04. Mai 2009:Münchens zweite Liga

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Millionen für mittelmäßige Spieler statt Förderung junger Talente: SZ-Leser diskutieren zum Rauswurf von Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann.

"Gescheitert ist nicht nur Klinsmann, sondern auch die Mannschaft, die in ihrer derzeitigen Zusammensetzung zu besseren Leistungen nicht mehr fähig ist. Und gescheitert ist vor allem der ausgebrannte Vorstand. Hoeneß und Rummenigge (wie er zu diesem Posten kam, ist ein Bayern-Rätsel) sollten endlich dem Dampfplauderer Franz Beckenbauer ins Austragsstüberl folgen. Doch geradezu devot liegt die Münchner Sportpresse Hoeneß und Rummenigge weiter zu Füßen. Die werden also weiter wursteln, Talente wie Jansen und Kroos ziehen lassen, dafür für teures Geld Kicker wie den Durchschnittsfußballer Borowski oder den abgehalfterten Weltmeister Oddo verpflichten."

Als die Münchner Fußballwelt noch in Ordnung war: Ex-Trainer Jürgen Klinsmann im April beim Dauerlauf mit der Mannschaft vom FC Bayern. (Foto: Foto: getty)

Peter Kühn München

Dem Boulevard ein Stück näher gekommen

"Egal wie man zum Fußball steht, der Trainerwechsel bei einem Fußballclub ist kein weltbewegendes Ereignis. Es gibt Dinge aus der Welt des Sports, die in den Sportteil gehören, wozu dieser ja da ist. Wieder einmal wurde dem Unterhaltungsbedürfnis dem gelangweilten Teil Ihrer Leserschaft Rechnung getragen und dem Boulevard ein Stück näher gerückt. In einer Zeit, in der globale Ereignisse den Planeten ins Schwitzen bringen, kann einem der Werdegang eines Fußballvereins egal sein. Dass die Frankfurter Allgemeine heute ins gleiche Horn stößt, wirft ein fahles Licht auf Nivellierung- und Verflachungstendenzen in der Presselandschaft."

Georg Wanke Freiburg

Hasenfüßig und inkonsequent

"Dieser Wechsel ist ein Offenbarungseid. Nicht von Klinsmann, sondern von der Bayern-Führung. Haben sie sich Anfang der Saison aufgemacht in Richtung Europas modernem Fußball, so waren diese Herren und auch die Spieler auf der halben Wegstrecke zu kleinmütig, um Klinsmanns Weg weiter mit zu gehen. Jetzt soll ein abgehalfterter Trainer retten, was noch zu retten ist: Den lahmen Gäulen in den Hintern treten - für die Qualifikation in der Champions-Leage. Das kann er, dafür ist, war er berühmt.

Diese Personalie ist nicht nur ein Rückfall in die Fußball-Steinzeit, sondern gleichzeitig ein weiteres bedauernswertes Zeugnis für die Kompetenz in der Führungsetage des FC Bayern München. Leider macht diese den Verein nun auch noch - über das Sportliche hinaus - international lächerlich. Hasenfüßig und inkonsequent sind sie ihren alten Pfaden gefolgt: Früher entlassene und dabei gedemütigte Trainer werden nach Jahren wieder verpflichtet. Freuen wir uns also auf eine erneute Trainerschaft von Klinsmann beim FC Bayern München in einigen Jahren. Doch Voraussetzung wäre: Die bisherige Führungsriege ist noch am Ruder - und Klinsmann würde ein ganz normaler Trainer, der bereit ist, sein Gesicht zu verlieren. Beides darf und wird nicht passieren."

Dr. Hans Gerd Reiter Weitersweiler

Machtspiele statt Spiele

"Es zeigt schon eine gehörige Portion Arroganz, einen Trainer zu entlassen, obwohl man auf dem 3. Tabellenplatz steht und mit einem Spiel die Führung übernehmen kann. (Bei den Bayern hat das Tradition; Otto Rehagel wurde entlassen, als der Verein auf dem 2. Platz stand.) Die Erklärung der Vereinsführung zum Rauswurf von Jürgen Klinsmann ist entlarvend: Es sei ihm nicht gelungen die Liga zu dominieren.

Das genau macht die Bayern so unsympathisch, dass sie nicht nur gewinnen, sondern dominieren wollen. Was ihnen auf dem Platz nicht gelingt tun sie mit Psychospielchen, Lockangebote und durch eine destruktive 'Wegkauf-Politik' bei Vereinen die ihnen gefährlich werden könnten. Diese Art von Dominanzstreben wie sie der FC-Bayern seit Jahren demonstriert, läuft dem sportlichen Gedanken des Fairplays entgegen und ist eine der Gründe, warum der deutsche Fußball im internationalen Vergleich relativ schlecht aussieht."

Franziskus Wendels Köln

Vorstand ohne Schuldgefühle

"Wer hat eigentlich den aktuellen Kader von Bayern München zusammen gekauft? Doch wohl der aktuelle Vorstand, der aber für die Bayern-Misere keine Verantwortung trägt; Schuld kennt er gar nicht. Der Kader ist einfach zu durchschnittlich mit einer Reihe von Spielern besetzt, die teilweise völlig überschätzt werden: Rensing, Lell, Oddo, Ottl, van Bommel, Borowski, Toni.

Es glaubt doch keiner, dass etwa ein Top-Trainer wie Arsene Wenger ausgerechnet nach München geht, wo ihm einer wie Uli Hoeneß nicht nur auf der Bank immer dazwischen quatscht. Der erfolgreiche Manager Hoeneß hat überhaupt keine Reputation als Trainer oder Berater; dies gilt für seine Vorstandskollegen genauso. Der Fisch stinkt nämlich immer zuerst am Kopf. Aber träume schön weiter Bayern München, die Bundesliga freut sich!"

Manfred Jaeger Kamen

Der neue Messias

"Der FC Bayern war für Klinsmanns Philosophie von Fußball einfach noch nicht reif. Deshalb war es vom 'Hosianna!' bis zum 'Kreuzige ihn!' nur ein kleiner Schritt. Jetzt steht der FC Bayern vor einem Scherbenhaufen. Ich persönlich halte deshalb den 'blonden Engel' Bernd Schuster für den neuen Messias des FC Bayern."

Roland Klose Bad Fredeburg/Hochsauerland

© SZ vom 04.05.2009/sus - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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