28. Januar 2009:Quimonda?

Lesezeit: 3 min

Die Insolvenz der Halbleiterfirma Quimonda lässt den SZ-Lesern keine Ruhe.

" Tragödie Qimonda", Kommentar, 24./25.Jan.2009

"Kaum ein Produkt made in oder designed in Gemany, kommt ohne Halbleiter aus", sagen SZ-Leser. (Foto: Foto: Reuters)

Zwei Milliarden Subventionen klingt erstmal viel

"In einem stimme ich dem Kommentator zu, staatliche Subventionen sind grundsätzlich sehr kritisch zu beurteilen. Sie sollten immer zeitlich begrenzt sein und sich auf Branchen konzentrieren, die eine Wachstumsperspektive haben. Ansonsten ergibt eine Ansammlung von Halbwahrheiten, geschüttelt, gerührt und verdreht, mit letzlich nur einer richtigen Schlußfolgerungen - die so auf den Fall Qimonda (Infineon, Siemens Halbleiter) aber auch gar nicht zutrifft - noch keinen guten Kommentar. Zwei Milliarden Subventionen klingt erstmal viel. Das ganze verteilt auf 25 Jahre und im Durchschnitt vielleicht 15.000 Mitarbeiter relativiert allerdings enorm.

Auf der Haben Seite stehen Tausende von hochqualifizierten, überdurchnittlich gut bezahlten Arbeitsplätzen in Deutschland. Mit entsprechend hohen Steuer- und Sozialversicherungsabgaben. Es gibt viele Beispiele und Branchen mit einer wesentlich schlechteren Gesamtbilanz. Die aktuellen 1,5 Milliarden Abwrackprämie, die in diesem Jahr die Automobilindustrie - vor allem wohl die ausländische - stützen sollen, werden eine weit weniger nachhaltige Wirkung haben."

Dietmar Baier, Unterhaching

Wer kommt ohne Halbleiter aus?

"Es gibt wohl kaum ein Halbleiterunternehmen auf der Welt, das nicht subventioniert wird. So ist es kein Wunder, wenn Infineon und Qimonda in der herrschenden Krise ebenfalls auf Unterstützung angewiesen sind, um überleben zu können. Dass die Unternehmen dabei von der Politik nicht auf Rosen gebettet werden, mögen Sie aus dem Umstand ersehen, dass Qimonda 40 Prozent seiner Belegschaft abbaut.

Kaum ein Produkt made in oder designed in Gemany, kommt ohne Halbleiter aus - oder schreibt Herr Büschemann seine Artikel noch auf einer mechanischen Schreibmaschine? Hier hinkt nämlich Ihr Vergleich mit den Kohlesubventionen: Die Zukunft der Kohle ist ungewiss. Aber nichts läuft heute und in absehbarer Zukunft ohne Halbleiter: Computer, Telefone, Autos, Maschinen, Kraftwerke jeder Art. Als Exportnation müssen wir uns entscheiden, ob wir für die Lieferung dieser "Schlüsselbausteine" in Zukunft allein auf Asien vertrauen wollen. Und darauf, dass die Asiaten ihre Chips weiterhin so billig auf den Markt werfen, wenn sie erst einmal Monopolisten sind. Eine Zukunftsentscheidung, denn Halbleiterherstellung ist so komplex, dass das erforderliche Know-How - einmal verloren - erst über Jahre wieder mühsam erworben werden müsste. Thomas Schätz, Buchbach

Tragödie Qimonda - ein Abenteuer ?

"In der SZ Ausgabe vom 24./25. Januar 2009 kam der Autor Karl-Heinz Büschemann in seinem Kommentar "Tragödie Qimonda" zu dem Schluss, das "Abenteuer Qimonda" doch endlich zu beenden. Richtigerweise wird erwähnt, dass die Halbleitertechnologie von einem gnadenlosen Konkurrenzkampf gebeutelt wird. Wer sich der Vergangenheit erinnert, wird feststellen, dass die Mutter von Qimonda, namens Infineon, aus dem ehemaligen Halbleiterbereich von Siemens hervorging und seit den 1950er bis weit in die 1980er Jahre als Schlüsselindustrie für die heimische Wirtschaft betrachtet wurde. Diese Einschätzung änderte sich nicht, als Infineon geboren wurde. Dies gilt ebenso für Qimonda mit seinen an die Grenze des Machbaren hochintegrieten Speicherprodukten.

Schon der Siemens-Halbleiterbereich war bezüglich Qualität und Anzahl seiner Erfindungen und Patente auf dem Gebiet der Halbleitertechnologie der wachsenden Konkurrenz aus den USA und Asien durchaus ebenbürtig. In den USA wurde die Halbleitertechnologie durch militärische Anwendungen sowie durch den verbissenen Konkurrenzkampf auf dem Gebiet der Raumfahrt von staatlicher Seite großzügig unterstützt. Auch in Asien erkannte man das zukünftige Potential der Halbleitertechnologie, darum die von Herrn Büschemann dargelegten großzügigen Subventionen der asiatischen Staaten. Dagegen nehmen sich die heimischen aber auch europäischen Subventionen mehr als dürftig aus. Gemessen an den z. Zt. von der Finanzwelt massiv geforderten und bereitgestellten Bürgschaften für sog. 'notleidende' - bzw. 'in Schieflage' geratene Banken, stellen die Bürgschaften und Subventionen für Hochtechnologie-Schlüsselindustrien ein Butterbrot dar.

Bezüglich der Managementfehler braucht die Halbleiterindustrie den Vergleich mit der Finanzwelt gewiss nicht zu scheuen. In den vergangenen Monaten wurden 'notleidende Schieflagen' der Banken scheibchenweise präsentiert, zum Schaden der gesamten Weltwirtschaft und nicht nur eines Hochtechnologiezweiges. Nach wie vor stellt die Halbleitertechnologie eine Schlüsselindustrie dar. Bezüglich des Rationalisierungsdrucks in der Halbleiterindustrie wurde ein Vergleich mit der Autoindustrie angestellt, der besagt, dass in den 1980er Jahren ein Auto für DM 5,- , bei gleichem Rationalisierungseffekt, zu haben wäre. Wenn Züge sanft und kraftvoll durch die Lande ziehen, wenn die Energieeinsparung (Licht, Haushalt, Auto, Industrie, usw.) weiterhin ernst genommen werden soll, wenn an die Sicherheit im Chipkartenbereich (z.B. Bargeldabhebung) sowie bei der Datenübertragung ganzer Netze immer höhere Anforderungen gestellt werden, dann stellt die Halbleiterindustrie die zugehörigen hochkomplexen Produkte dafür zur Verfügung.

Unter den international ungleichen Subventionsbedingungen komme ich keineswegs zu dem Schluss, dass "das Abenteuer Quimonda" beendet werden müsste. Von dem damit verbundenen finanziellen Desaster der Tausenden von hochqualifizierten Mitarbeitern ganz zu schweigen. Wahrlich, ein leichtfertiges Urteil.

Uwe Marx, München

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