Basketball:17 Minuten, 17 Punkte

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"Wir sind total fokussiert, weil wir alle fast ein Jahr darauf gewartet haben, Playoffs spielen zu können." - Reggie Redding (li., mit Trainer Djordjevic). (Foto: imago/Oryk Haist)

Der US-Amerikaner Reggie Redding führt die Bayern-Basketballer als Teilzeitkraft zum souveränen Auftaktsieg gegen Alba Berlin.

Von Matthias Schmid

Reggie Redding griff zunächst die Faust von Nick Young, um dann den ganzen Kerl nah an seine Brust zu drücken. Wie einen Kumpel, den er nach einer langen Weltreise wieder bei sich im Kiez begrüßen darf. Dabei spielte der Bayern-Profi nie mit Nick Young, NBA-Spieler der Los Angeles Lakers und besser bekannt als Swaggy P, zusammen. Sie liefen sich früher aber hin und wieder in der College-Meisterschaft über den Weg. Am Samstagabend tauchte Young plötzlich in der Halle auf, weil er ein guter Bekannter von Bayern-Kapitän Bryce Taylor ist. Er hatte gerade wohl nichts Besseres zu tun, als sich in der Basketball-Bundesliga das erste Playoffspiel zwischen München und Berlin anzusehen.

Swaggy P gibt sich Mühe, nicht in seinem Sessel einzuschlafen

Das Spannendste während der einseitigen Partie, die die Münchner auf fast schon groteske Weise dominierten und 95:68 gewannen, war der Auftritt Youngs, der sich alle Mühe gab, während des Spiels in seinem bequemen Ledersessel nicht einzuschlafen. Hin und wieder war er aber hellwach und klatschte in seine Hände, vor allem dann, wenn Redding am Ball war. Der Flügelspieler stellte Dinge damit an, die sogar den NBA-Spieler entzückten.

Redding, 28, ist ein Alleskönner, ein Spieler, den jeder Trainer gerne in seiner Mannschaft hat. Er ist vielleicht der vielseitigste Profi in der BBL. Der Amerikaner aus Philadelphia kann den Ball vortragen wie ein Spielmacher, er kann werfen wie ein Shooting Guard und versteht es auch, sich mit dem Rücken zum Korb so gewandt wie ein großer Spieler zu bewegen. Gegen Alba war Redding da, als seine Mannschaft etwas schwächelte und ihn am dringendsten brauchte. 22:19 blinkte der Spielstand von der Anzeigetafel herab, als Bayern-Trainer Aleksandar Djordjevic seine Spieler zu einer Auszeit zusammenrief. Der Serbe redete viel, wie er hinterher bekannte. Redding war aber kein Wort zu viel, er lauschte aufmerksam, und anschließend ließ er drei Distanzwürfe nacheinander folgen. Innerhalb von wenigen Sekunden drehte er das Spiel, in dem sich die Berliner zunächst aufsässiger zeigten als alle geglaubt hatten. Und so trocken wie er die Würfe jenseits der 6,75 Meter entfernten Dreipunktelinie verwandelte, so trocken war seine Antwort, warum er an diesem Abend nicht nur wegen seiner imposanten Dreierquote (vier von vier Versuchen) auffälligster Bayern-Spieler war. "It's playoffs baby!" entgegnete Redding mit einem Lächeln und fügte hinzu: "Das ist genug Motivation."

Dass es gegen seinen früheren Klub ging, für den er zwischen 2013 und 2015 auflief und ihn 2014 ins Finale gegen Bayern führte, interessierte ihn weniger. Redding erfreute sich vor allem daran, dass die Münchner ihre herausragende Form aus der Hauptrunde mit in die Playoffs nehmen konnten; anders als Tabellenführer Ulm und der Zweite Bamberg, die ihre Auftaktspiele um die Meisterschaft gegen Ludwigsburg beziehungsweise Bonn verloren und den Heimvorteil wieder zurückholen müssen. "Wir haben gezeigt, wie gut wir spielen können und zu welcher Leistung wir fähig sind", sagte Redding.

Djordjevic hat die Möglichkeit, die Einsatzzeiten gut zu dosieren

An seinem Arbeitsnachweis lässt sich auch sehr gut ablesen, warum sich die Münchner in diesem Jahr so große Hoffnungen auf die Meisterschaft machen dürfen. Sie haben fast zwölf gleichwertige Spieler, die den Konkurrenzkampf fördern und es ermöglichen, die Einsatzzeit jedes Spielers so zu dosieren, dass "wir frische Beine haben, wenn wir ins Spiel kommen", wie Redding sagt. 17 Punkte sammelte er in nicht einmal 17 Minuten Spielzeit. Deshalb macht er sich vor dem zweiten Spiel in Berlin am Donnerstag auch keine Sorgen, dass seine Mitspieler den Kontrahenten zu sorglos nehmen könnten. "Wir sind total fokussiert", versichert Redding, "weil wir alle fast ein Jahr darauf gewartet haben, endlich Playoffs spielen zu können."

Nach der kurzen Begegnung mit Redding warf Nick Young noch ein paar Bälle auf den Korb, er verfehlte häufig das Ziel, weil er Schwierigkeiten mit dem aufrechten Gang hatte. Vor dem Spiel hatte er erstmals in seinem Leben Bekanntschaft mit Weißbier gemacht und die Wirkung etwas unterschätzt.

© SZ vom 08.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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