Die besten Blogs zum:SPARZWANG

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Nicht um jeden Preis sparen.

Ausgewählt von Silke Bigalke

Ohne die Hilfe anderer Staaten wäre Griechenland insolvent. Die Folgen, die das hätte, kennt niemand genau. Vermutlich verlören die Gläubiger ihr Geld, Banken würden zusammenbrechen, die griechische Wirtschaft stünde still. Der Staat kann so seine Behörden, Renten, Sozialhilfe, Bildungssysteme nicht mehr finanzieren. Dass die Krise so bedrohlich wurde, liegt nach Meinung vieler Ökonomen, die Blogs im Internet schreiben, daran, dass einige Euro-Staaten schon vorher hoch verschuldet waren.

Vor dem Schein einer Flamme ist eine zersägte Euro-Münze auf diesem Illustrationsbild zur Euro-Schuldenkrise zu sehen. Die Europäische Zentralbank (EZB) gibt am 12.01.2012 auf ihrer turnusmässigen Pressekonferenz in Frankfurt Auskunft über den aktuellen Stand der Entwicklung im Euro-Raum. Finanzmarktexperten rechnen nicht mit einer neuen Zinsentscheidung. (Foto: dpa)

Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman allerdings sieht das nicht so dramatisch. In seinem Blog www.krugman.blogs.nytimes.com warnt er verschuldete Staaten sogar davor, um jeden Preis zu sparen: "Schulden können ein Problem sein, aber die Art und Weise, wie unsere Politiker und Experten über Schulden denken, ist völlig falsch", schreibt er bezogen auf die USA. Die US-Schulden seien nicht mit denen einer Familie zu vergleichen, welche die Raten ihrer Hypothek nicht zahlen kann. Denn: Staaten müssten ihre Schulden nicht zurückzahlen. "Alles, was sie tun müssen, ist, sicherzugehen, dass die Schulden langsamer steigen als ihr Steueraufkommen", schreibt Krugman. Wenn ein Staat in der Krise spare, könne das der Wirtschaft sogar schaden. Krugman gibt damit John Maynard Keynes recht, der erkannte, dass zwar ein Einzelner durch Sparsamkeit sein Vermögen erhöhen kann. Wenn aber ein ganzer Staat weniger ausgibt, nimmt die Produktion ab, Beschäftigung und Einkommen der Bürger sinken, und damit die Staatseinnahmen. Der wahre Test für diese Theorie seien "europäische Länder wie Griechenland und Irland" gewesen, die sich einen strengen Sparkurs verordnen mussten, um Rettungskredite zu bekommen, schreibt Krugman. Dadurch hätten sie "einen Abschwung auf dem Level einer Depression erlitten".

Dieses Problem treibt auch deutschsprachige Ökonomen um. "Richtiges Sparen will auch für Staaten gelernt sein", erklärt Carsten Colombier auf der Seite www.oekonomenstimme.org , die von der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich betrieben wird. Diejenigen Ausgaben, die zum Wachstum der Wirtschaft beitrügen, dürften nicht zu stark gekürzt werden, sonst "droht nicht nur eine kurzfristige Verschlechterung der Wachstumsaussichten, sondern eine anhaltende Stagnations- beziehungsweise Rezessionsphase", schreibt Colombier. Vor allem Kosten für Bildung und Infrastruktur seien notwendig.

Strikte Sparsamkeit fordert dagegen Norbert Berthold im ordnungspolitischen Blog www.wirtschaftlichefreiheit.de . Berthold ist gegen weitere Rettungsschirme, Euro-Bonds oder andere Hilfsmaßnahmen für die Euro-Wackelkandidaten. "Für Trittbrett fahrende, unsolide Mitglieder der EWU darf es keine Garantie geben, weiter in der Euro-Zone zu verbleiben", schreibt er. Die Pleitestaaten sollten es mit Strukturreformen und mit Enthaltsamkeit versuchen oder aus dem Euro ausscheiden. "Die Mitgliedsländer leben schon viel zu lange über ihre Verhältnisse", schreibt Berthold. "Schuld sind die Bürger in Europa. Sie verlangen immer mehr vom Staat, wollen aber für seine Leistungen nicht mehr bezahlen."

Im Blog www.voxeu.org des britischen Centre for Economic Policy Research versucht Gianluca Cafiso, die Schulden der Euro-Zone zu verstehen. Dafür untersucht er die Schuldenquote, also das Verhältnis von Staatsschulden und Bruttoinlandsprodukt einzelner EU-Staaten. Dabei berechnet er zwei Szenarien, eines so, als hätte es die Krise nicht gegeben, ein zweites auf Basis der Zahlen von 1999 bis 2010 mit Krise. Ergebnis: Griechenland und Portugal "weisen eine ungesunde Entwicklung ihrer Schuldenquote in beiden Szenarien auf: Ihre bisherige Haltung ist in Zukunft unhaltbar." Anderes gelte dagegen zum Beispiel für Irland, das vor der Krise noch gesund dastand.

© SZ vom 12.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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