Frankreichs 3:2 in Holland:Griezmann: Kleiner Teufel mit großer Wirkung

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Ansteigende Form: Antoine Griezmann jubelt nach seinem Freistoßtor nach sechs Minuten. (Foto: Stanley Gontha/dpa)

Viele Tore, aber keine Skandale: Stürmer Antoine Griezmann zeigt beim Test-Spektakel in den Niederlanden, dass er Frankreichs neuer Anführer ist.

Von Filippo Cataldo

45 Minuten haben Antoine Griezmann beim 3:2-Sieg Frankreichs über die Niederlande in Amsterdam gereicht, um seine Bedeutung für die Équipe Tricolore zu unterstreichen. Da waren: sein Tor in der sechsten Minute, ein herrlicher, direkt verwandelter Freistoß; seine effektiven Läufe auf der linken Außenbahn und in der Zentrale; und seine genauen Pässe, die "mich an Mesut Özil erinnern", wie Stürmerkollege Olivier Giroud anmerkte, der den deutschen Weltmeister Özil bestens vom FC Arsenal kennt und am Freitag das Tor zum 2:0 (14.) erzielte.

Vor allem aber war es so: Als Griezmann nach der Pause auf der Bank Platz nahm, verlor Frankreich die Kontrolle über das Spiel. Die deutlich unterlegene niederländische Elftal schaffte dank Toren von Luuk de Jong (47.) und Ibrahim Affelay (86.) den zwischenzeitlichen Ausgleich, ehe Blaise Matiudi (87.) doch noch den Sieg für Frankreich sicherte.

Griezmann, so stellte die Zeitung Maxifoot fest, sei "der veritable Leader der Bleus" geworden. Der Spieler, der die Mannschaftskollegen und alle Fans des Landes davor bewahren soll, den wegen allerlei privater Probleme unpässlichen Topstürmer Karim Benzema (Real Madrid) zu vermissen.

Platzhirsch Benzema muss um die Heim-EM fürchten

Ob Benzema seinen Landsleuten bei der Heim-EM helfen darf, will Nationaltrainer Didier Deschamps bis zum 15. April entscheiden. Die Entscheidung dürfte auch abhängig sein vom Ausgang der juristischen Auseinandersetzung um den Nationalmannschaftskollegen Mathieu Valbuena. Benzema soll geholfen haben, diesen mit einem Sex-Video zu erpressen. Vor einigen Wochen musste Benzema auch im Rahmen eines Geldwäscheprozess gegen einige mutmaßliche Drogenhändler als Zeuge aussagen.

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Wie wohltuend ist für die französische Auswahl da ein Stürmer wie Griezmann, dessen Karriere skandalfrei abläuft und der nur durch seine zahlreichen Tore und seinen Spitznamen für Aufruhr sorgt: kleiner Teufel!

Den Spitznamen haben ihm seine Anhänger wegen einer angeblichen Ähnlichkeit mit den Protagonisten der französischen Sendung "les petit diables" verpasst, einer Zeichentrickserie für Kleinkinder. Tore schießt Griezmann schon seit Jahren, allerdings vorwiegend in Spanien, erst für San Sebastian und seit 2014 für Atlético Madrid. Auf die Anerkennung in seinem Mutterland musste Griezmann hingegen lange warten.

Wie so viele technisch beschlagene, torgefährliche Linksfüßer mit einem gewissen Hang zur Genialität war auch Griezmann als Jugendlicher nicht gerade groß gewachsen. Scouts aller französischen Top-Klubs beobachteten den schmächtigen Torjäger des burgundischen Provinzklubs EC Mâcon zwar, doch alle musterten ihn aus: Zu klein, zu schwach, so lauteten die Urteile.

Griezmann ging daher nach Spanien, wo technisch beschlagene Linksfüßer mit dem Hang zur Genialität schon immer hoch im Kurs standen. Griezmann war 14, als die ganze Familie in den französischen Teil des Baskenlandes zog, Antoine pendelte nach der Schule jeden Tag über die Grenze, um in San Sebastian Fußball zu spielen. 2009 feierte er sein Profidebüt, 2014 folgte der Wechsel in die spanische Hauptstadt, 30 Millionen Euro zahlte Atlético.

Der beste Normalsterbliche - hinter Messi und Ronaldo

55 Tore hat er seitdem in der Primera Division erzielt, nur Lionel Messi und Cristiano Ronaldo, die Außerirdischen, trafen öfter. Die Riege der Normalsterblichen führt Griezmann an, das ist ja auch schon was.

Für Frankreichs "Bleus" spielt Griezmann seit 2014, sieben Tore in 20 Spielen sind ihm bisher gelungen. Es liegt auch an ihm, dass Frankreich mittlerweile zum Kreis der Top-Favoriten bei der EM gezählt werden muss. Griezmann kann in der Offensive auf allen Positionen spielen, gegen die Niederlande kam er meist über links, im Verein spielt er meist als hängende Spitze.

In der Nationalmannschaft hat er auch schon als Rechtsaußen gespielt, auf jener Position, auf der auch FC-Bayern-Talent Kingsley Coman auf Einsätze hofft. Griezmann scheint es ziemlich egal zu sein, wo ihn Trainer Didier Deschamps aufstellt, und von wo er Tore schießt. Ihm geht es um andere Dinge: "Durchs Toreschießen wirst du zum Leader. Ich versuche, einer zu sein, ich gebe mein Bestes. Aber ich weiß, dass ich meine Grenze noch nicht erreicht habe", sagte er am Freitag.

© SZ vom 27.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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