Die besten Blogs zu:AUFSTAND IN ARABIEN

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Der "Tag des Zorns" ist ausgerufen.

Ausgewählt von Tim Neshitov

Es soll ein Volksaufstand werden: der Aufstand des 17. Februar 2011. Tausende Libyer haben den Tag auf Facebook zum "Tag des Zorns" ausgerufen. Der Zorn richtet sich gegen "die Korruption und den Nepotismus" des langjährigen Herrschers Muammar al-Gaddafi, ermuntert wurden die Webaktivisten durch die jüngsten Volksrevolutionen in Tunis und Kairo. Das Datum ist symbolisch gewählt - am 17. Februar 2006 schlugen libysche Sicherheitskräfte eine Demonstration im nordöstlichen Benghazi nieder, damals starben mindestens 14 Menschen. Ob es am Donnerstag zu Massendemonstrationen kommt, die das System Gaddafi gefährden könnten, ist ungewiss. Die mobilisierende Kraft von Facebook wirkte zwar mit, als die Regimes von Zine el-Abidine Ben Ali und Hosni Mubarak vom Volk weggefegt wurden. Aber ein Aufruf im Internet führt nicht unbedingt zum Regimewechsel: Im autoritär regierten Syrien etwa sind die auf Facebook angekündigten Straßenproteste bisher ausgeblieben.

Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi bei einer Zeremonie in Tripoli am 13. Februar 2011. (Foto: REUTERS)

Klar ist jedoch, dass sich Libyer in letzter Zeit mehr im Internet erlauben als sonst. Im Exil lebende Regimegegner wie Hisham Matar twittern zwar seit Jahren gegen das Gaddafi-Regime an - unter dem greisen Oberst müsse das Volk "genauso Hunger leiden wie in Tunesien." Dass aber ein in Tripolis lebende Rapper seine Anti-Gaddafi-Songs offen ins Internet stellt, hat selbst Libyenkenner überrascht. Die bloggende Redaktion der Plattform jeuneafrique.com spricht von einer "Premiere". Der Rapper namens Ben Thabet singt nämlich: "Muammar, ich schwöre, dass dein Ende nah ist." Und: "Der Reichtum, den ihr zusammengerafft, die Unschuldigen, die ihr umgebracht, die Schüler, die ihr im Stich gelassen habt, werden euch nun gegenübertreten, ihr könnt nirgendwohin flüchten."

Nicht nur in Libyen braut sich explosive Stimmung zusammen. Iran, Bahrain, Marokko, Jemen, Algerien - einen Überblick über die internetgestützten Aufstände in der arabischen Welt bietet der englischsprachige Blog www.movements.org/blog. "Updates aus dem arabischen Frühling" heißt etwa der letzte Eintrag, in dem die stärksten Facebook- und Twitter-Gruppen der Regimegegner in unterschiedlichen Ländern vorgestellt werden. Zum Beispiel die iranische Facebook-Seite 25Bahman, die eingerichtet wurde, um Iraner zum Protestmarsch am 14. Februar aufzurufen. Der Marsch wurde niedergeprügelt, das Wort "Bahman", das den elften Monat des persischen Kalenders bezeichnet, wird mittlerweile in den Google-Suchergebnissen blockiert. Den Twitter-Tag #25bahman nutzen die Oppositionellen weiter.

Auch in Bahrain hatten Webaktivisten am 14. Februar einen Protestmarsch mitorganisiert, der zum Teil mit englischsprachigen Parolen frankiert wurde. Die Jugendorganisation Bahrain Youth for Freedom mobilisierte ihre Anhänger auf Facebook unter dem Slogan "United we stand" ("Einig widerstehen wir"). Die Demonstranten forderten "eine Volksverfassung" und die Einhaltung der Menschenrechte - auch dieser Marsch wurde gewaltsam aufgelöst. In Marokko hat indes eine Bewegung namens Freedom and Democracy Now auf Facebook zu friedlichen Protesten am 20. Februar aufgerufen; die Demonstranten wollen die Auflösung des Parlaments fordern. Die Plattform movements.org bündelt außerdem die Blogs und Facebook-Auftritte etablierter Medien wie BBC und Al-Dschasira, die dem Aufstand in Arabien gewidmet sind. Es ist eine gemeinnützige Organisation, die das Ziel verfolgt, demokratisch gesinnte Digitalaktivisten weltweit zu vernetzen. Sie wurde im Dezember 2008 auf einer Tagung gegründet, auf der Sozialmedien-Experten mit Blogpionieren zusammenkamen. Zu den Gründern zählen Jared Cohen, Direktor der Abteilung Google Ideas bei Google, oder der Mitbegründer der Videoaustauschplattform Howcast, Jason Liebman.

© SZ vom 16.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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