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Der Hass vieler Afghanen untereinander ist besorgniserregend.

Janek Schmidt

Der Aufwand in Kabul war enorm, so enorm, dass nach der ersten internationalen Groß-Konferenz in Afghanistans Hauptstadt sich die Einwohner des Landes fragen, was das Treffen ihnen gebracht hat. Vor allem angesichts der Sicherheitsvorkehrungen, die der englischsprachige afghanische Journalist Abbas Daiyar auf dem Blog kabulperspective.wordpress.com beschreibt. "Unsere Polizisten brauchen eine bessere Ausbildung, um zu lernen, wie man Fahrzeuge und Menschen richtig absucht. An den Straßenkontrollen schauen die Sicherheitsleute nur in der Gegend herum und befehlen dann weiterzugehen. Andere tollpatschige Polizisten halten Fahrzeuge auf öffentlichen Plätzen auf, so dass dort dann lange Staus und Chaos entstehen." Noch größere Probleme verursachen Daiyar zufolge aber die Straßensperren, die ausländischen Truppen errichten. Über eine Autofahrt von der Hauptstadt Kabul in die zweitgrößte Stadt des Landes, die Taliban-Hochburg Kandahar, schreibt er: "Nato-Truppen stellen Sperren auf. Auf der Straße brechen Feuergefechte aus, so dass die zivilen Fahrzeuge stundenlang anhalten müssen. Die Leute hassen diese Straßensperren von den Amerikanern am meisten. Als ich nach Kandahar kam, sah ich zum Beispiel wie ein US-Konvoi eine unnötige Straßenblockade errichtete. Ein Krankenwagen, der vorbeifahren musste, durfte nicht passieren und die amerikanischen Truppen ließen ihn auf nichts Ersichtliches warten. So gewinnen die Amerikaner nicht die Herzen der Bevölkerung."

Nach der Internationalen Afghanistan-Konferenz in Kabul am 20. Juli 2010. Der afghanische Präsident Hamid Karzai mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. (Foto: dpa)

Auch die in Australien geborene Afghanin Atasha Parcha, die seit einigen Jahren wieder in Kabul lebt, ist besorgt um die Sympathien ihrer Landsleute. Jedoch beschäftigt sie sich weniger mit dem Ärger der Menschen über ausländische Truppen als der Hass vieler Afghanen untereinander. "Als ich aufwuchs, wusste ich nichts über die verschiedenen Provinzen in Afghanistan und die ethnischen Abgründe, die sich zwischen ihnen auftun - und ich danke meinen Eltern dafür", bekennt sie auf ihrem Blog "Rejuvenation of an Afghan Soul" auf kabulaus.wordpress.com. Doch heute fragt sie sich: "Paschtunen hassen die Sprache Dari, und die tadschikischen Afghanen hassen ihrerseits die Sprache Paschtu - wann akzeptieren sie endlich, ihre Unterschiede und erkennen, dass es alles dasselbe Land und dieselben Menschen sind? Wann merken sie, dass es der Stolz der Provinzen und Stämme war, der dieses Land zum Zusammenbruch geführt hat?" Warum zerstückele man Afghanistan gleich in verschiedene Länder, schriebt sie, leicht verzweifelt.

Doch während ihre Frage als Warnung gemeint ist, diskutieren Diplomaten diese Option immer ernsthafter, nachdem der frühere US-Botschafter in Indien, Robert Blackwill, Anfang des Monats in der Zeitschrift Politico vorgeschlagen hatte, Afghanistan aufzuteilen: in einen paschtunisch geprägten Süden und einen Nordteil, "der den Bemühungen der USA wohlwollender gegenübersteht". Die größten Ängste hat diese Debatte indes in Pakistan ausgelöst, das an den paschtunischen Süden Afghanistans angrenzt. "Pakistan würde sich wahrscheinlich gegen eine faktische Teilung stemmen - nicht zuletzt, weil die pakistanische Armee einen strategischen Vorteil erwartet, wenn sich die amerikanischen Truppen aus Afghanistan zurückziehen", schreibt der Polit-Blogger Aay Khokhar auf dem nationalen Internet-Forum pakistandesk.com. Von einer Spaltung könnte hingegen Gefahr für die Welt und Pakistan ausgehen, warnt er: "Das paschtunische Afghanistan könnte wieder eine Brutstätte für den internationalen Terrorismus werden, ein Ergebnis, das wahrscheinlich nur verhindert werden könnte, wenn amerikanische Truppen dort noch Jahre lang kämpfen würden."

© SZ vom 26.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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