1:1 in Nürnberg:Ein Pünktchen Hoffnung

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Mikael Ishak (rechts gegen Bremens Milos Veljkovic) bewahrt den 1. FC Nürnberg vor der nächsten Niederlage. Nach dem 1:1 gegen Bremen schöpfen die Franken im Abstiegskampf wieder ein bisschen Hoffnung. (Foto: imago/Zink)

Der 1. FC Nürnberg stellt beim 1:1 gegen Werder Bremen zwar einen Negativrekord auf, wertet das mit viel Leidensfähigkeit errungene Remis aber als wichtigen Teilerfolg im Abstiegskampf.

Von Maik Rosner, Nürnberg

Als Michael Köllner hinterher über die Begleitumstände des erkämpften Punktes gegen Werder Bremen sprach, klang er eher wie ein Lazarettarzt denn wie ein Fußballtrainer. Von einer Risswunde (Matheus Pereira), einer Knieblessur (Ewerton) und gleich mehreren bevorstehenden MRT-Untersuchungen (Ewerton, Tim Leibold) an diesem Sonntag berichtete der Nürnberger Fußballlehrer, ebenso von einer möglichen Gehirnerschütterung samt Sehbeschwerden auf einem Auge (Leibold) und einer womöglich kurzzeitig verschluckten Zunge (Christian Mathenia). Zudem seien seine beiden Abwehrspieler Georg Margreitter und Enrico Valentini ja schon angeschlagenen in die Partie gegangen, erinnerte er, und dann sei Torwart Mathenia auch noch "die komplette Halbzeit Fahrrad gefahren", um seine Oberschenkelmuskulatur wieder zu lockern und ein Weiterspielen zu ermöglichen.

Was beinahe klang wie die ernüchternde Bestandsaufnahme nach einer Naturkatastrophe, diente in Wahrheit vor allem als Verweis auf die bemerkenswerte Leidensfähigkeit, mit der Köllners Belegschaft trotz aller Erschwernisse dieses verdiente 1:1 (0:0) errungen hatte. "Das zeigt, wie charakterstark die Mannschaft ist. Sie hat einen riesigen Spirit", folgerte der Trainer.

Verhindert werden konnte durch das Remis zwar nicht, dass Köllner nun als jener Nürnberger Bundesligacoach in die Vereinsgeschichte eingeht, der den Negativrekord von 14 sieglosen Spielen hintereinander zu verantworten hat. Doch derlei Statistiken interessieren sie beim finanziell limitierten Aufsteiger ohnehin wenig. Erst recht nach diesem aufopferungsvollen Kampf, den sie mit einem wichtigen Teilerfolg im Abstiegskampf beschlossen. Übrigens noch ohne Winterzugang Ivo Ilicevic, der erst noch die nötige Fitness erwerben muss.

"Wir haben eine sehr geschlossene Mannschaft. Das ist das, was uns von anderen Mannschaften unterscheiden kann"

Zum Pünktchen Hoffnung gesellte sich der nicht mehr ganz so betrübliche Blick auf die Tabelle, die den FCN nun nur noch als Vorletzten ausweist, vor den Sonntagsspielen mit zwei Zählern Rückstand auf den Relegationsrang 16, den derzeit der VfB Stuttgart belegt. Vor allem aber schöpfen sie Zuversicht, sich trotz aller Misserfolge und Kritik gegen die finanzstärkeren Konkurrenten im Ringen um die Versetzung behaupten zu können, aus dem Zusammenhalt im Team. "Wir haben eine sehr geschlossene Mannschaft. Das ist das, was uns von anderen Mannschaften unterscheiden kann", befand Kapitän Hanno Behrens.

Dass sie sich beim Club nach zuvor sechs Niederlagen in Serie über einen Punkt freuen konnten, war dem späten Ausgleich des eingewechselten Stürmers Mikael Ishak zu verdanken. Nach Zuspiel von Pareira traf der Schwede fünf Minuten nach seiner Hereinnahme (87.). Bremen war durch den ebenfalls eingewechselten Johannes Eggestein in Führung gegangen (64.), schenkte den Sieg aber her, "weil wir gemessen an unseren Möglichkeiten bei weitem nicht an unserer Leistungsgrenze waren", wie Trainer Florian Kohfeldt ziemlich verärgert bilanzierte.

Zuvor hatte es lange Zeit gewirkt, als hätten beide Mannschaften unsichtbare Gummiwände vor den eigenen Strafräumen errichtet. Weiter als bis zur Grenze der Gefahrenzone kamen jedenfalls weder die Nürnberger noch die Bremer mit ihren Angriffsversuchen. Erstaunlich geriet die Harmlosigkeit vor allem für die Gäste, die sich den Einzug in die Europa League vorgenommen haben und spielerisch zwar immer wieder ihre Fähigkeiten andeuteten, sich aber ebenso oft in der Defensive des FCN verfingen. Viel Engagement und Laufarbeit bedurfte es dafür auf Seiten der Gastgeber, was wohl dazu beitrug, dass es den eigenen Offensivaktionen oft an Wucht und Zug zum Tor mangelte.

Der Jubel nach Nürnbergs Ausgleich fällt überraschend euphorisch aus

Erst nach einer knappen Stunde gab es die erste Torchance zu sehen, als Bremens Maximilian Eggestein zu einem Distanzschuss ansetzte, Mathenia aber parierte (59.). Fünf Minuten später war der Torwart jedoch bezwungen, diesmal durch Eggesteins jüngeren Bruder Johannes, der zur zweiten Halbzeit für Martin Harnik eingewechselt worden war. Ludwig Augustinssons Fallrückzieher landete bei dem jüngeren Eggestein, der aus kurzer Distanz vollendete.

Erst danach wurde das Spiel lebhafter, dennoch dauerte es bis zur 73. Minute, bis der Club erstmals richtig gefährlich wurde. Es fügte sich ins Bild der bisherigen Nürnberger Unglückseligkeit, wie sie ihre erste Großchance vergaben. Pereira schloss von halblinks ab, Bremens Torwart Jiri Pavlenka parierte in die Füße von Behrens, der den Ball neben das Tor schob. Doch dann kam ja noch Ishaks später Ausgleich, gefolgt von einem Jubel, als sei der Klassenverbleib bereits erreicht. Ob dieses Erlebnis auf dem erhofften Weg dahin trotz der vielen Versehrten Kräfte freisetzen könne, wurde Behrens noch gefragt. "Vielleicht", antwortete der Kapitän vorsichtig.

© SZ vom 03.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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