Mein Deutschland:No Spy, inschallah!

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält ein abhörsicheres Blackberry am 05.03.2013 beim Eröffnungsrundgang der Computermesse CeBIT in Hannover (Niedersachsen) hoch. Nach den Berichten über das Ausspähen eines Mobiltelefons von Kanzlerin Merkel soll die Bundesregierung verstärkt neue, angeblich abhörsichere Handys benutzen. (Foto: dpa)

Die deutsche NSA-Debatte ist auch für Araber gut nachvollziehbar.

Eine Kolumne von Aktham Suliman

Es war wieder eine dieser goldigen Formulierungen des deutschen Politikbetriebes. "Ich habe immer überlegt, wie man Parteikommunikation und Regierungskommunikation auseinanderhalten kann", offenbarte sich Angela Merkel bei einer Pressekonferenz mitten in der momentanen NSA-Debatte. "Deshalb benutze ich ein Handy, das auf das Konto der Partei läuft, damit ja nie der Eindruck entsteht, ich würde Regierungsgelder für Parteikommunikation verwenden." Deutsche Medien waren erleichtert: Nicht das abhörsichere Regierungshandy sei von der NSA-Ausspähaffäre betroffen, sondern nur das Parteihandy. Und: Unsere Kanzlerin ist korrekt. Arabische Medien dagegen haben die Äußerung Merkels zu den technischen Details ihres Anrufverhaltens total ignoriert, zu Recht.

Abgesehen davon, dass der arabische Herrscher nicht einmal die eigene Person vom Staat trennt, geschweige denn die Regierungs- von der Parteikommunikation, wirft die deutsche Übergenauigkeit der überkorrekten Bundeskanzlerin praktische Fragen auf. Was macht die Regierungschefin, wenn sie einen CDU-Minister mit dem Regierungshandy anruft und dieser sie dann auf eine parteiinterne Angelegenheit anspricht? Legt Merkel auf und ruft den Minister anschließend mit dem Parteihandy wieder an? Mit welchem Handy würde sie demnächst Guido Westerwelle anrufen, wenn er weder unter Regierung noch unter Koalitionspartei zu finden sein wird?

Einiges in der NSA-Debatte ist allerdings auch für Araber sehr vertraut und dadurch nachvollziehbar. Allen voran diese methaphorische, allgemeine Sprache, die umso methaphorischer und allgemeiner wird, je peinlicher und auswegloser eine Situation ist. "Unter Freunden" heißt das Zauberwort. "Unter Freunden" müsse es möglich sein, Probleme zu diskutieren und Lösungen zu finden, sagen deutsche Politiker im Hinblick auf die USA. "Unter Freunden" dürfe es keine Spionage geben, schreiben deutsche Medien. Die arabische Diplomatensprache hält Ähnliches für Krisensituationen zwischen arabischen Staaten parat. Man spricht von Missverständnissen unter "Brüdern" und schwört: Es kommt nie wieder vor, inschallah! Auf Amerikanisch-Deutsch heißt das: No-Spy-Abkommen.

Aktham Suliman ist freier Journalist. Er lebt in Berlin.

© SZ vom 09./10.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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