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Der ägyptische Staat erfüllt seine Aufgabe nicht.

Ausgewählt von Karin El Minawi

Auf Ägyptens Straßen bleibt die Stimmung angespannt. Das koptische Weihnachtsfest wurde am Donnerstag unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen gefeiert, weihnachtliche Stimmung kam jedoch nicht auf. Seit den tödlichen Anschlägen auf eine Kirche in Alexandria in der Neujahrsnacht herrschen Trauer, Frustration und vor allem Wut. 23 Menschen wurden bei den Anschlägen in den Tod gerissen, über 90 Personen verletzt. Nach Angaben ägyptischer Behörden handelt es sich um einen Selbstmordattentäter. Bis jetzt hat sich jedoch niemand zu dem Anschlag bekannt. Seitdem finden fast täglich Demonstrationen und Proteste statt. Einige verlaufen friedlich, andere weniger. Die Christen, die knapp zehn Prozent der 83 Millionen Einwohner ausmachen, sind wütend: Da sie die Minderheit darstellen, fühlen sie sich diskriminiert und dauernd Angriffen ausgesetzt. Immer wieder kommt es zu Spannungen zwischen den Christen und der moslemischen Bevölkerungsmehrheit. Und der von Mubarak seit fast 30 Jahren korrupt geführte Staat tut nichts um die Situation zu ändern.

Bei einem Terroranschlag in der Neujahrsnacht auf eine große koptische Kirche in der ägyptischen Hafenstadt Alexandria gab es 23 Tote und über 90 Verletzte. Seitdem finden fast täglich Demonstrationen und Proteste statt. (Foto: AFP)

Auch die Stimmung im Netz ist aufgebracht. Einige Nutzer des koptischen Nachrichtendienstes copts-united.com lassen ihrem Zorn freien Lauf: "Wann wird in diesem Land endlich Gerechtigkeit herrschen? Wie lange müssen wir uns das noch gefallen lassen und wie lange werden die Moslems es noch zulassen, dass die Kopten solchen schrecklichen Angriffen ausgesetzt sind?", fragt ein Autor, der sich "Leidender Kopte" nennt.

Dem fügt ein anonymer Kommentator hinzu, dass der schwache Staat die Verantwortung für diese Angriffe trage. Erst im vergangenen November kam es zwischen der Polizei und Kopten zu Auseinandersetzungen, weil der Bau einer Kirche gestoppt werden sollte. Nur der Präsident des Landes darf die Genehmigung für den Bau einer Kirche erteilen. Bei den Zusammenstößen kamen zwei Christen ums Leben, über 150 Kopten wurden verhaftet. Und zu Beginn letzten Jahres wurden am koptischen Weihnachtsfest in Oberägypten sechs Christen und ein moslemischer Polizist in den Tod gerissen: Ein Motorradfahrer hatte mit einem Gewehr wild um sich geschossen. Der Täter wurde bis heute nicht verurteilt.

Auch die Bloggerin Zeinobia teilt die Meinung, dass der Staat nicht seine Aufgaben erfüllt. Auf egyptianchronicles.blogspot.com kritisiert sie die Inkompetenz des Innenministeriums: "Schon zwei Wochen vor dem Anschlag erhielten sie Drohungen, doch die Polizei reagierte nicht. Wieder hat der nationale Sicherheitsapparat versagt, wieder sind Menschen ums Leben gekommen. Warum? Weil nicht nur die Christen dem Staat egal sind, sondern alle Ägypter. Wir bedeuten ihnen nichts", schreibt sie verärgert. Ein irakischer Ableger der Terrororganisation al-Qaida hatte vor Wochen den Kopten mit Anschlägen auf ihre Kirchen in Ägypten gedroht. Auf der im Internet erschienen Liste aller bedrohten Kirchen befand sich auch jene in Alexandria. Diese Drohungen erschienen, kurz nachdem ein Attentat auf eine syrisch-katholische Kathedrale in Bagdad verübt wurde und 58 Menschen umkamen.

Ein Nutzer der Nachrichtenseite masrawy.com kritisiert ebenfalls die Situation: "Dem Staat geht es nur darum das Regime zu schützen, nicht aber die Bürger des Landes, egal ob Christen oder Moslems", schreibt Essam914. Ein anonymer Kommentator fragt sich, was der Sinn des Notstandsgesetzes ist, wenn Anschläge wie dieser, der auch noch angekündigt war, dann doch möglich sind.

Seit fast dreißig Jahren regiert Mubarak Ägypten nur per Notstandsgesetz, mit der Begründung den Terrorismus zu bekämpfen. Folglich haben Polizei und Geheimdienst uneingeschränkte Rechte. Streiks und Proteste werden oft brutal niedergeschlagen und willkürliche Verhaftungen durchgeführt, durch die viele Ägypter ohne Verfahren und Anklagen bis heute in Gefängnisse sitzen.

Auf dem Forum horytna.com erhält eine von Autor Mustafa Fathy verfasste Entschuldigung an die Christen sowohl Zustimmung als auch Kritik. "Ich möchte mich bei allen Christen dafür entschuldigen, dass ich durch meine Erziehung der Annahme war, dass Christen Bürger zweiter Klasse sind", schreibt Fathy. "Ich bin in einer Gesellschaft aufgewachsen, in der den Kindern falsche Dinge über das Christentum erzählt wird." Mariam, eine Leserin des Forums, kritisiert, dass er den Islam mit seiner Entschuldigung schlecht aussehen ließe. Sie meint, dass seine Erziehung die Ausnahme ist und nicht die Norm. Nutzer DF begrüßt die Entschuldigung und erläutert, dass es eine persönliche und akzeptable Entschuldigung und kein Bekenntnis ist. "Am Ende sind wir alle Ägypter und sollten lernen tolerant zu sein und in Frieden miteinander zu leben."

© SZ vom 10.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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