Schweinegrippe:Alarmbereitschaft am Frankfurter Flughafen

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Auffällige Reisende aus Mexiko sollen noch im Flugzeug auf Symptome der Schweinegrippe untersucht werden. Zwei Reiseveranstalter haben ihre Reisen nach Mexiko gestoppt.

Da Experten wie der Präsident des Berliner Robert-Koch-Instiuts (RKI), Jörg Hacker, auch in Deutschland mit einem Auftauchen der Schweinegrippe rechnen, herrscht am größten deutschen Flughafen in Frankfurt am Main bereits erhöhte Alarmbereitschaft.

Thermal Scanner kontrollieren auf mehreren asiatischen Flughäfen die Körpertemperatur von Passagieren. (Foto: Foto: AFP)

Seit Samstag gebe es die Anweisung, dass Reisende aus Mexiko, bei denen Verdacht auf Schweine-Influenza bestehe, von Ärzten des Gesundheitsamtes und der Flughafenklinik noch im Flugzeug zu untersuchen und gegebenenfalls in die Universitätsklinik zur weiteren Diagnostik und Behandlung zu bringen, teilte das hessische Gesundheitsministerium mit.

In Frankfurt landet täglich eine Maschine der Lufthansa aus Mexiko-Stadt. Ebenso fliegt jeden Tag eine Maschine von Frankfurt in die Hauptstadt des mittelamerikanischen Landes.

Etwa sieben Stunden nach dem Test liege dessen Ergebnis auch als Information für Mitpassagiere und Crew vor, heißt es aus dem Gesundheitsministerium in Hessen. Sollte sich ein Test als positiv erweisen, erhielten die Mitpassagiere und die Crew umgehend Medikamente, die die Erkrankung verhinderten. Unabhängig davon bekämen alle Passagiere ein Merkblatt des Robert-Koch-Instituts mit Verhaltenshinweisen und Informationen zur Schweineinfluenza.

Noch habe es am größten deutschen Flughafen in Frankfurt aber keinen Verdachtsfall gegeben, sagte ein Fraport-Sprecher. Sollte es jedoch entsprechende Hinweise geben, könne der Flughafenbetreiber Fraport schnell reagieren. "Die medizinische Station am Flughafen ist rund um die Uhr besetzt."

Aus der Region ankommende Passagiere werden am Flughafen nicht routinemäßig untersucht. "Die Fallzahlen sind einfach zu gering", sagte der Flughafensprecher. Derzeit sollten Flughafenbetreiber und Airlines in den betroffenen Ländern sicherstellen, dass keine erkrankten Passagiere an Bord kämen und auf entsprechende Symptome achten.

Erste Vorsichtsmaßnahmen an Berliner Flughäfen

Auch die Berliner Flughäfen haben erste Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. In allen Ankunftsbereichen in Tegel und Schönefeld achten Mitarbeiter auf Fluggäste mit auffälligen Grippeanzeichen wie hohem Fieber, wie ein Sprecher sagte. Die Krankheitssymptome bei der Schweinegrippe sind wie bei der saisonalen Influenza Fieber, Halsschmerzen, Atembeschwerden und plötzlich einsetzendes Krankheitsgefühl.

Lufthansa informiert mit einem Faltblatt

Die Lufthansa informierte Reisende aus USA und Mexiko bei der Ankunft mit einem Faltblatt des Bundesgesundheitsministeriums über die Krankheit und ihre Symptome. Sie wurden aufgefordert, gegebenenfalls zum Arzt zu gehen. Eine Sprecherin der Fluggesellschaft sagte, der medizinische Dienst der Lufthansa stehe im engen Austausch mit den Gesundheitsbehörden. Wenn Maßnahmen erforderlich seien, würden sie sofort ergriffen.

Inzwischen haben erste Länder wie etwa Russland, Polen, Italien oder Venezuela Reisewarnungen für Mexiko herausgegeben. Das Auswärtige Amt rät von allen nicht notwendigen Reisen nach Mexiko ab und bietet aktuelle Informationen und Verhaltenstipps auf seiner Internetseite.

Der größte deutsche Reiseveranstalter TUI und auch die Konkurrenz von Thomas Cook haben als Reaktion auf den Ausbruch der Schweinegrippe alle Reisen in die Hauptstadt Mexiko-Stadt abgesagt. Auch im Rahmen von Rundreisen werde die Metropole in der nächsten Woche nicht mehr angesteuert, teilte TUI in Hannover mit.

Der Stopp gelte zunächst bis zum 4. Mai und betreffe die zur deutschen TUI gehörenden Reiseveranstalter TUI, 1-2-Fly, Airtours, Berge & Meer, Gebeco und L tur.

Von rund 1.000 deutschen Mexiko-Gästen der TUI befinden sich den Angaben zufolge derzeit nur vier direkt in der Krisenregion. Die für deutsche Urlauber wichtigste Region ist der rund 1.200 Kilometer östlich gelegene Ferienort Playa del Carmen auf der Halbinsel Yucatan. Nach derzeitigem Erkenntnisstand ist hier bislang noch niemand an der Schweinegrippe erkrankt, wie TUI mitteilte. Dennoch bietet TUI allen Kunden mit Reiseziel Mexiko gebührenfreie Umbuchungen an.

Alternativreisen nach Florida oder in die Karibik

TUI-Gäste könnten laut Unternehmenssprecher Mario Köpers zum Beispiel nach Florida oder in die Karibik ausweichen. Auch dem Wunsch nach einer vorzeitigen Abreise aus Mexiko werde nach Möglichkeit entsprochen. Die Regelung, kostenlose Umbuchungen anzubieten, gilt aber noch nicht für Reisen in andere Länder, in denen der Virus bereits festgestellt wurde, etwa für die USA. Der Krisenstab des Reiseveranstalters behalte die Entwicklung aber auch dort im Blick.

