25. März 2009:Die gute alte Bahn

Lesezeit: 4 min

Auch staatliche Züge können modern und effizient betrieben werden, wie das Beispiel der Schweizer Bundesbahn zeigt.

Zum Kommentar " Die schlechte alte Bahn" (17. März) schreiben Leser:

Im Bild: ein Schaffner der Deutschen Bahn mit roter Kelle am Hauptbahnhof von Köln vor einem ICE. (Foto: Foto: AP)

"Die moderne Staatsbahn ist besser: Es ist die alte Leier, die in der Süddeutschen Zeitung gespielt wird: Die gute Privatwirtschaft einerseits und die schlechte und ineffiziente Staatswirtschaft andererseits. Das ist pure neoliberale Ideologie, denn die Realität wird ausgeblendet, weil sie wohl nicht gern gehört oder gelesen wird.

Finanz- und Wirtschaftskrise zeigen nämlich das klägliche Scheitern der neoliberalen Träume, wofür die Bürgerinnen und Bürger mit Milliarden Euro geradestehen müssen. Es geht bei der Bahnreform um die soziale Marktwirtschaft, nicht um neoliberalen Kapitalismus. Soziale Marktwirtschaft kombiniert starke, vor allem mittelständische Privatwirtschaft mit ergänzender staatlicher Gemeinwirtschaft.

Die moderne und effiziente Staatsbahn im öffentlichen Eigentum ist möglich, das zeigt etwa die Schweizer Bundesbahn SBB. In Deutschland gibt es Hunderte städtischer Eigenbetriebe, die effizient und gut wirtschaften, zum Teil sogar mit Regiebetrieben des Öffentlichen Personennahverkehrs. Die staatliche DB-AG wird sich auch zukünftig im Wettbewerb gegen private Bahnunternehmen behaupten müssen.

Die Hauptbahnleistungen im Personenverkehr werden nämlich im regionalen Schienenverkehr gefahren, wo es bereits erfolgreiche Konkurrenten gibt. Im Fernverkehr hat die DB-AG ein natürliches Monopol, da ist weit und breit kein Wettbewerber in Sicht.

Gerade darum muss die staatliche Bahn gemeinwirtschaftliche Ziele verfolgen, die den Menschen nutzen, und eben nicht privaten Kapitalgebern, die ein privates Bahnmonopol auf dem Tablett serviert bekommen. Dann wird es nur noch Bahnverkehr auf den sehr profitablen Hauptstrecken geben und in den Ballungsräumen. Selbst kostendeckende Regionalbahnen fallen dann weg, die Bahn in der Fläche verschwindet. Das hat das Gutachten des Bundesrates klar gezeigt. Aber in der Fläche lebt etwa die Hälfte der deutschen Bevölkerung, die besonders zukunftsfähige Mobilität mit der Schiene braucht."

Gerd Blome, Sundern im Sauerland

Abkehr vom Börsengang - eine gute Nachricht

"'Gute Nachrichten' - das sind für Michael Bauchmüller einzig und allein noch Geschwindigkeitsrekorde von Güterzügen im Balkan und Zukäufe der Deutschen Bahn in Polen.

Eine der seit langem besten Nachrichten für die Bahnnutzer in Deutschland - nämlich dass der Verkehrsminister nun endlich von den DB-Börsengangsplänen abrückt - hält er dagegen für 'bedrohlich' und er bedauert das mögliche Scheitern des geplanten 'Kunstgriffs, den Einfluss des Staates (auf die Bahn) einzudämmen'.

Von Kunstgriffen dieser Art, die die Welt in 30 Jahren neoliberaler Verblendung in den finanziellen Ruin getrieben haben, haben die Bürger nun wahrlich genug. Und der Kunstgriff Bahnprivatisierung war niemals etwas anderes als der Versuch, die jahrzehntelange Plünderung öffentlichen Eigentums auch bei der Bahn fortzusetzen und staatliche Subventionen in großem Stil in die Hände privater und ausländischer Investoren zu leiten - zum Schaden von Millionen Bahnkunden und einer umweltverträglichen Verkehrsentwicklung in Deutschland.

