16. April 2009:Ein Team in desolatem Zustand

Lesezeit: 2 min

Wenige Stars und viele Mitläufer: Ist die falsche Personalpolitik des FC Bayern München schuld am Ausscheiden? SZ-Leser diskutieren.

"Mit jahrelang verfehlter Personalpolitik wie dem Verkauf der Klassespieler Piotr Trochowski, Paolo Guerrero, Zvjezdan Misimovic und Marcell Jansen und personeller Flickschusterei wie dem Erwerb des abgehalfterten Massimo Oddo hat es der FC Bayern geschafft, den seit langem fälligen Umbau der Mannschaft zu verdrängen - das 0:4 in Barcelona bestätigt den desolaten Zustand eines Teams. Jürgen Klinsmann hat als Trainer-Novize sicher handwerkliche Fehler gemacht - doch er muss wie sein Vorgänger Felix Magath ein Team trainieren, das aus wenigen echten Stars und vielen Mitläufern besteht.

Immer einen Schritt hintendran: Philipp Lahm und Franck Ribery verfolgen Barcelonas Star Lionel Messi. (Foto: Foto: AP)

Warum erhielten Magath und Klinsmann bei der Zusammenstellung des Spielerkaders keine wirklichen Gestaltungsfreiheiten? So wie Magath jetzt in Wolfsburg? Ganz zu schweigen von Arsene Wenger bei Arsenal. Schuld an der Misere sind vor allem der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge und Manager Uli Hoeneß, die es vorziehen, statt Trainer mit entsprechenden Kompetenzen nur Verwalter einer mittelmäßigen Truppe zu engagieren."

Carsten Henkens München

Nachwuchs statt Millionentransfers

"Die Katastrophe von Barcelona hat eines deutlich gezeigt: Die Millioneneinkäufe der Bayern sind im Vergleich zu den Barça-Stars nur zweitklassig. Das viele Geld, das Uli Hoeneß für Franck Ribéry und Luca Toni ausgegeben hat, war offensichtlich immer noch zu wenig. Daran kann auch Klinsmann nichts ändern. Als Konsequenz sollte der FC Bayern sich auf seine Nachwuchsarbeit konzentrieren. Insofern könnte der FC Barcelona dann doch ein Vorbild sein. Und im UEFA-Cup kann man auch Geld verdienen."

Peter Bläsing Bollendorf

Untergang mit Happy End?

"Von existenzieller Krise und Untergang ist die Rede, Angst und Bange werden könnte einem, würde man sich nicht an ähnliche Situationen erinnern. Wie etwa im Frühjahr 1996, als der Untergang des FC Bayern unter Rehagel prophezeit wurde. Ähnlich 2001 nach der Niederlage in Lyon. Beide Male gewannen die Bayern trotzdem den Europacup. Und seitdem weitere 21 Titel."

Gerd Steiner München

Erwartungen, die nicht zu erfüllen sind

"Wie verkommen der Fußball ist, zeigt sich am Beispiel des Trainers von Bayern München - Jürgen Klinsmann. Von ihm wird gefordert, Supermann zu sein, also in allen Wettbewerben Champion, im Abonnement Meister und Pokalsieger. Aber zwei Spiele genügen, um Krise zu schreien. Medien verstärken das Geschrei.

Es zählt nicht mehr, dass der FC Bayern zu den besten acht Mannschaften in Europa gehört, und nicht, dass er an zweiter Stelle der Liga steht. Es gibt keinen Blick auf die Realität, in der man gewinnt und verliert. Fußball ist sowohl Planung als auch Zufall und wird von Menschen gespielt und nicht von Robotern. In Barcelona zu verlieren, ist keineswegs eine Schande, denn Barcelona hat eine der besten Fußball-Mannschaften der Welt.

Guckt man genau hin, ist jeder Trainer bei Bayern gescheitert, weil es unmöglich ist, die Erwartungen zu erfüllen. Erinnert sei an Udo Lattek, Otto Rehagel, Felix Magath, auch Ottmar Hitzfeld, der als Feuerwehrmann zurückgeholt wurde, als die Verantwortlichen erkannten, dass er seine Sache besser gemacht hatte, als sie wahrgenommen hatten. Bayern wird auch in Zukunft neue Trainer holen - und sie werden in dieselbe Hölle absurder Illusionen geraten. Sie alle werden an der Wirklichkeit scheitern, die man im Verein nicht wahrhaben will."

Prof. Dr. Roland Günter Oberhausen

© SZ vom 16.04.2009/sus - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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