22. April 2009:Die B-Frage

Lesezeit: 5 min

SZ-Leser über die Aufgabenverteilung zwischen Berlin und Bonn, eine Abrwackprämie für Waffen, die Gefahr von Arsen und Deutsch als Kultursprache.

Zum Beitrag " Berlin ohne Bonn" vom 15. April schreiben Leser:

Blick in den ehemaligen Plenarsaal in Bonn anlässlich der Eröffnung der 40. Kommandeurtagung der Bundeswehr 2005. (Foto: Foto: AP)

"In Ihrer Berichterstattung und Kommentierung zum 10. Jahrestag des Berlin-Umzuges verschwiegen Sie leider, dass der Umzugsbeschluss des Deutschen Bundestages vom 20. Juni 1991 nicht nur den Sitz des Parlamentes nach Berlin verlegte, sondern auch ausdrücklich die 'dauerhafte und faire Arbeitsteilung' zwischen Berlin und Bonn festgelegt hat.

Es heißt in dem Umzugsbeschluss wörtlich, 'dass Bonn auch nach dem Umzug des Parlaments nach Berlin Verwaltungszentrum der Bundesrepublik Deutschland bleibt, indem insbesondere die Bereiche in den Ministerien und die Teile der Regierung, die primär verwaltenden Charakter haben, ihren Sitz in Bonn behalten; dadurch bleibt der größte Teil der Arbeitsplätze in Bonn erhalten'.

Bundestagspräsident Norbert Lammert hat zu Recht daran erinnert, dass die knappe Berlin-Entscheidung 'nur zustande gekommen ist, weil eine Aufgabenteilung vereinbart wurde, die damals keineswegs vorübergehend gemeint war'.

Die Bundesregierung hat dem Haushaltsausschuss im vergangenen Jahr in einem sehr detaillierten Bericht nachgewiesen, dass die konkreten Ausgaben, die jährlich durch die im Berlin-Bonn-Gesetz festgelegte Aufteilung der Regierungsstandorte entstehen, bei lediglich 8,8 Millionen Euro liegen. Der Berlin-Umzug vor zehn Jahren hingegen hat rund zehn Milliarden Euro gekostet. Er betraf das Parlament und ungefähr die Hälfte der Mitarbeiter der Bundesregierung.

Selbst wenn man für den von manchen geforderten 'Totalumzug' nur die Hälfte dieser Summe - also fünf Milliarden Euro - ansetzen würde, würden allein die Zinsen für diesen 'Totalumzug' jährlich bei ungefähr 200 Millionen Euro liegen. Im Vergleich zu den jährlichen Ausgaben von 8,8 Millionen Euro spart der Steuerzahler also mehr als 190 Millionen Euro pro Jahr, weil es keinen Totalumzug gibt."

MdB Dr. Stephan Eisel, Bonn

Zeit für eine Hauptstadt-Klausel

"Glaubt denn der Autor wirklich, dass die Mehrheit oder auch nur zehn Prozent der in Bonn arbeitenden Ministeriumsmitarbeiter regelmäßig in die Hauptstadt 'jettet'? Und was würde beim Umzug der Rest-Ministerien nach Berlin mit den mehreren Tausend Bonner Mitarbeitern passieren?

Durch Personaltausch hat sich nämlich gefügt, dass dies überwiegend jene sind, die ihren Wohnsitz nicht nach Berlin verlegen möchten. Das Problem sind nicht die Spitzen der Ministerialbürokratie, sondern die vielen anderen Menschen, die eben auch in Bundesministerien arbeiten. Sollen die alle zwangsversetzt werden? Zahlt der Bund dann für das wöchentliche Heimjetten zur Familie nach Bonn? Zahlt der Bund für das möbilierte Zimmer in Berlin als Zweitwohnsitz?

