Die besten Blogs zu:KOREAS MANÖVER

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Der Norden will keine Schwäche zeigen.

Ausgewählt von Christoph Neidhart

Die Kriegsspiele im Gelben Meer schlagen sich auch in der Blogosphäre nieder. Wie die südkoreanische Opposition machen viele Blogger Südkoreas Präsidenten Lee Myung Bak für die Verschärfung der innerkoreanischen Spannungen mitverantwortlich. "Sequncetodispersion" etwa ( blog.daum.net/sequncetodispersion ), ein koreanischer Blog, der mit Delacroix' Gemälde von der Freiheit aufmacht, bezeichnet die Artillerieübung vom Montag als "Bankrott der Politik von Lee Myung Bak". Die Übung belege die Notwendigkeit von Friedensverhandlungen, heißt es im Text, den der Korrespondent und all jene, die nicht Koreanisch sprechen, leider nur mit Übersetzungssoftware entziffern können. Der Blog von zwei jungen, anonym bleibenden Koreanern zitiert Henry Kissinger, der schon vor 35 Jahren schrieb, die "Northern Limit Line", die Seegrenze zwischen den beiden Korea, verstoße gegen internationales Recht. Ähnlich sieht es Oppositionspolitiker Chun Jung-bae, der in seinem Blog ( www.jb21.or.kr ) in Anspielung an den Präventivschlag gegen die Atomanlagen des Nordens, von dem immer wieder die Rede ist, eine "präemptive Diplomatie" fordert.

Ein südkoreanisches Patrouillenschiff. Der südkoreanische Präsident Lee Myung Bak hat bei einer weiteren Provokation durch Nordkorea mit unerbittlicher Vergeltung gedroht. (Foto: dpa)

Wer Meinungen auf Englisch einholen will, kann dies bei den "The Three Wise Monkeys" ( thethreewisemonkeys.com ) tun. Dahinter verbergen sich zwei Amerikaner in Seoul, die einen dritten Blogpartner suchen. Sie notierten nach dem Angriff auf Yeonpyeong und der Ernennung des neuen Verteidigungsministers Kim Kwan Jin besorgt, die Lage spitze sich zu. Kim drohte dem Norden, Südkorea werde Luftangriffe fliegen, wenn er weiter provoziere. Außerdem konstatierten die weisen Affen, Yeonpyeong habe Mängel der südkoreanischen Armee aufgezeigt: Haubitzen, die nicht funktionierten, schlecht ausgerüstete Luftschutzbunker, Soldaten, die nicht zielen können. "The Seoul Patch", ein Englischlehrer in Seoul, veralbert die Propaganda des Nordens und stellt auf seoulpatch.blogspot.com ironisch fest: "Ich bin noch da, gesund und munter." Auf seinem Blog ist ein Satellitenfoto zu sehen, auf dem schwarze Rauchsäulen in den Himmel steigen: Das Bild wurde vom südkoreanischen Sender KBS als Foto vom Angriff auf Yeonpyeong gezeigt. Eine Fälschung, weiß der Blogger.

Der Petersburger Andrej Lankow, Professor in Seoul und einer der kompetentesten Beobachter Nordkoreas, schreibt in seinem russischen Blog ( tttkkk.livejournal.com ): "So haben Lee Myung Bak & Co . . . sozusagen ihre Artillerie-Muskeln spielen lassen. Sie haben Angst, als Schwächlinge dazustehen. Auf der andern Seite hat der Norden so betrogen, dass es jetzt absolut nichts ausmacht, wenn er einige Unannehmlichkeiten hat. Dabei will auch der Norden keine Schwächen zeigen; umso mehr, als der ,junge General' in der (nordkoreanischen) Inlandspropaganda hinter verschlossenen Türen als Artillerie-Genie gepriesen wird." Die Wahrscheinlichkeit, dass das Schießgefecht zum ernsten Konflikt wird, ist nach Meinung von Lankow nahe null, wenngleich der Professor zugibt, das könne sich in einigen Monaten ändern. Aber: "Das alles ist traurig. Es ist eine Sache, wenn der Norden mit klaren politisch-diplomatischen Zielen herumballert, eine andere, wenn er dazu provoziert wird wie jetzt." Er fordert: "Bringt den Großvater zurück!" Gemeint ist Kim Il Sung, der 1994 verstorbenen Diktator.

© SZ vom 23.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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