Mein Deutschland:Die Folgen der Zwangsgebühr

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Die geräteabhängige Rundfunkgebühr geht, die pauschale Haushaltsabgabe kommt. Künftig muss jeder Haushalt - egal ob Dauer-Fernsehgucker oder TV-Abstinenzler - eine einheitliche Gebühr zahlen. (Foto: dpa)

Was wird nun aus den GEZ-Fahndern?

Ein Grund, 2013 willkommen zu heißen, ist, dass frühmorgendliche Hausinspektionen nun der Geschichte angehören. So dachte ich, als ich mich daran erinnerte, wie ich zu unchristlicher Zeit an Wochenenden von einem schmierigen Mann mit offenem Hemd und Dreitagebart aus dem Bett aufgeschreckt wurde, der mich mit einem katzengleichen Grinsen fragte, ob ich tatsächlich keinen Fernseher habe. Man muss nur Kriegsfilme gesehen oder einer Polizei-Durchsuchung beigewohnt haben, um zu wissen, dass die Zeit der Morgendämmerung die beste ist, um jemanden zu überrumpeln.

Als ich hörte, dass die GEZ-Gebühr künftig für alle verbindlich sein würde, dachte ich zuerst daran, was nun aus dem Wort "Schwarzseher" werden würde; und was aus den Tausenden, nun überflüssigen GEZ-Fahndern. Diese Woche fand ich die Antwort, als ich Berlins S-Bahn-Ticket-Kontrolleure beobachtete, wie sie am 2. Januar über übernächtigte Pendler herfielen, um Schwarzfahrer herauszufischen. Einmal zogen zwei von ihnen einen Doktor aus dem Zug. Als er sich weigerte, seinen Ausweis zu zeigen, weil er ein Jahres-Abonnement besitze und nur vergessen habe, das Januar-Ticket in den Ausweis zu stecken, riefen sie Verstärkung. Plötzlich umringten ihn fünf Männer, drehten ihm den Arm auf den Rücken und drohten, ihn festzunehmen. Da holte er doch den Ausweis hervor - allerdings nicht ohne seinem Ärger über die S-Bahn Luft zu machen, die wie der Großflughafen eine Schande für Berlin sei. Sie knurrten ihn nur an: "Wenn es Dir nicht passt, dann fahr Auto!"

Es gibt nicht zu leugnende Parallelen zwischen dem S-Bahn-Service und der GEZ - vor allem die schlechte Qualität. Allerdings kann man immer noch aufs Auto umsteigen, zur Zwangsgebühr fürs Fernsehen gibt es keine Alternative. Lasst uns nur hoffen, dass "die da oben" nicht auch noch eine Zwangssteuer für Kfz beschließen - obwohl das angesichts der Logik, die zur Rundfunkgebühr führte, wenig überraschend wäre. Übrigens habe ich das Gefühl, dass sich die S-Bahn-Kontrollen verstärkt haben. Ich tippe darauf, dass die GEZ-Fahnder neue Jobs gefunden haben. Allerdings scheinen sie sich für ihren neuen Job gestählt zu haben: Keine unrasierte Visage mehr, keine aufgeknöpften Hemden oder katzengleiches Grinsen. Frohes Neues Jahr!

K ate Connolly berichtet für den Guardian und den Observer aus Berlin.

© SZ vom 05./06.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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