5. März 2009:Kochs Trickkiste

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Die SZ-Leser diskutieren über die Intendantenwahl beim ZDF, dubiose Cavaliere und Diplomatentöchter.

Die Spielchen des Roland Koch

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch. (Foto: Foto: ddp)

"Die mangels erträglicher Alternativen immer noch in kritischer Freundschaft den Öffentlich-Rechtlichen verbundenen Glotzer hatten doch tatsächlich geglaubt, Schiebereien mit dem Personal der Sender seien schon lange endgültig vorbei (" Der ZDF-Verleger und die Systemlinge" , 26.Februar). Aber nein, da holt Roland Koch das Spielchen "Schwarz versus Rot" aus seiner Trickkiste. Und wenn kein Roter da ist? Egal, dann wird ein Parteiloser eben als rot gedacht, dazu die unsägliche, auch noch verfälschte Quote aus dem Ärmel gezogen, und das Spiel kann beginnen. Dieses Spiel, das schon vor über vierzig Jahren unter Adenauer beliebt war, ist tatsächlich wieder in Mode. Damals und noch über zwei Jahrzehnte später verteufelte die CDU fast die gesamte ARD als "Rotfunk". Die roten Teufel hießen damals Gert von Paczensky, Dieter Gütt, Peter Merseburger oder Eugen Kogon. Sogar der liberale Konservative Joachim Fest wurde bis zu seinem Abgang aus der Fernsehwelt auf der "Roten Liste" geführt. Alle waren lediglich gute, unabhängige, damit unfolgsame Journalisten, auch wenn der eine oder andere ein Parteibuch in der Tasche trug. In Bayern hingegen hatte die CSU vorbildlich alles im Griff. Selten gab es einen Störenfried mit Rückgrat. Ansonsten schaltete man einfach ab, so bei Dieter Hildebrandt.

Die Hoffnungen auf ein CDU-nahes Privatfernsehen blieben seinerzeit leider weitestgehend unerfüllt. Dabei war es doch geschickt als "Verleger-Fernsehen" und wegen der angeblichen "Meinungsvielfalt" von der Koch-Partei und deren damaligen Vorsitzenden Helmut Kohl protegiert worden. Jedoch außer empfangenen hohen Partei- und sonstigen Dankesspenden, außer bunten Werbe- und etlichen Sendungen für Münteferings Prekariat, dazu die gelungene Verdummung einer ganzen Generation erreichte man leider keine der erhofften "Parteirechte" in den Sendern. Nun glaubt Koch, wenigstens den ehemaligen CDU-Haussender ZDF wieder einreihen zu können. Wir Glotzer hoffen da nur - auf das Bundesverfassungsgericht.

Walter Manzey Itzehoe

Was Europa Italien schuldet

"Es mag einem Botschafter gestattet oder sogar geboten sein, die Politik und die Wirtschaft des Landes zu verteidigen (" Das hat Italien nicht verdient" , 27.Februar). Echte Freunde Italiens vermissen in seinem Plädoyer gegen einen kritischen Beitrag im SZ-Magazin freilich einen auch noch so leisen Hinweis auf den skandalösen Umgang des Leaders von Forza Italia mit der Justiz seines Landes. Aber nicht nur der Botschafter macht sich Unterlassungen schuldig, Europa schuldet Italien und den Italienern aktive und diplomatische Hilfe, diesen mehr denn dubiosen Cavaliere möglichst umgehend loszuwerden."

Michel Raus Luxemburg

Auch in der Schweiz gibt es guten Folk

"Man muss Sophie Hunger nun wirklich nicht für die originellste Folkloristin seit Joni Mitchell halten (" Folk und Erfolg", 25. Februar). Aber "Nummer eins in der Schweiz" - von hier kann nun wirklich nichts kommen, vielleicht weil Karl Bruckmaier seit "Grüezi wohl Frau Stirnima" nichts mehr aus der Schweiz gehört hat? Dabei sollte ein Musikkenner doch wissen, dass großen Blüten gern mal an kleineren Orten blühen. Aber als "Diplomatentochter" sich von "Sugar-Daddys" aushalten und produzieren lassen: Das ist natürlich eine Unverschämtheit, wie sie in deutschen Sangesgauen nicht vorkommen darf. Wer "Mondays Ghost" kennt, mag vielleicht glauben, dass Herr Bruckmaier die CD gehört hat, aber seine Ohren sind in der Zeit offensichtlich spazieren gegangen."

Ulli Albeck Riehen/Schweiz

UN-Missionen ohne Mittel

"Dass Blauhelmeinsätze oft scheitern, ist richtig (" Unmögliche Mission", 25. Februar). Doch wer ist denn für diese Probleme verantwortlich? Die internationale Staatengemeinschaft, allen voran Europa und die USA. Sie beschließen im UN-Sicherheitsrat die Entsendung von komplexen Missionen, ohne den UN anschließend die militärischen und zivilen Mittel in die Hand zu geben, diese auch auszuführen. Die USA haben sich seit den 90ern komplett aus UN-Operationen zurückgezogen, und auch Europa stellt, von der Mission im Libanon abgesehen, nur einen verschwindend kleinen Teil der Blauhelme. Dabei sind es gerade die gut ausgerüsteten und ausgebildeten Truppen aus den westlichen Industrieländern, die in den Missionen so dringend benötigt werden.

Maximilian Meindl Eichstätt

© SZ vom 05.03.2009/sus - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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