1. FFC Frankfurt:Lachse angeln in Kanada

Lesezeit: 3 min

Den deutschen Klub belastet vor dem Champions-League-Finale die Kündigung von Torjägerin Sasic - Paris fehlt Topspielerin Seger.

Von Kathrin Steinbichler, Berlin/München

Als die Nachricht auftauchte, war die offizielle Pressekonferenz des 1. FFC Frankfurt vor seiner Abreise nach Berlin längst vorbei. Die Diskussionen um die Mannschaft aber, die gingen da erst richtig los.

Die Verantwortlichen des 1. FFC Frankfurt gaben sich vor diesem wichtigsten Klubfinale der Saison sehr kämpferisch, schließlich geht es an diesem Donnerstag (18 Uhr/live in ZDF und Eurosport) in Berlin für den letzten deutschen Vertreter in der Champions League der Frauen gegen Paris St. Germain um die höchste Klubtrophäe. In der Hauptstadt erwartet Frankfurt damit die größte Bühne, die es im Vereinsfußball der Frauen gibt. Doch mitten auf dieser Bühne aus Gras, vor den mehr als 15 000 erwarteten Zuschauern im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark und vielen mehr vor den Fernsehern, werden sich die Blicke und Spekulationen jetzt vor allem um eine einzige Frau drehen. Denn noch vor dem Anpfiff wurde bekannt, dass Torjägerin Célia Sasic, 26, schon zum 31. März eine Klausel ihres seit zwei Jahren laufenden Vertrags genutzt und das Arbeitsverhältnis beim 1. FFC Frankfurt fristgerecht zum Saisonende gekündigt hat. Das Endspiel gegen Paris könnte somit das letzte der Nationalspielerin im Frankfurter Trikot sein.

"Sie möchte mit einem freien Gefühl in die WM gehen", sagte dazu ihr Berater Dominik Kaesberg der Frankfurter Rundschau. "Das bedeutet aber nicht automatisch, dass sie Frankfurt verlässt." Doch alleine schon die Tatsache, dass Sasic Abstand braucht und einen Abschied erwägt, bedeutet für den 1. FFC Frankfurt Unruhe zur Unzeit. Schließlich war die deutsche Nationalspielerin mit französisch-kamerunischen Wurzeln, vielen noch unter ihrem Mädchennamen Célia Okoyino da Mbabi bekannt, eine, die in dieser Saison für den Frankfurter Qualitätsanspruch stand: Mit 21 Bundesligatoren und 13 Champions-League-Treffern war es vor allem Sasic, die Frankfurt in beiden Wettbewerben Titelaussichten verschaffte.

Vor einer neuen Findungsphase: Célia Sasic steigt aus ihrem Vertrag in Frankfurt aus und will nach der Saison ihre Zukunft überdenken. (Foto: imago)

Die Entscheidung über die Zukunft der eloquenten und schon früher umworbenen Nationalstürmerin werde vermutlich erst nach der Weltmeisterschaft in Kanada (6. Juni bis 5. Juli) fallen, meinte ihr Berater. Sasic werde sich dafür Zeit nehmen, "und wenn sie nach der WM erst einmal fünf Wochen in Kanada Lachse angelt", erklärte Kaesberg.

Die für Außenstehende unerwartete Entscheidung und vor allem der Zeitpunkt, an dem sie öffentlich wird, bringt den 1. FFC Frankfurt nun zusätzlich zum Finale unter Druck. Noch am Sonntag hatte die Mannschaft sich im spannenden Schlussspurt der Bundesliga aufgearbeitet, um durch einen Erfolg gegen den VfL Wolfsburg doch noch den Einzug in die nächste Champions-League-Saison zu schaffen. Ein 1:1 genügte am Ende nicht, als Meister jubelte plötzlich der FC Bayern, Wolfsburg bleibt immerhin die weitere Teilnahme am internationalen Wettbewerb. Und der 1. FFC Frankfurt? Muss als enttäuschter Dritter aufpassen, dass ihm nicht nur die Titel, sondern auch die Aussichten flöten gehen. Nur ein Sieg am Donnerstag gegen das international besetzte Paris - bei dem auch die deutschen Nationalspielerinnen Lira Alushi, Annike Krahn und Josephine Henning sowie die frühere Nationalspielerin Linda Bresonik im Kader stehen - würde erneut einen Startplatz im finanziell wichtigen Wettbewerb sichern. Und dazu die ausgeschriebenen 250 000 Euro Siegprämie.

"Es gibt keine Garantie, dass wir jemals wieder ein europäisches Endspiel erreichen", mahnte Trainer Colin Bell vorab seine Fußballerinnen, "umso wichtiger ist es, alles dafür zu tun, damit wir möglichst mit dem Pokal im Gepäck zurück nach Frankfurt fahren." Da wusste der 53-Jährige noch nicht, dass bald alle innerhalb wie außerhalb der Mannschaft von der eindrücklichen Personalie erfahren würden. FFC-Manager Siegfried Dietrich versuchte, in der aufkommende Unruhe gelassen zu bleiben. Er hoffe weiter, dass Sasic, die mit ihrem Ehemann Marko Sasic, dem Sohn des Fußballtrainers Milan Sasic, in Koblenz lebt, nach der WM wieder in Frankfurt unterschreibt. Sie solle in Ruhe entscheiden, "ob sie zu uns zurückkehrt, nach Australien oder Amerika wechselt, eine Familie gründet oder etwas ganz anderes macht".

Auch die Gegnerinnen aus Paris müssen sich vor dem ersten Champions-League- Finale ihrer Geschichte mit einer wichtigen Personalie auseinandersetzen. Trainer Farid Benstiti beklagte, er werde seine Spielmacherin Caroline Seger "schmerzlich vermissen": Die Schwedin kann das Finale wegen einer Gelbsperre nur von der Tribüne aus verfolgen. Zwar hatte PSG sich nach dem Halbfinale gegen Wolfsburg mit einem Gnadengesuch an die europäische Fußball-Union Uefa gewandt, doch die wich ihr Reglement nicht auf. Was Frankfurt nun für das Finale plant? "Ich denke, wir haben noch etwas im Tank und werden alles rausholen", kündigte Trainer Bell an. Célia Sasic ist immer für eine Überraschung gut.

© SZ vom 13.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: