Sprachlabor:Dunkel war's, der Mond schien helle

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger über gegensätzliche Bedeutungen, geschraubte Sätze und Prinzen auf der Erbse.

Hermann Unterstöger

DAS OXYMORON ist unter den rhetorischen Figuren so etwas wie das Urviech, wovon das hochbetagte Scherzgedicht "Dunkel war's" beredt Zeugnis ablegt. Zur Erinnerungsstütze: "Dunkel war's, der Mond schien helle, / schneebedeckt die grüne Flur, / als ein Auto blitzesschnelle / langsam um die Ecke fuhr." So geht das Strophe für Strophe weiter, bis hin zu der Quellenangabe "Dies Gedicht verfasste Goethe / abends in der Morgenröte..." Beim Oxymoron werden, wie man sieht, Ausdrücke von gegensätzlicher Bedeutung zusammengeführt, eine Kombination, wie sie unser Vertrauensleser H. auch in der Berichterstattung zum Archiveinsturz in Köln entdeckte. Darin wurde Stadtdirektor Guido Kahlen so zitiert: "Es drängt sich der Eindruck auf, dass der Baustellenbereich ursächlich für den Einsturz ist", und der zitierende Kollege wertete dies als "ebenso geschraubt wie unumwunden". Wahrscheinlich meinte er "ebenso geschraubt wie ehrlich", denn dass der Satz sowohl geschraubt als auch mächtig umwunden ist, liegt auf der Hand.

"Dunkel war's, der Mond schien helle, / schneebedeckt die grüne Flur, / als ein Auto blitzesschnelle / langsam um die Ecke fuhr." (Foto: Foto: dpa)

DER LESER hat zwar immer recht, aber man muss es auch nicht übertreiben. "Die Diva drängt ins Rampenlicht", lautete kürzlich eine Rubrik, und da mit der Diva Nicolas Sarkozy gemeint war, fand unser Leser Dr. H., es hätte nach italienischem Vorbild besser "der Divo" geheißen. Dem schließen wir uns nicht an, denn sonst müssten wir am Ende womöglich einmal schreiben, Peer Steinbrück (nur ein Beispiel, nicht persönlich gemeint) benehme sich wie ein Primo uomo, obwohl wir doch sagen wollten, dass er sich wie eine Primadonna aufführe. Ob Dr. H. sich nun grämt? Wohl kaum, denn wie ein Prinz auf der Erbse wirkt er nicht.

MIT STAUNEN las Frau K., dass dem Land Niedersachsen jetzt mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und einiger anderer Geldgeber bei einer Versteigerung von Christie's der Rückkauf "von drei sechsstelligen Silberpokalen" gelungen sei. Doch was heißt da Staunen! Leserin K. war konsterniert über diese Art der "sprachverachtenden Verkürzung der veröffentlichten Rede", zumal da sie schon im Radio unentwegt hatte hören müssen, dass die Lawinenlage in den Bayerischen Alpen "erheblich" sei. Sie schloss ihren Protest mit den Worten: "Also das finde ich ziemlich!"

© SZ vom 07.03.2009/pfau - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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