Auf dem Bonner Immobilienmarkt werden die zur Zeit vom Bund noch belegte Büroflächen auch längerfristig wohl kaum zu vermarkten sein. Das aktuelle Spielchen, statt der Bundesministerien nachgeordnete Bundesbehörden nach Bonn zu beordern, wird man kaum weiterspielen können - zumal dies auch eher nicht der Kostensenkung dient. Wo die Einsparungen eines weiteren Großumzugs sein sollen, kann ich wirklich nicht erkennen. Ganz im Gegenteil: Die zweite Hälfte eines Umzugs von Bonn nach Berlin wird sich, da die Möglichkeiten des Personal- und Gebäudeausgleichs nun viel geringer sind als noch vor zehn Jahren, mit Sicherheit deutlich schwieriger gestalten.

Richtiger wäre es vielmehr, wenn die Ministerien eine Personalpolitik betreiben würden, die zu einer kontinuierlichen Verlagerung in Richtung Hauptstadt führt, und wenn alle neuen Arbeitsverträge für Stellen in Bonn mit einer Klausel versehen würden, die einen späteren Umzug nach Berlin auch ohne zusätzliche und außergewöhnliche Ausgleichsmaßnahmen mit einschließt."

Edmund Lauterbach, Unterschleißheim

Gefährlicher als Atommüll

"Die Nachricht über den Fund von Giftmüll im Atomendlager Asse ('497 Kilo Arsen unter Tage entdeckt', vom 16.April) ist interessant, sie könnte deutlich machen, wie absurd die ganze Aufregung um die Endlagerung des atomaren Mülls ist.

In der Asse lagern 88000 Tonnen schwachradioaktive Abfälle und rund 1000 Tonnen mittelradioaktive Abfälle aus den Anfängen der deutschen Atomwirtschaft. Heute kommen jährlich rund 8000 Tonnen schwach- und mittelaktive und 500 Tonnen hochaktive Wärme entwickelnde Abfälle hinzu. Diese Abfälle müssen zuverlässig von der Biosphäre ferngehalten werden.

Das gilt natürlich auch für alle chemisch giftigen Abfälle, wie die jetzt gefundenen 497 Kilo Arsen. Nur ist hier das Problem der Endlagerung seit langem gelöst. Von solchen und ähnlichen Abfällen der Kategorie 'gefährlich' sind in Deutschland jährlich mehrere Millionen Tonnen zu entsorgen, die gefährlichsten davon in Untertage-Deponien. Laut Statistischem Bundesamt waren dies 2006 118000 Tonnen, also in einem Jahr mehr als die gesamte über viele Jahre in Asse eingelagerte Menge. Für diese Abfälle stehen fünf Untertage-Deponien zur Verfügung. Die älteste, Herfa-Neuenrode, ist bereits seit 1972 in Betrieb.

Abfälle wie diese arsenhaltigen sind auch dann noch giftig, wenn die Radioaktivität des atomaren Abfalls schon lange abgeklungen ist. Wenn man sich dies vor Augen hält, ist die Aufregung um die Endlagerung der vergleichsweise geringen Mengen Atommüll nur noch schwer zu verstehen."

Christoph Barthe, Hamburg

Verspätete Schlacht

"Die Quellenlage ist eindeutig: Die Schlacht von Actium ('Kleopatras letztes Geheimnis', vom 17. April) zwischen Octavian, dem späteren Kaiser Augustus, und Mark Anton fand im Jahre 31 v. Chr. statt und nicht, wie bemerkt, 'im Jahre 30'. Das sind 61 Jahre Unterschied."

Dr. Horst Buhmann, München

Haarwuchs nach Chemotherapie

"Im Beitrag 'Ein neues Selbstbewusstsein' vom 16. April wird von einer Brustkrebspatientin berichtet, die auch drei Jahre nach Abschluss einer Chemotherapie noch immer eine Perücke braucht. So wird der Eindruck erweckt, eine Chemotherapie führe zu irreversiblem Haarverlust.

Tatsächlich wachsen die Haare aber innerhalb von Wochen bis einigen Monaten nach Beendigung der Chemotherapie wieder nach, ein dauerhafter Verlust der Haare kommt nur in Ausnahmefällen vor. Ich betreue seit sieben Jahren Krebspatientinnen in München und habe in dieser Zeit keinen einzigen solchen Fall erlebt.

Durch eine Chemotherapie seine Haare zu verlieren, ist schlimm genug - sich für immer von seinen Haaren verabschieden zu müssen, wäre noch viel schrecklicher."

Dr. Kerstin Hermelink, München

Abwrackprämie für Waffen

"Wenn ein nicht vorbestrafter Bürger Waffen erbt ( 'Entwaffnend unbürokratisch', vom 17. April), erhält er auch auf Antrag eine Waffenbesitzkarte. Dabei spielen sogar weder Anzahl noch Art der geerbten Waffen - eine Ausnahme bilden Waffen nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz wie etwa Handgranaten - keine Rolle.

Ein unbescholtener Erbe kann daher Dutzende Flinten, Gewehre, Pistolen und Revolver völlig legal besitzen. Die einzige Bedingung an ihn ist nur: Er muss die Waffen vorschriftsmäßig aufbewahren.

Nun stellt jede Waffe, ob sie vorschriftsmäßig aufbewahrt wird oder nicht, eine potentielle Gefahr dar, wie es Erfurt und Winnenden leider furchtbar beweisen mussten. Insofern ist es sehr löblich, wenn Kommunen anbieten, Waffen - vor allem illegale - einzusammeln und im Gegenzug darauf verzichten, den Besitzer strafrechtlich verfolgen zu lassen.

Das Problem sind aber auch und in besonderem Maße die legalen Waffen. Um letztere aus dem Verkehr zu ziehen, sollten die Innenminister eine Abgabeprämie in Betracht ziehen - zum Beispiel 300 Euro pro abgegebener Waffe. Denn es steht außer Frage, dass die Waffen eben auch einen Wert repräsentieren. Sie haben einfach irgendwann einmal Geld gekostet.

Der Staat, der sich die Abwrackprämie für Autos Milliarden kosten lässt, sollte einen Bruchteil hiervon als Abwrackprämie für Waffen in Erwägung ziehen, weil mit dieser Maßnahme potentiell Menschenleben gerettet werden."

Uwe Elfner-Mendyka, Berlin

Kulturweltsprache Deutsch

"Was Frau Kotremba (Leserbrief vom 16. April) vorschlägt, halte ich für keine gute Idee. Deutsch mag eine schwere Sprache sein, sie mag auf der politischen Bühne keine große Rolle spielen, aber sie ist immer noch eine Kulturweltsprache trotz des kulturellen Exodus zwischen 1933 und 1945.

Wenn unsere Kinder Deutsch im Unterricht nur noch als Exotensprache lernen sollten, woher soll dann ihre Liebe und die Beherrschung der deutschen Sprache kommen? Wenn Englisch dominierend vor Deutsch tritt, dann ist es nur eine Frage der Zeit, dass die deutsche Sprache verschwindet. Beispiele dafür gibt es ja reichlich, zum Beispiel die rätoromanischen Sprachen in der Schweiz.

Ja, sprachliche Vielfalt erschwert die Kommunikation - und ich mag als Übersetzer in diesem Punkt befangen sein -, aber sie ist auch der Motor der kulturellen Vielfalt. Und wollen wir darauf verzichten?

Ich als Wolgadeutscher weiß, was die erzwungene Aufgabe der kulturellen Identität für einen Menschen bedeutet: eine immerwährende verzweifelte, schmerzliche Suche nach einer neuen kultureller Heimat. Die darf man auf keinen Fall freiwillig aufgeben."

André Schönmaier, Leipzig

© SZ vom 22.04.2009/brei - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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