Die Bahnspitze, die sich 'Anfeindungen' auszusetzen hat, findet offenbar das mitleidende Verständnis des Autors. Wo bleibt sein Mitleid mit den gebeutelten und verprellten Bahnkunden, denen Jahr für Jahr weiter ausgedünnte Fahrpläne, weniger Fernverkehr, verschlechterte Anschlüsse, verweigerte Service-Leistungen, geschlossene Bahnschalter, erhöhte und komplizierte Bahntarife zugemutet werden - alles Sparmaßnahmen, mit denen Herr Mehdorn (hier pflichte ich dem Autor bei) 'das Unternehmen bedingungslos auf den Börsengang getrimmt' hat?

Ja, diese Bahnspitze gehört endlich abgelöst und mit ihr eine jahrzehntelange verfehlte Verkehrspolitik, die sich an den Profitinteressen von Unternehmern und Investoren statt an den Mobilitätsbedürfnissen der Bürger orientierte, einseitig den Auto- und Luftverkehr begünstigt und die selbst propagierten Umwelt- und Klimaziele konterkariert hat.

Dass es auch anders gehen könnte, zeigt die überaus erfolgreiche, staatliche Schweizer Bundesbahn, die mit einem Bruchteil der Subventionen und im friedlichen Wettbewerb mit vielen kleinen eigenständigen Teilnetz-Betreibern die Bürger in der Fläche abholt, mit optimal abgestimmten Angeboten sicher und schnell ans Ziel bringt und damit mehr als doppelt so viel Zuspruch erntet als die Bahn hierzulande."

Prof. Dr. Wolfgang Hesse, Marburg

Flotte Gehaltserhöhungen

"Um zu sehen, wie effizient eine private Bahn ist, muss man nicht 'verdammt weit reisen', sondern nur nach England. Besonders flott sind allerdings die Gehaltserhöhungen des Bahn-Vorstandes, seit dem Amtsantritt von Mehdorn sind die Bezüge für die acht Vorstandsmitglieder um dreihundert Prozent gestiegen."

Stéphane Vézina, Heidelberg

Irrwege der Vergangenheit

"Ein Kommentar, der das Ende der Privatisierungspläne der Deutschen Bahn AG bedauert, scheint die Fehlentwicklungen der vergangenen 15 Jahre noch nicht recht verstanden zu haben. Wenn sogar hochrangige US-Manager und Wirtschaftstheoretiker wie ein Jack Welch die Shareholder-Politik der letzten Jahre als Irrweg bezeichnen, sollte doch die Bahnpolitik eines Herrn Mehdorn mit demselben Maßstab gemessen werden.

Wir Bahnkunden haben die Auswirkungen einer einseitigen Ausrichtung auf den Börsengang der Bahn in allen Facetten erlebt: Stilllegung von Tausenden Streckenkilometern, Verkauf und Verwahrlosung vieler Bahnhöfe auf dem Lande, Verrottung von Gleisanlagen und dazugehöriger Infrastruktur und Einsparung von notwendigem Personal, wodurch sich der Service extrem verschlechtert hat wie durch die Abschaffung einer Nachlösemöglichkeit von Fahrkarten im Zug. Man könnte die Liste beliebig verlängern.

Bei aller Kritik an den Zuständen der vom Kommentator gescholtenen 'alten Bahn' bleibt doch festzuhalten, dass die Deutsche Bahn seit ihrer Entstehung erfolgreich versucht hat, die Mobilität in ganz Deutschland zu verbessern, um damit einen wichtigen Beitrag zur staatlichen Daseinsfürsorge zu leisten.

Es ist ein zentraler Irrtum zu glauben, die Bahn müsse in erster Linie rentabel sein. Privatisierungen von staatlichen Einrichtungen haben stets bedeutet, dass die gewinnbringenden Teile herausgebrochen werden und die verlustreichen, weil sozialen Aufgaben, dem Steuerzahler aufgebürdet werden.

Die jetzige Finanz- und Wirtschaftskrise zeigt wieder eindeutig, dass letztlich immer der Steuerzahler die Zeche bezahlt. Aus diesem Grunde muss auch bei der Bahn eine Gesamtrechnung aufgemacht werden, bei der ihre gesellschaftliche Funktion im Mittelpunkt steht. Die wiedergewonnene staatliche Autorität sollte auf dem Gebiet der Eisenbahnpolitik einen klaren Schlussstrich unter die Privatisierungspläne ziehen, damit die Bahn wieder ihrer eigentlichen Aufgabe gerecht wird, für uns Bürger da zu sein."

Eduard Eben, München

© SZ vom 25.03.2009/brei - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: