28. Februar 2009:Polen, Familienpolitik und Quecksilber

Lesezeit: 6 min

SZ-Leser über die Diskussion um Erika Steinbach, das Verbot von Quecksilber und Deutschlands putzige Familienpolitik.

Zur Berichterstattung und Kommentierung über die Berufung der Vorsitzenden des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, in das Kuratorium der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" schreiben Leser:

Seit den Neunziger Jahren sind Thermometer quecksilberfrei. (Foto: Foto: dpa)

"Polen ist offensichtlich noch nicht so weit, eine Stiftung 'Flucht, Vertreibung, Versöhnung' als eine völkerverbindende Gemeinschaftsaufgabe anzunehmen, sondern möchte weiterhin das Täter-Opfer-Klischee pflegen. Versöhnung ist keine Einbahnstraße, sondern stets für beide Seiten ein beschwerlicher Weg der Annäherung. So lange aber die polnischen Verantwortlichen diesen Weg als Einbahnstraße ansehen und aus populistischen, innenpolitischen Gründen die Verantwortlichen in Deutschland diffamieren, sollte man lieber auf diese Stiftung und den damit verbunden Kosten verzichten."

Egbert Stecher, Göttingen

Mahnung für die Nichtvertriebenen

"Mit dem Gedenken an Flucht und Vertreibung von weit über zwölf Millionen Deutschen sowie an die etwa zwei Millionen deutschen Vertreibungstoten haben nicht nur die Vertreiberstaaten Polen und Tschechien Schwierigkeiten, sondern auch die allermeisten der nichtvertriebenen Deutschen. Möchten diese doch nicht gerne daran erinnert werden, dass die Hauptlast für die Untaten des Nationalsozialismus den Vertriebenen aufgebürdet wurde und ein einigermaßen gerechter 'Lastenausgleich' nicht stattgefunden hat.

Die geplante 'Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung' sollte deshalb vor allem die nichtvertriebenen Deutschen stetig an das gemahnen, was sie nicht zu erdulden hatten: nämlich Entrechtung, Enteignung, Vertreibung und entwürdigende Behandlung in der Zwangsheimat Restdeutschland.

Dem dreizehnköpfigen Stiftungsrat sollen nur drei Vertreter des BdV angehören. Das ist für die Organisation der Opfer, um die es bei der Stiftung eigentlich geht, wenig genug. Es wäre ein Treppenwitz der Geschichte und für die Vertriebenen die ultimative Form der Beleidigung, wenn dazu nicht die Initiatorin des Projektes, Erika Steinbach, gehören würde."

Dr. Walter Kreul, Germering

Einen Rat für den Außenminister

"Unser geschätzter Außenminister wäre gut beraten, sich beim ersten Nachkriegs-SPD-Vorsitzenden Kurt Schumacher Rat zu holen, der 1951 sagte: 'Dadurch, dass man einen alliierten (polnischen) Wunsch vorbehaltlos bejaht, macht man noch keine positive Außenpolitik. Deutsche Nachgiebigkeit gegenüber alliierten (polnischen) Zumutungen macht weder die Deutschen noch die Alliierten (Polen) zu Europäern.'"

Rolf-Helmut Pfeiffer, München

Moralisch und legitim

"Daniel Brössler hat Recht, wenn er von einer letztlich nachrangigen Personalentscheidung in Bezug auf eine mögliche Berufung von Erika Steinbach in den Stiftungsrat, spricht; es ist aber trotzdem keine rein technische Frage, wenn es darum geht, eine klaffende Lücke im Deutschen Geschichtsbewusstsein nicht größer werden zu lassen; es geht nämlich durchaus um die Würdigung von mehr als zwei Millionen Toten beziehungsweise ermordeten Frauen und Kinder im Rahmen von Flucht und Vertreibung (von insgesamt mehr als zwölf Millionen Menschen).

Übrigens hat dies vor allem stattgefunden nach Beendigung des Krieges. Hier hat nun einmal der BdV das moralische und legitime Recht einer Berücksichtigung."

Dr. Thomas Harbich, Kaufering

Merkel in der Zwickmühle

"Es ist sehr verdienstvoll, dass Thomas Urban über die Kampagne aufklärt, die in Polen gegen die Vorsitzende des BdV, Erika Steinbach, geführt wird. Was veranlasst Herrn Bartoszewski, der in Deutschland mit Orden und Lob überschüttet wurde, eine derartig feindliche Position gegenüber Frau Steinbach einzunehmen?

Leider schließen sich SPD, Grüne und FDP dieser ehrverletzenden Kampagne an und drängen darauf, Frau Steinbach den Eintritt in den Beirat der Stiftung 'Zentrum gegen Vertreibungen' zu verwehren, obwohl sie das Zentrum mit initiiert und mit erkämpft hat. Und die Kanzlerin, Parteifreundin Frau Steinbachs, schweigt zu alledem.