Bei den Thomas-Cook-Marken (Neckermann, Thomas Cook Reisen) wird Mexiko-Stadt ebenfalls bei Rundreisen ausgespart. Stattdessen werden Aufenthalte an anderen Orten des Programms verlängert, sagte Sprecherin Nina Kreke in Oberursel (Hessen).

Keine Streichungen bei Dertour und Meier's Weltreisen

Dertour und Meier's Weltreisen dagegen bieten alle Reisen wie geplant an, sagte Firmensprecherin Andrea Probst in Frankfurt. Dies gelte auch für Mexiko-Stadt. Richtschnur für diese Entscheidung sei die Einschätzung des Auswärtigen Amtes, das bislang nicht generell vor Reisen nach Mexiko gewarnt hat. Die touristischen Regionen seien bisher von dem Virus nicht betroffen. "Wir sehen deshalb noch keine Veranlassung, Reisen abzusagen oder Umbuchungen anzubieten."

Da neben Mexiko auch in den USA und Kanada inzwischen Fälle von Ansteckungen bestätigt worden sind, haben vor allem asiatische Flughäfen bereits gesundheitliche Kontrollen für Passagiere aus den USA und Mexiko eingeführt. Am Flughafen von Kuala Lumpur (Malaysia) wurden ankommende Reisende aus Los Angeles auf Grippesymptome wie Fieber untersucht. Die Philippinen beschlossen eine Quarantäne für Passagiere mit Fieber.

Am Changi-Airport in Singapur, am Soekarno-Hatta-Airport bei Jakarta (Indonesien), am Hongkong International Airport stehen wie auch am Flughafen in Tokio Thermal Scanner, die bei Passagieren aus den USA und Mexiko die Körpertemperatur messen können. Ähnliche Maßnahmen hatte es in den vergangenen Jahren nach dem Ausbruch der Vogelgrippe in asiatischen Ländern gegeben.

Kaum Beuunruhigung unter deutschen Passagieren

Deutsche Mexiko-Reisende zeigten sich bei ihrer Ankunft am Sonntag auf dem Frankfurter Flughafen dagegen relativ gelassen. Angst, sich angesteckt zu haben, hatten die wenigsten.

"In den europäischen Medien ist die Schweinegrippe ein größeres Thema als in den mexikanischen", sagte Christoph Ravenstein, der sich geschäftlich drei Tage in Monterrey im Nordosten Mexikos aufgehalten hatte. In Mexiko-Stadt selbst war er nicht, aber auf dem Flughafen. "Da ging es gesittet zu", berichtete er. Zahlreiche Menschen hätten einen Mundschutz getragen, das sei aber schon alles gewesen.

Ein Risiko für sich selbst sah er ebensowenig wie ein weiterer Geschäftsreisender, der sich einen Tag lang in der mexikanischen Hauptstadt aufgehalten hat. Dort habe er sich in einer Apotheke einen Mundschutz gekauft - zahlreiche Menschen hätten einen solchen getragen, erzählte er. Von Panik könne aber keine Rede sein.

Auch der mexikanische Student Francisco Velasquez, der zwei Monate zu Besuch in seiner Heimat war und jetzt nach Deutschland zurückkehrte, sprach von einer ganz normalen Stimmung in Mexiko-Stadt. Es gebe allerdings inzwischen einige Menschen, die Hamsterkäufe machten, berichtete er. Er selbst habe außerhalb des Hauses einen Mundschutz getragen.

Kostenlose Verteilung von Mundschutz

"Es ist nicht so schlimm, wie es in den Medien wiedergegeben wird", sagte Nikolas Freudenberger, der in Mexiko-Stadt lebt. Die Regierung habe die Situation gut im Griff. Kostenlos werde ein Mundschutz verteilt, die Kinos seien geschlossen, Fußballspiele und größere Veranstaltungen seien abgesagt worden. Darüber hinaus aber gehe das soziale Leben weiter, die Geschäfte zum Beispiel seien nicht leerer als früher.

Finn Grönvold und seine Frau verbrachten ihren Urlaub in Acapulco und stiegen auf dem Rückflug in Mexiko-Stadt um. Sie hätten kaum etwas vom Ausbruch der Grippe bemerkt, berichteten sie. Nur auf dem Flughafen hätten sie einige Leute mit Mundschutz gesehen.

Ähnlich äußerte sich ein anderes Ehepaar, das die Ferien in Mexiko verbracht hatte. Sie hätten keine öffentlichen Vekehrsmittel benutzt und keine größeren Veranstaltungen besucht; für sich selbst sähen sie kein Ansteckungsrisiko.

Aus Puebla in Mittelmexiko kam eine Frau mit Tochter und Schwiegersohn sowie zwei Enkeln. Erst über deutsche Medien hätten sie überhaupt von der Krankheit erfahren, erzählte sie. Persönlich betroffen fühle sie sich nicht: Selbst wenn sich jemand angesteckt haben sollte: "Jetzt sind wir in Deutschland und wenn was ist, gehen wir zum Arzt."

Michael Göttling und seine drei Kollegen dagegen, die zur Arbeit in Mexiko waren, brachen ihren Aufenthalt vorzeitig ab. Er hätte noch vier Wochen in Queretaro rund 200 Kilometer nordöstlich von Mexiko-Stadt bleiben sollen, sagte Göttling. "Uns war das zu unsicher." Der Ausbruch der Schweinegrippe werde vor Ort heruntergespielt, viele Leute seien nicht gut darüber informiert. Die eigenen Bedenken seien auch gar nicht richtig ernstgenommen worden, berichtete er.

© Susanne Gabriel/AP/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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