Reisen:Hauptsache weg

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Auf ihren Urlaub wollen die Deutschen nicht verzichten - eine Studie zeigt, wohin sie am liebsten reisen.

Hans Gasser

Die Deutschen lassen sich ihren Urlaub nicht vermiesen. Ist das Geld auch knapp, der Job bedroht, die Zukunft unsicher - auf die Urlaubsreise wird nicht verzichtet. Stattdessen fährt man einfach kürzer weg: Statt in den Skiurlaub nach Österreich geht es zum All inclusive in die Türkei, und wenn sich dadurch ein paar Euro sparen lassen, bucht man bei einem Callcenter oder im Internet.

So in etwa lässt sich die aktuelle Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (Fur) interpretieren. Die Ergebnisse der repräsentativen Befragung von fast 7800 Deutschen zu ihrem Urlaubsverhalten 2005 werden zur Internationalen Tourismus Börse (ITB) veröffentlicht, die heute in Berlin beginnt.

So hat die Zahl der unternommenen Urlaubsreisen, die länger als fünf Tage dauerten, mit 64,1 Millionen im Vergleich zum Vorjahr (65,4) zwar leicht abgenommen. Doch die Zahl der Kurzreisen bis zu fünf Tagen nahm im selben Zeitraum um mehr als fünf Millionen Reisen auf rund 48 Millionen Reisen zu.

Touristisches Kurzzeitgedächtnis

Insgesamt unternahmen die Deutschen also 112,4 Millionen Urlaubsreisen, rund vier Millionen mehr als 2004. Die Fur-Forscher sprechen von einer insgesamt "sehr stabilen touristischen Nachfrage". Ereignisse wie Naturkatastrophen und Terroranschläge führten nicht zu einem Verzicht auf Urlaubsreisen, sondern zu einer zeitlich befristeten Umlenkung der Urlauberströme.

Die Touristen scheinen in der Tat ein Kurzzeitgedächtnis zu haben. Ägypten etwa, das im vergangenen Jahr mehrmals Schauplatz von Terroranschlägen war, erlebte keinen Einbruch der Gästezahlen. Marktführer Tui verkaufte 2005 nur drei Prozent weniger Ägyptenreisen als 2004, das schon ein Rekordjahr war.

Beliebtestes Urlaubsland der Deutschen blieb auch 2005 Deutschland. 30 Prozent aller Reisen über fünf Tage wurden dorthin unternommen. Unter den ausländischen Reisezielen rangiert Spanien mit 13,5 Prozent vor Italien mit 7,7 Prozent und der Türkei mit 6,6 Prozent. Damit übertrifft das Land am Bosporus erstmals Österreich (6,3) in der Hitliste der beliebtesten Urlaubsländer der Deutschen.

Diese Zahlen gelten allerdings nur für die Urlaubsreisen ab fünf Tagen Dauer. Das Unternehmen IPK International, das den "World Travel Monitor" herausgibt, bezieht auch Kurzreisen mit ein. Dann rangiert das für viele Deutsche schnell erreichbare Österreich an zweiter Stelle hinter Spanien und noch vor Italien.

Innerhalb Deutschlands ist nach wie vor Bayern die beliebteste Urlaubsregion, gefolgt von Mecklenburg Vorpommern und Schleswig Holstein. Die großen deutschen Städte verzeichnen durchwegs Zuwächse bei den Übernachtungszahlen: In Berlin kam man 2005 auf 14,6 Millionen Übernachtungen, 10 Prozent mehr als im Vorjahr. In Hamburg zählte man mit 6,4 Millionen Übernachtungen acht Prozent mehr. Und in München war eine Zunahme von fast neun Prozent auf 8,4 Millionen zu verzeichnen.

Wachstumsmotor Senioren

Die Fernreisen haben trotz euphorischer Schätzungen mancher Reiseveranstalter 2005 nicht zugenommen. Mit knapp vier Millionen Fernreisen wurden genau so viele unternommen wie im Jahr zuvor.

Die Hälfte aller Reisen sind Pauschalreisen, gebucht wird immer noch zum Großteil im Reisebüro. 44 Prozent gingen dorthin, doch das Internet und andere Vertriebswege legten zu. So gaben 17 Prozent an, schon einmal eine Reise im Internet gebucht zu haben, im Vorjahr waren es noch 15 Prozent. Sieben Prozent buchten direkt bei Internet-Reiseportalen.

Zum Wachstumsmotor des Tourismus entwickelt sich eine Gruppe, die auch sonst immer wichtiger wird: die Senioren. 2005 war fast jeder dritte Reisende über 60 Jahre alt. Die Reiseintensität dieser Gruppe hat sich seit 1972 um mehr als 80 Prozent erhöht. Im vergangenen Jahr verreisten bereits drei Viertel aller 60- bis 70-Jährigen und 60 Prozent aller über 70-Jährigen.

© SZ vom 8. 3. 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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