Was den Außenminister betrifft, so drängt er Frau Merkel dazu, Farbe zu bekennen, weil er sich offenbar dadurch Vorteile für den Wahlkampf verspricht. Versperrt sie nämlich Frau Steinbach den Zugang zum Beirat der Stiftung, so würde sie die Unionsparteien in einen Konflikt untereinander stürzen. Unterstützt sie dagegen die Kandidatur Frau Steinbachs, so könnte man ihr lauthals vorwerfen, sie beschädige die deutsch-polnischen Beziehungen. Was immer sie täte, sie würde Anhänger verlieren."

Peter Schöber, Bielefeld

Dreister Angriff aus dem Ausland

"Frau Steinbach in den Stiftungsrat des 'Sichtbaren Zeichens' der Erinnerung an Flucht und Vertreibung zu berufen, das sei so als wenn "der Vatikan den Holocaust-Leugner Bischof Williamson zum Bevollmächtigten für die Beziehungen zu Israel ernannt hätte", so W. Bartoszewski, Beauftragter der polnischen Regierung für die polnisch-deutschen Beziehungen.

Und unser Außenminister? Auf die Idee, dass die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen vielleicht Anspruch gerade auf seinen Schutz gegen einen nicht nur geschmacklosen, sondern infamen (und dreisten) Angriff aus dem Ausland, sprich aus der Schmuddelecke des polnischen Steinzeit-Nationalismus haben könnte, kommt Herr Weichmeier offensichtlich gar nicht erst. Armes Deutschland!"

Andreas Gizewski, Großhansdorf

Warum sollte Polen Frau Steinbach mögen?

"Die Angriffe auf Erika Steinbach sind fest mit deren Handeln und Tun verbunden. So sie stimmte gegen die Anerkennung der Oder-Neisse-Grenze, der Grundlage für deutsch-polnische Beziehungen.

Des Weiteren verlangte sie eine Entschädigung für die Vertriebenen und unterstützte zumindest in der Anfangsphase die Vorhaben der Preußischen Treuhand. Sie sprach von einer Blockade des Beitritts Polens zur Europäischen Union. Warum sollte man in Polen ein positives Bild von Erika Steinbach haben?"

Dr. Robert Friedl, Düsseldorf

An Vertreibung selbst schuld

"Kann denn niemand dieser Frau Steinbach endlich mal klar machen, daß wir Deutschen von damals, sei es im Sudetenland, in Schlesien, oder anderswo schon vor 1933 den Hitler herbeigesehnt und erst recht während der Zeit des 'Dritten Reichs' mit Heil-Geschrei und Jubel begrüßt haben und deshalb selbst schuld daran sind, daß Millionen Deutsche aus dem Osten vertrieben und unsere Städte zu Schuttbergen gebombt wurden?

Keiner von uns 'ehemaligen Volksgenossen' kann sich da mit einem 'hätten wir das gewusst' heutzutage heraus reden. Schließlich standen die Ursachen für den Krieg und die spätere Vertreibung schon seit dem Jahr 1923 in Hitlers Buch 'Mein Kampf' und in den Jahren 1933 bis 1945 verkündeten er und der Josph Goebbels dann Alles noch einmal unüberhörbar und unaufhörlich über die deutschen 'Volksempfänger'-Radios."

Karl-Heinz Klaiber, Würzburg

Ein schwieriges Element

"Die vernünftige Strategie einer wo immer möglichen Vermeidung der Nutzung von Quecksilber ( 'Das gefährliche Element', 20. Februar) hat sich von Skandinavien ausgehend in den letzten Jahren zur Forderung nach einem Verbot gesteigert.

Aber die Fragwürdigkeit öffentlichkeitswirksamer Radikalmaßnahmen ist etwa an dem seit vielen Jahren in Schweden geforderten gesetzlichen Amalgamverbot zu beobachten, wo das Material aus wohlüberlegten zahnmedizinischen Gründen bis heute verwendet wird.

Parallelen und Widersprüche zeigt der Vergleich mit CO2. Beide stammen aus denselben Energiequellen und nehmen daher mit der gleichen zivilisatorischen Zwangsläufigkeit zu. Aber anstelle eines utopischen Verbots wie bei Quecksilber verfolgt die Politik bei CO2 eine vernünftigere Variante, nämlich die stufenweise Verminderung, soweit es die technischen Möglichkeiten zulassen.

Wenn auch noch so sehr erwünscht, keine Legislative vermag die Einrichtung einer Leerstelle bei der Ordnungszahl 80 im Periodensystem. Dagegen kann ein kritischer und informierter Umgang mit Quecksilber dessen Nutzen im Falle einer notwendigen Verwendung erhalten."

