5. März 2009:Es geht um Freiheit oder Zwang

Lesezeit: 4 min

Wann wird die römisch-katholische Kirche wirklich ökumenisch? Der Papst darf sich nicht nur an Rechtsaußen orientieren, finden SZ-Leser.

"Es geht dem Abtprimas der Benediktiner, Notker Wolf, darum, Wogen zu glätten (" Der Papst und die Gebrechlichen", 24.Februar). Doch das päpstliche Vorgehen, "Milde" walten zu lassen gegenüber Schismatikern am äußerst rechten Rand, erinnert an ein Wort von Franz Josef Strauß, rechts von der CSU solle es keine Partei mit größerem Wählerpotential geben. Das führt natürlich zu Rechtslastigkeit, wobei im Falle der katholischen Kirche die Katholizität, die Allgemeingültigkeit, auf die Dauer in Frage gestellt wird. Das gilt umso mehr, als die Beschlüsse des letzten Konzils keine Glaubensdefinitionen beinhalten und demnach der kurialen Manipulation schutzlos ausgesetzt sind.

Die Haltung des Papstes löst Diskussionen aus. (Foto: Foto: AP)

Man denke nur an die Erklärung über die Religionsfreiheit. Sie steht im völligen Gegensatz zu päpstlichen Erklärungen aus dem 19. Jahrhundert, in denen die Gewissensfreiheit als Wahnsinn bezeichnet worden ist. Sie lässt sich nicht "in die Kontinuität der Theologiegeschichte einbinden", wie der Autor schreibt, sondern hier gilt: Freiheit oder Zwang. Kardinal Ratzinger hat als oberster Glaubenswächter oft genug gezeigt, auf welcher Seite er steht. Man würde sich wünschen, wenn der Papst seine Augen nicht nur nach rechtsaußen, sondern auch in andere Richtungen ausrichten würde. Der Besuch von Professor Küng in Castelgandolfo vor einigen Jahren hat bisher jedenfalls nicht solche Folgen gehabt wie der damalige Besuch des Obersten der "Piusbruderschaft". Wann wird die römisch-katholische Kirche im eigentlichen Sinne wirklich katholisch, ökumenisch?"

Franz Lüttgen Welschbillig

Die evangelischen Piusbrüder

"Abtprimas Notker Wolf hat Recht mit seiner Beobachtung, dass "die pastorale Sorgen des Papstes um die Einheit der Kirche" in Deutschland wenig verstanden wird. Wir Protestanten zählen inzwischen 349 Kirchen in 110 Ländern im "Ökumenischen Rat der Kirche". Gibt es da wirkliche Sorge um die Einheit der christlichen Kirche? Und die Exkommunikation ist nicht wie im katholischen Bereich eine Trennung, sondern geradezu ein Mittel der Gründung einer neuen Kirche. Protestanten singen dann das überholte katholische Kirchenlied "Wir sind im wahren Christentum" und trennen sich von dem größeren Kirchen-Rest - Ex-Kommunikation auf Evangelisch! Unsere Kirchen-Einheit erhält damit eine ganz andere konfessionelle Dimension, die wir mit der "Ökumene" überspielen. Dabei haben wir natürlich auch das Problem, das die katholische Kirche mit der "Pius-Bruderschaft" hat."

Wilhelm Drühe Mettmann

Eine gezielte Politik

""Bertone ist - ebenso wie Ratzinger - kein Regent, kein Machtmensch, kein Organisator", hieß es in "Im Labyrinth des Herrn" (14. Februar), während sich Benedikt am liebsten als Theologe betätige. Ich möchte Bertone nicht beurteilen, aber Ratzinger hat über die Jahre als Vorsitzender der Glaubenskongregation bewiesen, dass er mit brutaler Macht gegen ihm missliebige Theologen vorgehen konnte. Er hat einer ganzen Generation von südamerikanischen Befreiungstheologen durch seine Verurteilung den Schutz der Kirche entzogen und sie der Verfolgung durch rechtsgerichtete Regimes ausgeliefert. Unterm Strich erscheint die Gesamtaussage des Artikels, dass der gegenwärtige Skandal um die Piusbruderschaft eine Panne eines veralteten und schlecht funktionierenden Apparats gewesen sei, verharmlosend. Es wäre schlimm genug, wenn Benedikt keinen Durchblick mehr hätte, aber mein Eindruck ist vielmehr, dass er sehr zielgerichtet rückgängig machen will, was das Zweite Vatikanische Konzil an Öffnung der Kirche für die Welt von heute gebracht hat."

