Wintersport:Mit der Seilbahn auf die Winklmoosalm

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Schweben statt pendeln: Statt mit dem Skibus sollen die Touristen von 2009 an auf bequeme Weise ins Skigebiet gelangen.

Heiner Effern

Touristen kennen die Situation nur zu gut: Ein Nahkampf mit schweren Stiefeln, spitzen Stöcken und scharfen Kanten eröffnet seit Jahrzehnten den Skitag auf der Winklmoosalm. Die Besucher müssen am Parkplatz ihre Sportgeräte möglichst schnell im Skiständer eines Busses verstauen, die kurvige und steile Bergstrecke ohne Magenkrämpfe überstehen und oben in Ellbogenschlagdistanz zum Nachbarn ihre mittlerweile verkeilten Ski flott wieder aus dem Ständer zerren. Erst dann können sie an der Talstation des ersten Lifts in die Bindung schlüpfen.

Bisher ist das Skigebiet Winklmoosalm von Seegatterl aus nur mit dem Skibus erreichbar. (Foto: Foto: Skilifte Winklmoos)

Das soll alles anders werden: Nach jahrelangen Verhandlungen haben die Gemeinde Reit im Winkl (Kreis Traunstein), die Almbauern als Grundbesitzer und ein Investor aus Tirol Verträge für den Neubau einer Seilbahn vom Parkplatz Seegatterl auf die Winklmoosalm unterschrieben: Dort ist der Ausgangspunkt für ein beliebtes und schneesicheres Skigebiet.

Die Familie Brandtner aus Waidring in Tirol, Besitzer des Skigebietes Steinplatte, das auf österreichischer Seite an die Winklmoosalm anschließt, will dafür zwischen zehn und zwölf Millionen Euro ausgeben. Der offizielle Antrag zum Bau soll dieses Frühjahr im Landratsamt Traunstein eingehen.

Nicht nur Junior-Chef Andreas Brandtner hofft, dass schon Weihnachten 2009 die Skifahrer mit der Seilbahn auf die Winklmoosalm schweben können. "Für uns beginnt eine neue Zeit im alpinen Skisport. Die jetzigen Zustände entsprechen schon lange nicht mehr den Anforderungen", sagt der Reit im Winkler Bürgermeister Fritz Schmuck (Freie Wähler).

Harte Geduldsprobe

Schon vor dem offiziellen Genehmigungsverfahren erwies sich das Seilbahn-Projekt als harte Geduldsprobe. Denn die Interessen der Gastronomie auf der Alm, der dortigen Bauern, der Gemeinde und des Investors widersprachen sich lange.

Der nun ausgehandelte Kompromiss sieht vor, dass die Kabinenbahn nur im Winter fahren darf. Die Mautstraße bleibt in dieser Zeit gesperrt, nur Anlieger dürfen sie nutzen. Im Sommer steht die Anfahrt mit dem Pkw allen Besuchern der Winklmoosalm gegen Gebühr offen. Das erstritten sich die Wirte, die im Falle einer Sperrung der Mautstraße auch im Sommer hohe Einbußen befürchteten.

Die neue Bahn wird vom Parkplatz Seegatterl über drei Kilometer zur Talstation des Sessellifts führen. "Wir planen eine ähnliche, wie wir sie von Waidring aus ins Skigebiet bereits haben", sagt Andreas Brandtner. Nun werde der Antrag ausgearbeitet. "Das deutsche Genehmigungsverfahren ist für uns noch eine große Unbekannte."

Ganz so ahnungslos ist die als ausgesprochen professionell bekannte Unternehmersfamilie aus Tirol allerdings nicht. Denn schon im Jahr 2006 gab es einen Termin mit dem Landratsamt Traunstein. Da die geplante Lifttrasse teilweise durch den Schutzwald und zudem durch ein Gebiet mit Auerhühnern führen soll, fordert die Behörde unter anderem ein Lärmgutachten und ein wildbiologisches Gutachten.

Umweltschützer gespalten

Trotz dieser Problematik kämpfen die Umweltschützer in der Region mit sich, ob sie nicht ausnahmsweise den Bau einer völlig neuen Bahn auf einer bisher unberührten Trasse akzeptieren sollen. Denn der jetzt praktizierte Pendelverkehr, bei dem bis zu 20 Busse eine Unmenge Dieselabgase in die Almluft blasen, gilt auch nicht als Beispiel für umweltschonenden Tourismus.

Die größte Sorge der Umweltschützer ist deshalb eine indirekte Folge der neuen Seilbahn: dass nämlich der Neubau auf die Winklmoosalm im benachbarten Skigebiet Heutal neue Begierden wecken könnte, mit zusätzlichen Bahnen den Anschluss zur Region Winklmoos-Steinplatte zu suchen und so eine in dieser Dimension für die Natur unverträgliche Skischaukel zu schaffen.

© SZ vom 11.2.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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