Wie interaktiv Deutsch und Englisch sind, habe ich jüngst erfahren, als ich an einem einzigen Tag auf meinem Lieblings-Radio-Kanal der BBC das Wort "Ohrwurm" in zwei Sendungen hörte, gefolgt von "Schadenfreude", "Zeitgeist" und dem Verb "to kauder".
Natürlich ist "kaudern" streng genommen noch kein deutsches Wort, aber es kann durchaus dazu werden. Geprägt wurde es von dem Historiker Timothy Garton Ash nach der aufrührerischen Rede Volker Kauders an die CDU-Aufrechten, in der dieser klarmachte, wohin Europa gehen solle. Über diese Rede wurde viel berichtet und sie hat in Großbritannien mehrere Tage lang die Schlagzeilen beherrscht - die schillerndste davon stand in der Boulevard-Zeitung Daily Mail : "Europa spricht jetzt Deutsch!" "Zu kaudern" oder auf Englisch "to kauder", sagte der Deutsch-sprechende Historiker Ash, bedeute, "die Sprache der Pubs auf die politische Bühne zu bringen". Allem Anschein nach scheint sich der Ausdruck durchzusetzen, und er ist daher kein schlechtes Beispiel dafür, wie sich die beiden Sprachen ergänzen können.
Wenn man sich mit Freunden unterhält, die beide Sprachen sprechen, passiert es immer wieder, dass jeder im eigenen Erfahrungsschatz gräbt, um jene Wörter hervorzubringen, die er am inspirierendsten oder quälend schwierig zu übersetzen findet. Erst kürzlich sagte ein britischer Freund, der Übersetzer ist, er habe endlich verstanden, wie das Wort "spitzfindig" zu übersetzen sei - eine Mischung aus "subtle", "quirky" oder "pedantic" - "hair splitting", so meinte er, reiche nicht aus.
Jüngst griff ein BBC-Wirtschaftsreporter auf Deutsch zurück, um die Phrase "Queer Street" zu verteidigen. Sie wird benutzt, um jemanden zu beschreiben, der in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Er wandte das auf die Euro-Krise an. Als ihm Homophobie vorgeworfen wurde - "queer" wird im Englischen auch als Beleidigung für Homosexuelle benutzt - sprangen ihm Etymologen zur Seite und sagten, die Phrase sei eine Anglisierung des deutschen Wortes "Querstraße" - und ein weiterer Link zwischen Englisch und Deutsch war enthüllt.
Das erinnerte mich an die Geschichte jenes Deutschen, der während des Krieges in England einreiste, um bei der britischen Armee anzuheuern - eine Anekdote, die der Universalgelehrte und im Deutschen Sozialisierte Fritz Spiegl in seiner Zeitungskolumne "Word Play" aufschrieb. Demnach musste der Soldat seinen deutschen Namen ändern und konnte aus einer Liste einen neuen auswählen. Als er diesen jedoch wiederholen sollte, hatte er ihn vergessen, und murmelte nur: "Schon vergessen." Seitdem ging er als Shaun Fergusson durchs Leben. In einer Woche, in der die Briten den Eindruck hinterlassen, sie seien Isolationisten und nicht an einem Dialog mit ihren europäischen Partnern interessiert, könnte sich die Sprache als Klebstoff erweisen, der uns zusammenhält.
An dieser Stelle schreiben Auslandskorrespondenten über Deutschland. Kate Connolly berichtet für den britischen Guardian aus Berlin.