MotoGP:Die Psyche fährt mit

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Diese Kurve hat er noch gekriegt: Valentino Rossi bei der Qualifikation zum letzten Saisonerennen. Danach stürzte er. (Foto: Jose Jordan/AFP)

Valentino Rossi, der beim Saisonfinale aus der letzten Reihe starten muss, leistet sich einen Patzer im Training. Seinem WM-Rivalen Lorenzo gelingt die beste Runde.

Von Filippo Cataldo, Valencia/München

Einerseits: Wenn man sich mal einen Patzer erlauben kann, dann doch dann, wenn es um nichts geht. Andererseits: Wenn man sich einen Patzer wirklich nicht erlauben darf, dann doch dann, wenn man dem Rivalen Kampfkraft zeigen möchte.

Valentino Rossi ist am Samstag in der Qualifikation zum letzten Saisonrennen der MotoGP in Valencia ausgerutscht. In der Kurve 8 verlor der Rekordweltmeister aus Italien die Kontrolle über seine Yamaha, fiel und rutschte ins Kiesbett. Rossi blieb unverletzt und ungezeitet.

Kein Problem eigentlich: Rossi muss am Sonntag so oder so vom letzten Startplatz ins Rennen gegangen. Doch der Italiener will im letzten Rennen doch noch irgendwie den zehnten WM-Titel erobern; da ist der letzte Startplatz natürlich ohnehin ein Riesenproblem. Zum noch größeren Problem, vor allem für die Psyche, wurde der Ausrutscher, weil seinem Rivalen Jorge Lorenzo in der Qualifikation die schnellste Runde gelang. Nicht nur die schnellste Runde am Samstag, sondern die schnellste Runde, die je einem Motorradfahrer auf der Rennstrecke bei Valencia gelungen ist. Fast eine halbe Sekunde betrug am Ende der Vorsprung des Spaniers auf seinen Landsmann Marc Marquez (Honda).

"Es war vielleicht die beste Runde meines Lebens"

"Am Anfang war so viel Druck drin, die Nerven lagen blank. Der erste Versuch lief gar nicht richtig, aber im zweiten Run habe ich das Beste aus mir herausgeholt und es lief ganz entspannt. Es war vielleicht die beste Runde meines Lebens", sagte Lorenzo.

Das knappste Finale aller Zeiten - Rossi ist mit nur sieben Punkten Vorsprung auf seinen Yamaha-Markenkollegen Lorenzo nach Valencia gereist - wird somit endgültig zur Nervenprobe für den Italiener, der diese zuletzt während des Rennens in Sepang verloren hatte, als er Marquez von der Strecke mindestens blockte, vielleicht aber auch: trat. Marquez, der Weltmeister der letzten zwei Jahre, hatte Rossi zuvor über einige Runden hinweg mit teils waghalsigen, zu oft aber auch haarsträubenden und brandgefährlichen Manövern am Überholen gehindert. Rossi hatte ihn dann zu Fall gebracht - und muss darum in Valencia von ganz hinten starten.

Spätestens seitdem geriet die Entscheidung in der Motorrad-WM auch zum Wettstreit der Nationen. Hier Spanien mit Lorenzo und Marquez, dort Italien mit dem Nationalheiligen Rossi. In Italien wird das Rennen sogar in verschiedenen Fußballstadien auf Leinwänden zu sehen sein. In Rossis Heimatort Tavulla wollen die Fans sich vor der Kirche versammeln, um das Rennen auf zwei großen Bildschirmen zu verfolgen.

Wie auch immer: Rossi muss fast schon das Rennen seines Lebens fahren, um wieder Weltmeister zu werden. Sollte Lorenzo gewinnen, müsste Rossi Zweiter werden. Aber: "Das Podium ist von Platz 26 praktisch unerreichbar", sagte Rossi. Versuchen werde er es trotzdem. "Ich muss ein paar Risiken eingehen, mich beeilen - und brauche ein bisschen Glück", sagte Rossi. Wobei er im italienischen Wortlaut nicht die Vokabel "fortuna" verwendete, sondern "culo" sagte. Was übertragen durchaus für Glück steht, aber vor allem was ganz anderes bedeutet: "Arsch" nämlich.

Der WM-Ausrichter hofft derweil inständig, dass Rossi nur sein Können und Glück zu Hilfe kommen und er keineswegs Schützenhilfe von einem, nun ja, Rowdy der Rennstrecken bekommen wird. Die große Sorge: So, wie Marquez Lorenzo in Sepang geholfen hat, könnte nun ein Italiener vielleicht Lorenzo zu Fall bringen, um Rossi die Zehn vollmachen zu lassen. Sicherheitshalber wurden alle Fahrer bereits ermahnt, sich zu benehmen am Sonntag.

© SZ vom 08.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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