1:0 der Bayern in Hannover:Die Sphinx reist ohne Präsent ab

Lesezeit: 3 min

Bei Fragen zur Zukunft verweist Guardiola weiter auf Sonntag, dabei ist längst klar: Er verlässt den FC Bayern. Im Rahmenprogramm der Pep-Debatte gewinnt der Meister durch einen Elfmeter.

Von Peter Burghardt

Da saß Pep Guardiola also nach diesem letzten Spiel und Sieg des FC Bayern im Jahr 2015 und sagte ein paar Sätze. Aber wieder nicht das, was alle wissen wollen. Seit Wochen rätselt der interessierte Teil der Welt, wo der Trainer ab Sommer 2016 arbeiten wird. Nach dem Ende der Hinrunde werde es ein Gespräch geben und dann eine Weihnachtsüberraschung, hatte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge im November versprochen. Und? "Morgen, morgen", erwiderte am Samstagabend also Guardiola, die Sphinx. Also am Sonntag? "Wir haben heute gesprochen im Bus, wir können am Flughafen sprechen", so Guardiola zur weiteren Verwirrung. "Wir sprechen immer, wenn wir uns sehen." Jedenfalls fliegt Guardiola bereits am Sonntag über die Feiertage nach Barcelona und hinterlässt auch nicht das einst erhoffte Geschenk. Er hat sich längst entschieden: gegen München.

Pep zu Manchester City, Ancelotti zu Bayern

Schon vor dem 1:0-Erfolg am Samstagnachmittag bei Hannover 96 durch das Elfmetertor von Thomas Müller machte das zunehmend seriöse Gerücht die Runde, dass der Katalane nach drei Jahren weiterzieht. Vor allem spanische Medien sind aus teilweise alter Verbundenheit gut informiert und melden seit Tagen, dass Barças vormaliger Stratege das bayerische Angebot einer sagenhaft dotierten Vertragsverlängerung ausgeschlagen hat. Die Bayern verweisen zwar nach wie vor auf den Sonntag, gemeint ist aber wohl nur noch, dass dies der Tag der öffentlichen Erklärung ist. "Ich werde den Teufel tun und jetzt irgendwelche Fragen beantworten", sprach Sportvorstand Matthias Sammer.

1 / 9
(Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Alles schaut auf ihn: Was lässt sich aus Guardiolas Gesichtszügen lesen?

2 / 9
(Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Gegen Hannover hatten es die Bayern schwer sich durchzusetzen. Hier gelingt es einmal Flügelspieler Kingsley Coman gegen Salif Sané.

3 / 9
(Foto: Peter Steffen/dpa)

Vorsicht, hier kommt Vidal: Leon Andreasen (l.) duckt sich, als Bayerns Mittelfeldspieler angeflogen kommt. Für Torgefahr kann auch er nicht sorgen.

4 / 9
(Foto: imago/Rust)

Hannover hält die Null, bis Christian Schulz eine Hereingabe im Strafraum mit der Hand abwehrt.

5 / 9
(Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Elfmeter für Bayern München, Thomas Müller macht es so wie immer: Er schießt den Ball ins Tor.

6 / 9
(Foto: Fabian Bimmer/Reuters)

Deutungshoheit: Hier geht es lang, zeigt Pep. Und hier auch.

7 / 9
(Foto: Nigel Treblin/AFP)

Neben Guardiola sitzen kaum Spieler auf der Bank: Mit nur dreizehn Feldspielern reist der FC Bayern nach Hannover.

8 / 9
(Foto: dpa)

Auf der Pressekonferenz bleibt Guardiola zugeknöpft: Bloß nichts sagen, bloß nichts zeigen.

9 / 9
(Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Wesentlich ausdrucksstärker ist da Thomas Müller. Fragen bleiben trotzdem: Jubel? Schmerz? Rockstar-Pose?

Es verdichten sich auch ohne offizielle Verlautbarungen die Anzeichen, dass der umschwärmte Pep zur nächsten Saison weg ist. Dass er nach England wechselt, zu Manchester City. Das würde auch deshalb passen, weil sein katalanischer Freund und ehemaliger Mitspieler Txiki Begiristain dort Sportdirektor ist. Sein Nachfolger an der Säbener Straße wird, auch das scheint fix zu sein, der angenehme Italiener Carlo Ancelotti, der im Mai bei Real Madrid entlassen worden war. Selbst Guardiola lobte seinen möglichen Erben Ancelotti - und ließ sich am Freitag immerhin einen ebenso kryptischen wie vielsagenden Hinweis entlocken: "Rummenigge weiß alles." Die Madrider Zeitung El País will aus seiner engsten Umgebung erfahren haben, dass er seine deutsche Etappe "aus verschiedenen Gründen" beenden werde.

"Wir haben 13 Feldspieler plus zwei Torhüter", doch das reicht

Das Match im Niedersachsenstadion schien zum Rahmenprogramm der Guardiola-Debatte zu verkommen, dabei war die Partie gar nicht so unwichtig. Herbstmeister Bayern konnte Borussia Dortmund (1:2 in Köln) acht Punkte auf Distanz halten, obwohl Franck Ribéry, Arjen Robben, Philipp Lahm, Medhi Benatia, Douglas Costa, Mario Götze, David Alaba und Juan Bernat verletzt fehlten, also mehr als eine halbe Weltauswahl. "Wir haben 13 Feldspieler plus zwei Torhüter", hatte Guardiola zuvor geklagt. Tatsächlich nahmen neben ihm nur vier Reservisten Platz.

Er brachte aber trotzdem elf Prominente auf den Rasen, nahezu ausschließlich aktuelle Nationalspieler. Zu seiner Notelf gehörten vier Männer, die anders als ihr Trainer gerade ihre Verträge verlängert hatten: Thomas Müller, Jérôme Boateng, Javier Martínez sowie Xabi Alonso. Alle gemeinsam begannen flott bei frühlingshaftem Dezemberwetter kurz vor Winteranfang, später brach sich Ermattung Bahn. Nach fünf Minuten nahm Thiago Alcântara eine Flanke von Arturo Vidal elegant mit der Brust entgegen und zog aus wenigen Metern ab, der famose Ron-Robert Zieler boxte seinen strammen Versuch über das Hannoveraner Tor. Genauso geistesgegenwärtig war gegenüber Manuel Neuer und lenkte den Ball an die Querlatte, den Xabi Alonso verloren und Leon Andreasen geköpfelt hatte. Auch Robert Lewandowski, Kingsley Coman und Thiago hätten einen Treffer beisteuern können - das besorgte in der 40. Minute dann Müller mit einem Strafstoß, nachdem Hannovers Kapitän Christian Schulz im Strafraum die Hand zu Hilfe genommen hatte. Müller verwandelte cool wie üblich und konterte auch Erkundigungen nach Guardiola: "Kann ja sein, dass er verlängert, auch wenn es etwas anderes heißt. Für uns spielt das keine Rolle. Es wurde uns noch nicht gesagt, es wird ja immer spekuliert. Wir wollen erfolgreich sein. Der Vertrag von Jupp Heynckes ist damals auch ausgelaufen und wir haben das Triple gewonnen."

Die Spieler sind müde, sie bekommen trotzdem Komplimente

Die Hauptfigur des Nachmittags stand in dunklem Anzug, hellem Pulli und dunkler Kapuzenjacke wie üblich erstklassig gekleidet in der Coaching-Zone, mal erstarrt mit Händen in den Taschen, mal gestikulierend. Manchmal setzte sich der zappelige Dressman Guardiola auch hin. "Wir sind ein bisschen müde, wir konnten nicht rotieren", erläuterte er hinterher und schob ein "Kompliment für alle meine Spieler" nach. Tatsächlich hat sein Ensemble nach drei deutschen Meisterschaften in Serie 15 von 17 Bundesligaspielen gewonnen, nur einmal verloren und ist auch in Champions League und Pokal weiter.

Die große Leichtigkeit früherer Monate ist angesichts der Blessuren zwar dahin, doch gegen den Tabellensechzehnten genügte es. "Unheimlich schwer zu bespielen" seien die Bayern, lobte Hannovers Trainer Michael Frontzeck. Der Tabellenführer hätte durch Lewandowski und Müller noch mehr Tore schießen können und schleppte sich dennoch mit Minimalergebnis in die Winterpause. Er hoffe, dass seine Spieler danach wieder gesund seien, sagte Guardiola. Dann entschwanden der rätselhafte Pep und der FC Bayern mit ihrem roten Bus Richtung Flugzeug in die Nacht, ehe der Sonntag ins Land geht und das Geheimnis auch offiziell gelüftet wird.

© SZ vom 20.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: