96 gewinnt beim FCA 2:1 -:Euphorie in der Hölle

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Dank Kapitän Stindl siegt Hannover 96 beim FC Augsburg und kann den Klassenverbleib aus eigener Kraft schaffen. Augsburg hat schon die Qualifikation für die Europa League sicher.

Von Maik Rosner, Augsburg

Direkt nach dem Schlusspfiff versuchte Lars Stindl, die Kollegen zu beruhigen. Um ihn herum tobten die Hannoveraner und lagen sich in den Armen. Doch der 96-Kapitän senkte die beiden Handflächen immer wieder gen Boden. Ruhe, Ruhe, sollte das heißen, das Ziel ist noch nicht erreicht. Ganz ähnlich äußerte sich Stindl später, als er über den ersten Sieg seit 17 Spielen für Hannover 96 sprach und über die verbesserten Aussichten im Ringen um den Klassenverbleib.

Dass der 26-Jährige zum 2:1 (1:1)-Auswärtserfolg beim FC Augsburg mit seinen beiden Toren (24./54.) erheblich beigetragen hatte? Dass er eine dieser kitschigen Fußballgeschichten schreiben könnte, sich als Retter zu Borussia Mönchengladbach zu verabschieden? Für ihn alles nicht der Rede wert. Stindl lobte lieber den enormen Einsatzwillen der Kollegen und freute sich über den Mannschaftserfolg. "Sensationell" und "unglaublich" sei das gewesen und er selbst "überglücklich". Ansonsten beließ er es bei nüchternen Einschätzungen.

Hannovers Retter? In den entscheidenden Spielen ist Lars Stindl (2.v.l.) die eingebaute Torgarantie für 96. Gegen Augsburg trifft er doppelt zum Sieg. (Foto: Adam Pretty/Getty Images)

Immerhin - so viel Zuversicht gestattete Stindl - bestimme man nun im letzten Saisonspiel gegen den ebenfalls noch abstiegsgefährdeten SC Freiburg über das eigene Schicksal. "Endlich sind wir belohnt worden, worauf wir so lange hingearbeitet haben", sagte Stindl, befand aber sehr zurückhaltend: "Wir haben uns einen Tick verbessert." So viel Sachlichkeit muss man erst mal hinbekommen nach einem "absoluten Wahnsinnsspiel", wie es Stindl ja selbst empfunden hatte.

Die Basis des Erfolgs: 57 Prozent gewonnene Zweikämpfe

Drei Feldverweise hatte es gegeben, für Hannovers Hiroki Kasai (Gelb-Rot/77.) wegen wiederholten Foulspiels genauso wie für den Augsburger Paul Verhaegh (Gelb-Rot/90.), der zwischendurch per Strafstoß ausgeglichen hatte (30.). Zudem sah Raul Bobadilla glatt Rot (90.+5), nach einem leichten Schubser gegen Miiko Albornoz, was Schiedsrichter Felix Zwayer als Tätlichkeit hart beurteilte. Und dann waren da noch die Debatten über Sakais nicht geahndetes Handspiel im Strafraum und die anderen "unglücklichen Entscheidungen", wie Augsburgs Manager Stefan Reuter sagte. Freuen konnten sie sich beim FCA dennoch. Platz sieben und damit zumindest die Qualifikationsspiele für die Europa League sind ihnen realistisch betrachtet nicht mehr zu nehmen.

Wer das wilde Treiben mit dem unbändigen Einsatzwillen von Hannover etwas martialischer beschrieben haben wollte, war bei Leon Andreasen gut aufgehoben. "Wir waren in der Hölle und sind immer noch in der Hölle", sagte Stindls dänischer Kollege. Es war eine Bundesligapartie gewesen, für die die Bezeichnung "intensiv" vermutlich erfunden worden ist. Gefühlt ließen sich grob geschätzt beinahe so viele Zweikämpfe zählen wie Zuschauer in der Augsburger Arena, also knapp 30.000. Dass Hannover 57 Prozent der Duelle gegen die in dieser Disziplin zweitbeste Mannschaft der Liga gewann, durfte als Basis des Erfolges bewertet werden.

Zwei der drei Tore passten stilistisch allerdings so gar nicht zu diesem Kampfspiel. Zunächst legte Jimmy Briand kunstvoll per Hacke für Stindl auf. Dann lupfte Verhaegh mit ähnlicher Leichtigkeit den Strafstoß ins Netz. Erst Stindls 2:1 geriet zum perfekten Abbild der Partie. Andreasen eroberte sehr robust den Ball, schickte Briand, der quer legte und sah, wie Stindl den Ball am herausstürzenden Torwart Marwin Hitz vorbeigrätschte, obwohl er von Abdul Rahman Baba und Ragnar Klavan in die Zange genommen worden war.

Von den Elogen hat Stindl später nicht mehr viel mitbekommen. Er beruhigte die Kollegen schon in der Kabine und schwor sie auf Freiburg ein, als Präsident Martin Kind ihn als "tollen Spieler und tollen Charakter" bezeichnete und Trainer Michael Frontzeck sagte: "Er geht vorne weg und macht einen super Job." Einmal können sie noch auf Stindls Qualitäten setzen. Sie hoffen, dass diese Geschichte gut ausgeht.

© SZ vom 17.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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