Prof. Dr. Stefan Halbach, Prien

Gefährliche Impfstoffe

"Etwa die Hälfte aller Impfstoffe enthält heute noch Ethyl-Quecksilber (unter den Handelsnamen Thiomersal oder Thimerosal). Eine gute Hälfte der Impfseren enthält bestimmte Aluminiumsalze.

Dies ist eine katastrophale Situation, denn Aluminium verletzt die Blut-Hirn-Schranke, spaziert ungeniert ins Gehirn hinein und zieht mit sich das Quecksilber (beide sind neurotoxisch und reichern sich im Gehirn an).

Quecksilber, eingespritzt in junge Menschen, die ohnehin schon schwer Quecksilber-belastet zur Welt kommen, stellt eine der explosivsten Zeitbomben der Weltgesundheit dar. Die beiden Metalle gehören sofort, auch in Impfstoffen, verboten."

Colette M. Welter, Hamburg

Zement ohne Gift

"'Auch in anderen Industriebereichen ist es schwierig, auf den Einsatz von Quecksilber zu verzichten, etwa bei der Herstellung von Zement...' - mit Erstaunen habe ich dieses Zitat von Franz Slemr vom Max-Planck-Institut in Mainz gelesen.

Als ehemaliger Mitarbeiter des Deutscher Zementwerke e.V. frage ich mich, ob ich in 18 Jahren Berufserfahrung bei der Zementerzeugung irgendeinen Verfahrensschritt verpasst habe. Zumindest hatten alle Zemente, bei deren Produktion ich dabei war, diesen Schritt nicht erfordert.

Aber vielleicht ist das der Grund dafür, dass die daraus hergestellten Bauwerke nicht wie Energiesparlampen aufleuchteten, wenn ich darin mit Handy telefonierte."

Dr. Frank Söllenböhmer, Gevelsberg

Deutschlands Kinder

"Die deutsche Geburtenrate liege jahrzehntelang konstant bei 1,3 Kindern pro Frau, heißt es in 'Rezepte mit erfreulichen Nebenwirkungen' (17. Februar). Die Geburtenraten lagen 1955 auf dem Gebiet der alten Bundesländer bei 2,1 und auf dem Gebiet der neuen Bundesländer bei 2,4 Kindern pro Frau.

Diese Geburtenraten sind seit Jahrzehnten auf einen Wert von 1,3 bis 1,4 gesunken. In den letzten Jahren hat sich die Geburtenrate in den neuen Bundesländern der in den alten Bundesländern angenähert, so dass die gesamtdeutsche Geburtenrate minimal gestiegen ist, aber immer noch zu den niedrigsten Geburtenraten der Welt zählt.

Damit ist die Bevölkerung geschrumpft, was jedoch ausgeglichen wurde durch eine große Zahl von Einwanderern. Viele sind als Spät-Aussiedler sofort eingebürgert worden, sodass der Ausländeranteil in Deutschland konstant geblieben ist. Männer mit einfachem Bildungsabschluss, deren Selbstbild Sie nicht ohne Hochmut kritisieren, sind körperlich hart arbeitende Alleinverdiener.

Ihre Frauen haben kaum einen höheren Bildungsabschluss, arbeiten stundenweise und versorgen noch drei Kinder, die nicht ständig in Kindergärten und Schulhorten beaufsichtigt werden können, weil sie auch mal krank werden oder die Erzieher Ferien haben. Teilzeit für Väter, die Sie so propagieren, sind Probleme von Besserverdienenden."

Roy Hardin, Köln

Putzige Familienpolitik

"Felix Berth jubelt geradezu darüber, dass sich in Deutschland immer mehr Männer der Erziehungsarbeit widmen. Aber ist die Entwicklung wirklich so grandios? Ein genauer Blick auf die Zahlen liefert ein nüchterneres Bild: Von Januar 2007 bis Juli 2008 wurden für die im Jahr 2007 geborenen Kinder 752000 Anträge auf Elterngeld gestellt. 103000 Anträge oder 14 Prozent wurden von den Vätern gestellt.

Dass aber zwei Drittel der männlichen Antragsteller nur das gesetzliche Minimum von zwei Väter-Monaten buchten, zeigt die Verhältnisse schon realistischer. Und dass von den verbleibenden 36000 Vätern gerade mal 13000 ein volles Jahr zu Hause blieben, verdeutlicht, wie putzig die neue Familienpolitik in Wahrheit ist. Nur diese 13000 sind echte 'neue Väter'."

Martin Schneider, Augsburg

© SZ vom 28.02.2009/brei - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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