Reisen in Tibet:"Es gab eine gewisse Panik"

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Schon seit Tagen dürfen Reisende nicht mehr in die Hauptstadt Lhasa, jetzt sollen sie das Land ganz verlassen. Touristen berichten von dramatischen Szenen.

China lässt Ausländer staatlichen Medien zufolge nicht mehr nach Tibet. Die tibetische Regionalregierung habe die Bearbeitung von den erforderlichen visumsähnlichen Anträgen auf Einreisen ausgesetzt, berichte die Nachrichtenagentur Xinhua unter Berufung auf eine örtlichen Behördenvertreter.

Ausländischen Touristen, die sich in Tibet aufhielten, wurde zudem nahegelegt, in den kommenden Tagen das Himalaya-Gebiet zu verlassen. Die Luftfahrt-, Eisenbahn- und Straßenämter würden Reisenden "entgegenkommen", falls diese ihren Aufenthalt vorzeitig beenden wollten. China führte dem Bericht zufolge Sicherheitsbedenken als Begründung für den Schritt an.

Veranstalter sagen Reisen ab

Das Auswärtige Amt hat von Reisen in das Autonome Gebiet Tibet "bis auf weiteres" abgeraten. Es müsse mit Ausschreitungen gerechnet werden. Erste deutsche Reiseveranstalter haben Reisen nach Tibet vorsorglich abgesagt. Die Absagen gelten zum Teil auch schon für den Monat Mai. So hat der Spezialanbieter Caissa in Hamburg bis Ende Mai alle Tibet-Programme gestrichen. Der Studienreisen-Spezialist Studiosus in München lässt vorerst bis 15. April keine Urlauber in die von Unruhen erschütterte Region reisen. Der Anbieter Gebeco sagte bis Ende April alle Tibet-Reisen ab.

Betroffen seien "einige Gäste", sagte eine Gebeco-Sprecherin in Kiel, ohne genaue Zahlen zu nennen. Bei Studiosus sind nach Unternehmensangaben etwa 30 Touristen betroffen. Beide Veranstalter haben derzeit keine Gäste in Tibet. Die Hauptreisesaison dort beginnt erst Ende April.

In die tibetische Hauptstadt Lhasa durften ausländische Touristen nach Angaben von Augenzeugen bereits seit einigen Tagen nicht mehr. Sicherheitskräfte riegelten die Stadt ab, nachdem es dort zu den schwersten Ausschreitungen seit fast zwei Jahrzehnten gekommen war.

"Man sieht nur noch Soldaten und Polizisten"

"In Lhasa ist alles geschlossen - Restaurants, Cafés und Geschäfte", sagte vor der Abriegelung ein deutscher Tourist der Nachrichtenagentur AFP. "Man sieht nur noch Soldaten und Polizisten, nichts weiter", fügte der Tourist hinzu. "Man hat uns gesagt, wir sollen das Hotel nicht verlassen." Die Frau des deutschen Touristen sagte unter Hinweis auf die unsichere Lage, sie wolle Lhasa verlassen und nach Peking reisen.

Ein französischer Tourist sagte, er habe auf dem zentralen Platz von Lhasa gestanden, als jede Menge Polizisten eingetroffen seien. "Wir haben in der Menge der Demonstranten weiße Fahnen gesehen."

Bei den Demonstranten handele es sich im wesentlichen nicht um Mönche. Die Protestierenden seien von Polizisten vom Platz vertrieben worden. "Als die Lastwagen mit den Polizisten ankamen, gab es eine gewisse Panik'', sagte der Franzose. "Wir sind mit allen anderen weggelaufen, die Händler schlossen ihre Läden.''

Bereits seit Tagen habe es in Lhasa eine gespannte Atmosphäre gegeben. "Alle Klöster sind geschlossen, unser Touristenführer hat uns gesagt, dass wir sie nicht besichtigen können,'' sagte der Franzose. Die Touristen wollten nicht namentlich genannt werden.

Bis Sonntag wurden bei den Unruhen in Lhasa nach Angaben der tibetischen Exilregierung 80 Menschen getötet. Der tibetische Regierungschefs Qiangba Puncog gab an, dass 13 Menschen ums Leben gekommen seien. Die Opfer seien niedergestochen worden oder verbrannt. Das geistliche Oberhaupt der Tibeter, der Dalai Lama, forderte Untersuchungen, ob in Tibet ein "kultureller Völkermord" verübt werde.

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