der ersten Saisonphase hinreißenden Team-Basketball gespielt, hatten ihre Kontrahenten mit viel Wucht, Herz und hübschen Ballstafetten und spektakulären Flugeinlagen gar gedemütigt.

Im Europacup-Viertelfinale gegen Kasan begann Djordjevic allerdings, sich innerhalb des Klubs mit Entscheidungen angreifbar zu machen, er vertraute auf eine kleinere Rotation und ließ erfahrene Spieler wie Anton Gavel und Alex King außen vor, obwohl er den Kräfteverschleiß durch die zahlreichen Partien und Reisen beklagte. Auch im Halbfinale gegen Istanbul verzichtete er auf King. Aber niemand kann ihm ernsthaft zum Vorwurf machen, dass seine Mannschaft mit dem letzten Wurf das erste Spiel verlor.

Intern sollen Pesic und Baiesi Fehlentwicklungen schon seit längerem angesprochen haben, doch Djordjevic zeigte sich uneinsichtig und besprach Taktik oder Trainingssteuerung lieber mit seinem Assistenten Goran Bjedov. Zudem kam es nicht gut an, dass er vor Kurzem erklärte, dass es sein Auftrag sei, "in diesem Jahr Spiele zu gewinnen, nicht junge Spieler heranzuführen." Mangelnde Teamfähigkeit war Djordjevic auch schon beim griechischen Spitzenklub Panathinaikos Athen vorgeworfen worden. Auch dort musste er vor zwei Jahren vor den Playoffs und nach dem Aus in der Euroleague gehen, obwohl er den Pokal errungen hatte.

Seine mangelnde Teamfähigkeit ist Djordjevic schon in Athen zum Verhängnis geworden

Djordjevic traute sich beim FC Bayern jedenfalls zu, die Mannschaft nach schwierigen Wochen wieder psychisch und physisch aufrichten zu können, um den Meistertitel zu gewinnen. Aber innerhalb der Führungsriege schwand die Vorstellungskraft, dass er der geeignete Mann dafür ist. Vor allem nach der Niederlage gegen Alba, in der die Bayern in der zweiten Hälfte vorgeführt worden waren, soll Uli Hoeneß schockiert gewesen sein. Der einflussreiche Klubpräsident bestimmt die Geschicke auch bei den Basketballern und hat nicht vergessen, wie die Mannschaft in der vergangenen Saison im Halbfinale gegen Bamberg chancenlos geblieben war - gegen das Team von Andrea Trinchieri.

Dass der Italiener Djordjevics Nachfolger werden könnte, ist grundsätzlich denkbar, aber eher unwahrscheinlich. Baiesi hatte Bamberg im vergangenen Sommer auch wegen Trinchieri verlassen, mit dem er zuvor drei Jahre lang eng zusammengearbeitet hatte und vier Titel gewann. Baiesi war der Katalysator des erfolgreichen, aber charakterlich unsteten Trainers, er hat dessen Launen und Wutausbrüche absorbiert, bis auch er resigniert aufgab. Eine weitere Spur in der Trainerfrage führt nach Serbien zu Dejan Randonjic, der in den vergangenen drei Jahren mit Roter Stern Belgrad in der Adria-Basketballliga ABA drei Meisterschaften gewann.

© SZ vom 31.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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