Mein Deutschland:Der innere Araber staunt

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Außenminister Guido Westerwelle (FDP, r) und sein Amtskollege aus Katar, Mohamed Al-Attiyah spazieren am 17.08.2013 durch den Park der Villa Borsig am Tegeler See in Berlin. Im Gespräch ging es um die Lage in Ägypten und in Syrien. (Foto: dpa)

Bürgerkrieg, Militärputsch oder Volksaufstand?

Eine Kolumne von Aktham Suliman

An sich sind 24 Jahre Deutschland Zeit genug für eine Integration, Assimilation oder gar Kernfusion. Irgendwie aber bleibt der Araber im Kern Araber. Dieser kommt wie der Geist der Aladin-Lampe aus einem raus, wann immer die Reibung von außen zu viel wird.

Der innere Araber staunt etwa über deutsche Journalisten, die nach einigen Wochen Aufenthalt in einem arabischen Land gleich ein Buch über dessen Geschichte, Gegenwart und Zukunft veröffentlichen. Noch erstaunlicher sind diejenigen, die einem Syrer erklären, wer in seinem Bürgerkriegsland auf wen schießt, warum und mit welcher Waffe. Oder jene, die einem Ägypter erklären, dass dort ein Militärputsch und kein Volksaufstand stattfinde. Oder die, die einem Iraker sagen, dass die Grenzen des heutigen Iraks nicht heilig seien.

Es sind aber auch Politiker, die den Araber auf die Palme bringen: Guido Westerwelle gibt mit dem saudischen Außenminister eine Pressekonferenz zum Thema "Demokratie in Syrien" - dabei hat das Königreich Saudi-Arabien nicht einmal ein Parlament. Mit dem katarischen Außenminister spricht Westerwelle zum Thema "Die Zukunft Ägyptens" - das Emirat Katar hat 250 000 Einwohner, Ägypten mehr als 80 Millionen.

Ein Wochenmagazin meldete vor Kurzem, Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zeige sich beim Thema deutsche Dschihadisten, die es in die Bürgerkriegsländer des Nahen Ostens zieht, besorgt, vor allem "was mögliche Rückreisen der aufgehetzten Kriegstouristen nach Deutschland und ihre Pläne hierzulande" angehe. Die Kriegstouristen werden also erst zum Problem, wenn sie nach Deutschland zurückkehren?

Die Welt des inneren Arabers ist voller Fragezeichen: Wie passt es zusammen, dass Geheimdienste Hunderttausende Telefonate abhören, der rechtsextreme NSU aber zehn Jahre lang unentdeckt morden konnte? Wie kann es sein, dass Asylbewerber in Berlin-Hellersdorf im Jahre 2013 nur unter Polizeischutz in ihr Wohnheim gelangen können? Aber

vielleicht muss man - anstatt so viel zu fragen - den inneren Arabereinfach überwinden. Denn es kann für ihn ziemlich kalt und einsam sein, da oben auf der Palme.

Aktham Suliman ist freier Journalist. Er lebt in Berlin.

© SZ vom 24./25.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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