Gerd Wild Eschborn

Warum ich nicht austrete

"Meinem Glaubensverständnis nach hat Jesus bei seiner Selbstoffenbarung als der gute Hirte die Aufgaben des Hirtenamtes ganz anders definiert und in diesem Gleichnis Hinwendung, Verzeihen und Fürsorglichkeit zum Maßstab für die Amtskirche und deren Oberhirten gemacht. Von alledem kann ich beim Regensburger Bischof kaum etwas erkennen. Sein unbarmherziges und gebieterisches Verhalten (" Professoren sollen sich beim Papst entschuldigen", 17. Februar) macht mich tief traurig und zornig. Im Freundeskreis werde ich immer wieder gefragt, warum ich angesichts der Zustände in Regensburg nicht, wie dies zwischenzeitlich viele tun, offiziell aus der Kirche austrete. Ich versuche mein Verbleiben mit den folgenden drei Argumenten plausibel zu machen: Erstens beurteile ich Christentum und Kirche nicht nur danach, wie der Regensburger Bischof agiert und sein Hirtenamt definiert. Als Vater von zwei Kindern im Alter von 8 und 5 Jahren ist es mir zweitens ein Anliegen, ihnen das Faszinosum der christlichen Botschaft in der Begegnung mit anderen Gläubigen zu vermitteln. Wer drittens fundamentale Kritik übt, kann dies nur tun, wenn er in der Kirche verbleibt. Gerade dieses Argument wird mir von vielen hauptberuflich in der Kirche tätigen Mitarbeitern immer wieder vor Augen geführt. Sie ermuntern mich, dabei zu bleiben und innerhalb des Systems Kritik zu üben."

Robert Lerchenberger Regensburg

Plattform für extreme Meinungen

"Matthias Drobinski, dessen Berichte ich schätze, bezeichnet die Internetplattform kath.net aus Österreich als "konservativ-katholisch" (" Schwerer Stein zwischen Juden und Christen", 28. Februar). Ich beobachte kath.net schon seit langem und halte diese Einordnung für verharmlosend. Die gezielt einseitige und gegenüber Andersdenkenden und -glaubenden aggressive Berichterstattung gehört wohl zum Programm dieser privaten Initiative, im zugehörigen Forum werden jedoch ganz klar die Grenzen des akzeptablen katholischen Miteinanders überschritten. Dort tummeln sich extreme Meinungen, große Teile des deutschsprachigen Episkopats werden als zu lau oder zu liberal mit Spott und Beschimpfungen überzogen und auch die bekannten antijudaistischen Reflexe bei Konflikten zwischen Kirchenvertretern und jüdischen Organisationen tauchen immer wieder auf. Nicht umsonst hat die österreichische Bischofskonferenz die anfängliche finanzielle Unterstützung dieses Projekts sehr schnell eingestellt."

Prof. Dr. Nikolaus Korber Regensburg

Schützenswertes Erbe der Weltkultur

"Williamson hin oder her, der entscheidende Grundzug der gegenwärtigen innerkatholischen Vorgänge dürfte wohl darin bestehen, dass mit dem geplanten und erfolgreichen Zugriff des obsessiv-antiliberalen Kardinals Ratzinger auf das Papsttum der Sache nach so etwas wie die Aushebelung des Zweiten Vatikanischen Konzils stattgefunden hat. Dass dieser nun als Papst nach langem Lauern die Ernte seines Lebens einfahren will, wird aus Ihrer Kommentierung deutlich. Die damit verbundene endgültige Abwürgung der katholischen Konzilsära ist ja denn auch keine Marginalie im Zeitgeschehen. Denn der am Zweiten Vatikanum orientierte Katholizismus ist das epochale Ergebnis einer freiheitlichen Weltkultur und dementsprechend um seiner selbst Willen schützenswert. Dies in den letzten Wochen beharrlich sichtbar gemacht zu haben, ist kein geringes Verdienst Ihrer Redaktion."

Dr. Josef Nolte Tübingen-Hirschau

Spießiges Schubladendenken

"Die Äußerungen in der SZ zum Thema der Wiederaufnahme der vier von Lefèbvre zu Bischöfen geweihten Christen sind grenzwertig. Von geistiger Auseinandersetzung keine Spur - dafür wird Gegeifer veröffentlicht wie das Zitat aus der Wiener Presse ("Im Profil - Gerhard Maria Wagner", 3. Februar). Mich stören die durchweg schablonenhaften Einordnungen in rechts und links, liberal und konservativ bis reaktionär, Begriffe wie "Revisionismus", der mir hauptsächlich aus den stalinistischen Schauprozessen bekannt ist. Ich habe mit den Lefèbvristen nichts am Hut, doch eine liberale Zeitung sollte dieses Schubladendenken nicht fördern. Ich finde es spießig, wenn nur der eigene Standpunkt gilt. Von Journalisten wie Heribert Prantl und Michael Frank kennt man den antiklerikalen Ansatz durch jahrzehntelange Lektüre. Sie eignen sich nicht besonders dazu, Vorgänge in der katholischen Kirche mit Augenmaß zu beleuchten. Gustav Seibts Artikel ("Glibbriger Abgrund", 3. Februar) ist das glänzende Gegenstück zur sonstigen Berichterstattung: kenntnisreich, kritisch, klug."

Hanni Schmitz Nürnberg

© SZ vom 05.03.2009/sus - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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