Mein Deutschland:Da erschlafft der Arm

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Die Schauspieler Volker Bruch (l) in der Rolle des Wilhelm Winter und Tom Schilling als sein Bruder Friedhelm Winter stehen bei den Dreharbeiten für den Film "Unsere Mütter, unsere Väter" auf dem Gelände der ehemaligen Hildebrandschen Mühle in Halle/Saale. Der Dreiteiler wird seit dem 17.03.2013 im ZDF gezeigt. (Foto: dpa)

Eine deutsche Fernseh-Serie könnte den Briten einen weiteren Eindruck vermitteln.

Tony Paterson

Comics über den Krieg zeigen Wehrmachtsoldaten als fanatische Roboter, unfähig, sehr viel mehr zu sagen als "Achtung Spitfire!" und "Tommy Schweinehund". Und Kriegsfilme porträtieren Briten und Amerikaner als tapfere Helden, engagiert bis zum Tod in einem Kampf gegen eine böse militärische Maschinerie, die von einem megalomanischen Diktator kontrolliert wird. Millionen britische Schuljungen haben diese Version der Zweiten-Weltkriegs-Geschichte begierig aufgesogen. Das erklärt vielleicht, warum Londoner Boulevardzeitungen deutsche Fußballer über den Platz "marschieren" sehen und warum deutsche Austauschschüler manchmal von ihren unwissenden und unsensiblen Mitschülern mit "Heil Hitler" begrüßt werden.

Hätten sie "Unsere Mütter, unsere Väter" gesehen, wäre das wohl anders. Die deutsche TV-Serie ragt heraus, weil sie das Thema Totalitarismus anders angeht. Sie betont die schockierenden moralischen Dilemmata und erschreckenden Entscheidungen, die eine solche Herrschaftsform seinen anfangs naiven Anhängern aufzwingt. Verdeutlicht wird das mit abstoßenden Szenen. In einer beobachten junge Wehrmachtsoldaten voller Horror, wie ein SS-Offizier ein jüdisches Kind aus nächster Nähe in den Kopf schießt, wohl wissend, dass sie das gleiche Schicksal ereilt, wenn sie hier intervenieren.

Großbritannien kann sich glücklich schätzen, dass es seit mehr als 500 Jahren keine totalitäre Herrschaft durchlebt hat. Das deutsche Fernsehen gab den Briten schon einmal einen Eindruck davon, wie es im Krieg gewesen sein musste, als Edgar Reitz' berühmte Serie "Heimat" im britischen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Vielleicht sollte die BBC das Gleiche mit "Unsere Mütter, unsere Väter" tun. Das könnte den britischen Schüler zum Überlegen bringen, bevor er vor dem deutschen Gast seinen Arm hebt.

T ony Paterson ist Berliner Korrespondent der Tageszeitung The Independent.

© SZ vom 30./31.03./01.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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