03. Juni 2009:Wo wirklich getrickst wird

Lesezeit: 2 min

Ist die Aufregung um PR-Arbeit bei der Bahn übertrieben? Arbeiten andere Branchen nicht mit rüderen Methoden? SZ-Leser diskutieren.

Waisenknaben der PR

Ist die Aufregung über die PR-Arbeit der Bahn übertrieben? SZ-Leser diskutieren. (Foto: Foto: ddp)

"Die Aufregung über die PR-Arbeit der Bahn ist schlicht naiv. Auch die Höhe des Etats für die Manipulation der Öffentlichkeit auf den möglichen Kanälen lässt mich nur die Schultern zucken. Kurz gesagt: 'Cosi fan tutte'. Dagegen würden einem Schauer über den Rücken laufen, wenn man die PR-Aktivitäten von Problembranchen wie Pharma, Zigarette, Waffen kennte.

Die Telekom hat in den Zeiten des früheren PR-Chefs Kindervater unfreundliche Berichterstattung mit Anzeigenentzug bestraft. Helmut Thoma, seinerzeit Geschäftsführer von RTL, und ich haben es am eigenen Leibe erlebt. Wir wurden zitiert und gebeten, die Verhohnepipelung der Telekom in der Sendung 'Wie bitte' abzustellen. Und das war nur ein Fall von Erpressung. Es gibt seriöse Firmenkommunikation und üble Schleichwerbung. Die Presse muss sich dieses Problems bewusst sein. Im Vergleich zu den PR-Praktiken in den USA sind wir hier jedoch noch Waisenknaben."

Peter Hoenisch Bonn

Forschung im Auftrag der Industrie

"Schön, dass Sie die Tricks von Firmen und Organisationen brandmarken, die versuchen, durch PR-Botschaften die Öffentlichkeit zu manipulieren. Als Beispiele führen Sie auch Leserbriefe an. Doch vielleicht sollten Sie auch selbst Leserbriefe überprüfen, ob sie nicht mit eindeutiger PR-Absicht an die SZ geschickt wurden. Das scheint mir bei 'Vier Gründe gegen ein Verbot' vom 25. Mai der Fall zu sein. Inhaltlich geht es um eine von der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Sabine Bätzing, geforderte Einschränkung der Werbung für Alkohol - nicht gerade das, was die Werbeindustrie begrüßen würde.

Als Kronzeugen für seine Argumentation führt der Autor den Bonner Psychologieprofessor Reinhold Bergler an. Auch hier hilft ein Blick ins Internet: Unter der Adresse www.sfa-ispa.ch/DocUpload/gegen.pdf findet sich eine Gegendarstellung zur genannten Expertise des Professor Bergler. Außerdem wird ersichtlich, wer hauptsächlich Auftraggeber des Bergler-Instituts war. Seine Studien beschäftigen sich im wesentlichen mit 'Heimtieren'. Dies ist ein Begriff, den die Tierfutter-Industrie seit langem lanciert. Üblicherweise spricht man von 'Haustieren', nicht so Prof. Bergler, der im Auftrag der Futterproduzenten forschte. Diese Industrie ist wiederum ein Großkunde der Werbewirtschaft."

Rüdiger Bloemeke Hamburg

TV-Sender mit wenig Distanz

"Wer sich beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen noch einigermaßen sicher fühlte, muss wohl auch umdenken. Das ZDF-Magazin Wiso, Inbegriff kritischer Verbraucherinformation und unabhängiger Berichterstattung, wirbt im Manager Magazin mit einer ganzseitige Anzeige um Kunden: Der Wiso-Redaktionsleiter steht mit einer Vertreterin der Deutschen Bank am ZDF-Redaktionstisch.

'Ihre Marke fühlt sich wohl bei uns, weil Vertrauen sich auszahlt', verspricht in dicken Lettern das ZDF. Mehr noch: Wiso bietet seinen Werbepartnern 'optimale Planungssicherheit'. Echt klasse! Da gibts Vertrauen für Geld! Aber bloß nicht gleich die GEZ-Zahlung kündigen! Das ZDF ist kein von kommerziellen Interessen geleitetes Privat-TV: 'Das ZDF achtet hingegen auf eine nachvollziehbare Unterscheidbarkeit zwischen Werbung und Programm.'"

Manfred Krautter Hamburg

© SZ vom 04.06.2009/sus - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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