Schauen statt füttern:3. Schütze Flipper

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Der Mann kommt gleich zur Sache: "Hallo, ich bin Dr. Michael Poole, und was sie in meinem Gesicht sehen, ist Hautkrebs. Die Sonne ist gefährlich. Bitte schützen sie sich."

Von Birgit Lutz-Temsch und Jochen Temsch

Poole selbst hat lange Zeit nicht auf die Gefahr geachtet. Seit mehr als 20 Jahren erforscht der Amerikaner Delfine. Jeden Tag brennt die Südsee-Sonne auf ihn herunter, wenn er mit seinem kleinen Boot vor der Küste Mooreas kreuzt, der bergigen Nachbarinsel Tahitis.

Hier ist sie, die Insel aus allen Robinson-Karikaturen. (Foto: Foto: bilu)

Ab und zu nimmt Poole Touristen mit an Bord, um sie zu den Schwärmen zu bringen: dorthin, wo das offene Meer einen Weg durch das Riff gefunden hat, wo die Delfine abtauchen vor den Haien. Ausgerechnet an der Schokoladenseite von Moorea liegen die besten Beobachtungsplätze, direkt vor der Cook's Bay. Gerade wenn man glaubt, nichts könnte schöner sein als der Blick auf diese Bucht, springt ein Delfin durchs Bild.

So oft war Poole schon bei den Tieren, dass sie sich an den Motorenklang seines Bootes gewöhnt haben. Manchmal schwimmen bis zu 60, 70 Exemplare vor den Kameraobjektiven. Poole hat den Delfinen Namen gegeben, an der Form ihrer Rückenflossen erkennt er sie.

Bei Poole wird geschaut, nicht gefüttert, gewartet und gespäht, nicht mit Fressen angelockt wie bei den überall auf den Inseln angepriesenen "Shark-Feeding-Tours". Die Fütter-Ausflüge sind billiger als Pooles Angebote, und außerdem versprechen sie auch noch eine Gänsehaut.

Der Meeresbiologe verurteilt diese Art von Touristen-Unterhaltung. Degeneriert würden die Tiere dadurch, der normale Jagdinstinkt nehme ab, und wenn die Ausflugs-Veranstalter dann irgendwann das Revier wechseln würden, gingen die Haie ein, die allein keine Nahrung mehr fänden.

Pooles Annäherung an die Tiere ist wissenschaftlich, nicht spektakulär, und gerade dadurch viel interessanter. Die Delfine, die täglich mehr als 300 Kilometer zurück legen, bleiben unangetastet in ihrer natürlichen Umgebung.

Nicht nur, weil die Delfine einen solchen Bewegungsdrang haben, erklärt Poole, sei es abartig, sie in Bassins zu sperren. Viele der so nett anzuschauenden Flipper verhungerten in Gefangenschaft, weil sie es nicht gewöhnt seien, tote Fische zu fressen. Die teuersten Hotels Französisch-Polynesiens hält das nicht davon ab, Delfine als Touristenattraktion in seichten Becken zu halten.

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