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Nicht wegen der Verfehlungen, sondern wegen der äußeren Umstände zurückgetreten.

Ausgewählt von Edeltraud Rattenhuber

Schon seit Wochen wurde die Causa Wulff in der Blogosphäre mit Häme und Ironie bedacht. Wie zu erwarten, löste Christian Wulffs Rücktritt vom Bundespräsidentenamt eine weitere Welle aus. Vor allem auf Twitter sprudelte es nur so:

Soldaten des Wachbataillons hissen am 16. März 2010 vor dem Schloss Bellevue in Berlin die Dienstfahne des Bundespräsidenten. Bundespräsident Christian Wulff hat am Freitag (17. Februar 2012) nach nur 598 Tagen im Amt seinen Rücktritt erklärt. (Foto: dpa)

"Warum hat er nicht einfach einen fremden Pfandbon eingelöst oder eine kalte Boulette gegessen? Dann wäre alles viel schneller gegangen", twittert der User mit dem Pseudonym Laufbursche ( twitter@Laufbursche2012) . "Ich finde, Wulff muss seinen Rücktritt gar nicht mehr erklären. Wir verstehen das auch so", schreibt Lars Wienand ( @LarsWienand) . "Bundespräsidon't" ( @n303n) oder "Also jetzt mal ernst: ICH mochte ihn. Politisches Kabarett war doch fast schon tot in Deutschland" ( @dasnuf) sind weitere Kommentare.

Mit den Verfehlungen des ehemaligen Bundespräsidenten setzt sich der Kommentator FF auf dem Blog www.danisch.de/blog auseinander. "Ich glaube nicht, dass Wulff irgendetwas getan hat, was nicht unter seinesgleichen absolut Usus ist", schreibt er. Die Umstände seines Rücktritts ähnelten "dem Doping-Gewürge". Da gebe es auch immer nur bedauerliche Einzelfälle, die dann als Alibi-Sünder hingehängt und für ein paar Monate gesperrt würden.

Nach Meinung des Bloggers auf blog.naturfreunde.de ist es "zu einfach, nur die Person Wulff und ihre Schwächen zu sehen". Dieser Bundespräsident sei damals nicht vom Himmel gefallen, selbst CDU/CSU-Politiker hätten von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem damaligen FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle andere Vorschläge erwartet. "Doch Merkels Methode ist, möglichst schwache Kandidaten zu unterstützen, die ihr keine Schwierigkeiten machen und die sie dann steuern kann." Der Rücktritt Wulffs sei also auch eine Folge des Systems Merkel.

Wulffs Rücktrittserklärung selbst steht auf dem bundes.blog.de in der Kritik. "Kein Wort des Bedauerns, kein Wort der Reue und vor allem kein einziges Wort der Entschuldigung, die Bürger plump und dreist belogen und das höchste Amt der Bundesrepublik Deutschlands beschädigt zu haben", schreibt der Blogger. Die Rede sei so formuliert gewesen, als sei Wulff nicht wegen seiner eigenen Verfehlungen, sondern wegen der äußeren Umstände zurückgetreten. So als sei er "zum Rücktritt aus Verantwortung gezwungen" gewesen.

Zur schnellen Einigung auf den Wulff- Nachfolger Joachim Gauck schreibt Michael Spreng auf sprengsatz.de , "die Meisterin aller Kehrtwenden" habe es in allerletzter Minute geschafft, die Kurve zu kriegen, "und zwar erst dann, nachdem die schwarz-gelbe Koalition in ihre schwerste Krise seit der Wahl 2009 geraten war." Die Kanzlerin sei vor der Wahl zwischen ihrer Ablehnung Gaucks und dem drohenden Bruch der Koalition gestanden. Vor der FDP dagegen müsse man Respekt haben, meint Spreng. "Wenn man nichts mehr zu verlieren hat, kann man offenbar mutig sein." Zum ersten Mal seit der Wahl 2009 habe die Partei etwas uneingeschränkt Gutes bewirkt und mit ihrem Votum für Gauck das unwürdige parteipolitische Hickhack, bei dem sich CDU und SPD wechselseitig blockierten, beendet.

© SZ vom 21.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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