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Erdbeeren, russische Literatur und ein Fernsehgerät für den Häftling.

Ausgewählt von Ronen Steinke

Die Festnahme des früheren Generals der bosnisch-serbischen Armee, Ratko Mladic, ist nicht nur auf dem Balkan eine große Nachricht, sondern natürlich auch in Den Haag, wo er seit langem erwartet wird. Seit 16 Jahren liegt dort, beim Jugoslawien-Tribunal der UN, das sich bereits auf seine Schließung vorbereitete, eine Anklageschrift gegen Mladic. Doch wie wird daraus nun ein Prozess?

Es ist der erste Auftritt von Ratko Mladic vor dem UN-Tribunal in Den Haag am 3. Juni 2011. (Foto: AFP)

Der an der London School of Economics forschende Völkerrechtler Mark Kersten, der momentan zu den aktivsten und lesenswertesten Völkerrechtsbloggern zählt, stellt unter http://justiceinconflict.org/ die nahe liegende Frage nach Mladics Gesundheitszustand, die als Frage nach der Verhandlungsfähigkeit auch Juristen beschäftigen muss - und er erinnert dabei gerne daran, dass er, Kersten, insofern selbst im Falle des libyschen Staatschefs Muammar Gaddafis "angesichts von dessen Neigung zu emotionalen und wahnhaften Ausbrüchen" seine Zweifel hätte. Mladic, 69, soll inzwischen zwei Schlaganfälle erlitten haben, humpeln und undeutlich sprechen. Über den Grundsatz, dass nur geistig Präsente zur Verantwortung gezogen werden könnten, dürfe man sich gerade in einem internationalen Gericht nicht hinwegsetzen, schreibt Kersten. Für die Idee der Gerechtigkeit sei es besser, wenn Fälle "verloren" würden, als wenn sie mit unfairen Mitteln "gewonnen" würden. Berichte aus dem serbischen Gericht, vor dem Mladic kürzlich zum ersten Mal erschien, beruhigen ihn dann aber: Den Berichten zufolge habe Mladic für seine Gefängniszelle in Den Haag Erdbeeren, russische Literatur und ein Fernsehgerät bestellt und sich auch im Übrigen recht selbstbewusst geäußert. Wenn auch mit schwerer Zunge.

Für Kevin Jon Heller von der Melbourne Law School stellt sich unter http://opiniojuris.org/ die Frage, ob das Tribunal nicht gleich den derzeitigen Karadzic- und den noch ausstehenden Mladic-Prozess zu einem verbinden sollte. Zwar sei der Karadzic-Prozess nun schon recht weit gediehen, was eine Verbindung erschwere. Aber getrennte Prozesse gegen die beiden serbischen Führer, die einst eng zusammenarbeiteten, würden doppelte Arbeit bedeuten - und dem ohnehin überlasteten Tribunal so jene Zeit kosten, die es nicht hat. "Es gäbe dann wenig Aussicht darauf, dass Mladics Prozess und Berufung vor 2015 enden würden." Damit würde die von der Vereinten Nationen vorgegebene Deadline für das Jugoslawien-Tribunal (2013 für Prozesse und 2014 für alle Berufungen) überschritten werden. Wenn das Tribunal also nicht beide Prozesse verbinde, so Kevin Jon Heller, dann würden die UN keine andere Wahl haben, als das Mandat des Tribunals noch einmal zu verlängern.

Dov Jacobs von der Universität Amsterdam, schreibt auf seinem Blog "Spreading the jam" ( http://dovjacobs.blogspot.com ) über die Richter, welche das Tribunal bereits für Mladic ausgewählt hat. "Unter ihnen ist der Niederländer Alphons Orie, was interessant ist, wenn man an die zweischneidige Rolle der Niederlande in Srebrenica denkt. Es ist auch ironisch, dass ein niederländischer Richter an den Bemühungen teilhaben wird, die Veranwortung für dieses Geschehen zu verteilen, wenn man bedenkt, dass ein niederländisches Gericht 2008 entschied, dass die Niederlande für das Geschehen in Srebrenica nicht verantwortlich seien, weil sie damals unter UN-Kommando standen, und dass die UN ihrerseits nicht verklagt werden könnten, weil sie immun seien".

© SZ vom 31.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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