Das Wort "Hoffnung" kommt im Kleingedruckten von Versicherungsverträgen nicht vor - diese Erkenntnis ist das Einzige, was ein Münchner im Streit mit seiner Assekuranz gewinnen konnte. Im Gegenzug wird er gut 1600 Euro an die Versicherung und einige Hundert Euro in die Gerichtskasse zahlen müssen. Und für die Zukunft weiß er, dass die herkömmlichen Reiserücktrittsversicherungen für chronisch Kranke kaum geeignet sind.
Der Mann hatte knapp fünf Monate vor dem Urlaub für sich und seine Ehefrau eine zehntägige Reise nach Moskau gebucht. Wie für ihn damals üblich, schloss er dazu eine Reiserücktrittsversicherung ab. Vier Wochen danach erlitt er einen epileptischen Anfall und musste für eine Woche ins Krankenhaus. Er wurde dann als "arbeits- und reisefähig" entlassen. Genau am Tag der Moskaureise schlug die unberechenbare Krankheit jedoch wieder zu. Er musste den Trip absagen: Der Reiseveranstalter kassierte von ihm deswegen 80 Prozent des Gesamtpreises als Stornogebühren. Diese Geld verlangte der Münchner von der Rücktrittsversicherung zurück. Aber die zahlte nur einen kleinen Teil.
Grunderkrankung könne jederzeit ausbrechen
Die restlichen 1617 Euro wollte der Mann schließlich vor dem Münchner Amtsgericht einklagen. "Für mich war doch nicht vorhersehbar, dass und wann erneut ein Anfall ausbrechen würde", sagte er der Richterin. "Wenn man den Argumenten der Versicherung folgen würde, könnte ich überhaupt keine Reisen mehr unternehmen", beklagte er. Diese hatte nämlich gesagt, dass eine Heilung von dieser Erkrankung dem Münchner von den Ärzten nicht bestätigt worden sei. Er wisse also, dass die Grunderkrankung fortbestehe und jederzeit ausbrechen könne. "Das Unterlassen der Stornierung war daher grob fahrlässig."
Das bestätigte auch die Richterin. Nach den Versicherungsbedingungen habe der Kunde die Verpflichtung, Stornokosten, die doch alle Versicherten gemeinsam tragen müssen, möglichst gering zu halten. "Er wusste, dass die Durchführung der Reise möglich sein, aber auch scheitern könnte." Diese Unsicherheit habe nicht die Gemeinschaft der Versicherten zu tragen, sondern allein der Versicherungsnehmer. "Die Hoffnung auf rechtzeitige Wiedergenesung ist nicht versichert", heißt es im rechtskräftigen Urteil(Az.:281C 8097/10).
Unerwartet und schwer
Es herrscht bei Urlaubern oftmals die Vorstellung, dass jede Krankheit, die eine Reise unmöglich macht, die Versicherung verpflichte, sämtliche Stornokosten zu bezahlen, sagt Richterin Ingrid Kaps, Sprecherin des Amtsgerichts. "Dies sei aber nicht der Fall: "Es muss sich um eine unerwartete schwere Krankheit handeln und der Reisende muss - auch wenn das hart klingt - dann zum frühest möglichen Zeitpunkt stornieren."
Weiterhin auf Reisen gehen kann natürlich auch der Münchner Epileptiker - aber das Risiko, kurzfristig den Urlaub doch nicht antreten zu können, muss allein er tragen. Manche Versicherungen bieten inzwischen allerdings an, auch Risiken bereits bekannter Krankheit zu versichern - gegen höhere Prämien.