Augsburg und Freiburg:Ode an die Kleinen

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„Alfred ist eine Sensation“: Finnbogason (l.) ist Augsburgs bester Stürmer. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

Der FCA und der Sport-Club beenden die Hinrunde viel besser, als ihnen zugetraut wurde. Das liegt an ihren Stürmern Finnbogason und Petersen - und an ihrer Spielkultur.

Von Maik Rosner, Augsburg

Von einer "Sensation" sprach Augsburgs Trainer Manuel Baum, doch Bezug nahm er nicht auf jene 24 Punkte, die seine Mannschaft in der Hinrunde gewonnen hat. Baum huldigte vielmehr seinem Angreifer Finnbogason, der den Rahmen gesetzt hatte beim 3:3 (1:1) gegen den SC Freiburg. Zunächst mit seinem 1:0 nach 56 Sekunden, dann mit seinen beiden Kopfballtoren zum Endstand in der ersten und dritten Minute der Nachspielzeit. "Alfred ist eine Sensation", befand Baum.

Auf elf Saisontore beläuft sich Finnbogasons Anteil am Augsburger Aufschwung, womit er am Samstagabend nur Bayern Münchens Robert Lewandowski (15 Saisontore) und Borussia Dortmunds Pierre-Emerick Aubameyang (13) vor sich hatte. Dennoch berichtete der Isländer von "zwei Gefühlen". Er freue sich, "ein Dreierpack zu Hause ist wunderschön". Die Spielweise der Augsburger gefiel ihm diesmal allerdings weniger, "abgesehen von den ersten 15 Minuten und den letzten zwei". Denn dazwischen hatten die Freiburger das Spiel gedreht, das auch noch einen per Videobeweis zurückgenommenen Elfmeter für Augsburg beinhaltete (59.). Zunächst glich Christian Günter aus (20.), danach erzielte Nils Petersen seine Saisontore sieben (48.) und acht (65.).

Baum hätte das große Wort "Sensation" mit einigem Recht auch für den Abschluss der Hinrunde und die Entwicklung der beiden Bundesligisten mit dem geringsten Etat heranziehen können. Denn Finnbogason und Petersen standen nun exemplarisch für jene beachtliche Arbeit, die an den beiden kleinsten Ligastandorten geleistet wird. Den Fußball vermitteln Baum und sein Freiburger Kollege Christian Streich jeweils vorwiegend als schönes Spiel, nicht als destruktive Kampfhandlung. Und das, obwohl beide Mannschaften im Sommer als Abstiegskandidaten eingestuft worden waren.

Der Vergleich der beiden Nischenklubs geriet zu einem wogenden Spektakel, bei dem die feine Fußballkultur im Vordergrund stand. Wie in jenem beispielhaften Vortrag, bei dem Philipp Max kurz nach dem 1:0 flach hereingab und Finnbogason mit der Hacke weiterleitete. Lediglich der Abschluss durch Michael Gregoritsch verunglückte, er schoss freistehend aus fünf Metern über das leere Tor. "Bärenstark" sei der FCA, lobte Streich, und Baum erfreute sich ebenso an der Spielkultur des Sport-Clubs. "Das hat richtig toll ausgesehen", sagte er. Die Komplimente mündeten in Stefan Reuters Fazit, das beinahe wie eine kleine Ode daherkam. "Die Mannschaft macht Spaß, wir geben Gas", sagte Augsburgs Manager. Ein paar Punkte zu wenig stünden zwar in der Bilanz, "aber mit dem Auftreten bin ich hochzufrieden. Das war eine richtig gute Hinrunde."

Das gilt auch für Linksverteidiger Max, 24, wie Finnbogason einer der Protagonisten des Augsburger Aufschwungs. Mit zehn Torvorlagen ist der Sohn des ehemaligen Bundesligastürmers Martin Max sogar europaweit führend, womit er zunehmend interessant werden könnte für Bundestrainer Joachim Löw und die WM 2018. "Sensationell" sei dieses Jahr des FCA gewesen, "wir haben eine richtig gute Entwicklung genommen", befand Max.

Ans Mittelfeld der Liga haben sich auch die Freiburger herangespielt mit ihrem bemerkenswerten Jahresendspurt, den sie am Mittwoch im Pokal bei Werder Bremen mit dem Einzug ins Viertelfinale garnieren wollen. Um die perfekte englische Woche hatte sie zwar Finnbogason gebracht. Doch nach elf Punkten aus den vergangenen fünf Spielen sah Streich davon ab, zu sehr mit dem vermeidbaren Ausgleich in Augsburg zu hadern. "Ich habe keine Lust, der Mannschaft Vorwürfe zu machen. Stinken tut's mir schon ein bissl, aber nicht so wahnsinnig", sagte er. Schließlich sei seine junge Mannschaft durch die jüngsten Strapazen "vollständig am Anschlag" gewesen, "da passieren Fehler".

19 Punkte stehen in der Zwischenbilanz des Sport-Clubs - und die jüngsten Eindrücke. "Wir haben uns zu einer sehr guten Mannschaft gemausert", sagte Petersen. Sechs Tore hat er innerhalb von sechs Tagen geschossen, das geht durchaus auch als Sensation durch. Doch er weiß, dass sein Erfolg viel mit Freiburgs Fußballkultur zu hat. Er formulierte es so: "Ich bin dankbarer Abnehmer."

© SZ vom 18.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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