Reisejahr 2008:Juni

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Weltmusik hören in Marokko, auf Stromboli zum Vulkangucken. Nach Irland, wenn die Insel noch den Iren gehört. Ins Baltikum, weil es so nah und doch so fern liegt und nach Oslo der Oper wegen - unsere Reisetipps für den Monat Juni.

Eine Stadt voll Musik: Essaouira

Wer von Marokkos quirligen Großstädten Marrakesch, Fès und Tanger genug gesehen hat, sollte sich zur Erholung ein paar Tage am Meer in Essaouira gönnen. Gleich hinter den Stadtmauern aus dem 18. Jahrhundert beginnt die Medina, die trotz ihrer Enge das entspannte Flair kleinstädtischer Nachbarschaft verströmt. Hier kann man in dämmrigen Läden nach Kunsthandwerk stöbern oder sich auf dem Markt durch Gewürzpyramiden schnuppern und vor frisch geschlachteten Hammelköpfen gruseln, daneben allerlei exotische Mittelchen kaufen und den Bewohnern beim lautstarkten Feilschen um die Preise zuhören.

Eine der größten Attraktionen von Essaouira aber ist der Strand: Kilometerweit windet er sich in Richtung Süden, zuerst entlang der belebten Promenade, schließlich dehnen sich nur noch Dünen und Meer bis zum Horizont. Ein reines Badevergnügen ist hier trotzdem nicht garantiert: Essaouira ist die windigste Stadt Afrikas, ein Eldorado für Wind- und Kitesurfer. Und für Musikfreunde: Zum fünftägigen Gnaoua and World Music Festival Ende Juni kommen bis zu 250.000 Musikliebhaber in die kleine Stadt am Atlantik.

Ausbrüche auf den Liparischen Inseln

Als ob Sizilien allein nicht schon genug zu bieten hätte, ragen rings herum kleine Inselgruppen aus dem Meer, jede für sich eine eigene Reise wert. Wohl die bekanntesten sind die nordöstlich gelegenen Liparischen Inseln, auch unter dem Namen Äolische Inseln bekannt - sieben Eilande mit ganz unterschiedlichem Charakter.

Die Hauptinsel Lipari ist die lebendigste und landschaftlich abwechslungsreichste; grün und fruchtbar, aber eher für Individualisten geeignet zeigt sich Salina; Panarea zieht vor allem betuchte Schöngeister an; wer Einsamkeit und Ruhe sucht, wird nach Alicudi oder Filicudi fahren. Schwefelgeruch umweht den Besucher überall auf Vulcano, noch dramatischer aber sind die vulkanischen Aktivitäten, denen die Liparischen Inseln ihre Entstehung verdanken, auf Stromboli: In schöner Regelmäßigkeit spuckt der Vulkan leuchtende Lavafontänen in die Luft, die man aus angemessener Entfernung relativ gefahrlos betrachten kann.

Zwischen den Inseln verkehren Fähren, so dass man bequem für einen kürzeren oder längeren Stopp verweilen kann. Außerhalb der italienischen Hochsaison zwischen Mitte Juli und Ende August sind Unterkünfte gut zu bekommen, auch die schwarzsandigen Strände sind weitgehend leer.

Vor dem Ansturm nach Irland

Wer vor allem der Folklore und der Musik wegen nach Irland fährt, ist hier im Juni etwas zu früh dran: Die meisten großen Festivals finden im Juli und August statt, den beiden wärmsten, aber auch niederschlagsreicheren Monaten.

Im Juni dagegen herrscht warmes Frühsommer-Klima mit wenig Regen, jetzt gehört die Insel noch weitgehend den Iren, erst allmählich trudeln Touristen ein. Zeit für unvergessliche Abendspaziergänge an den noch leeren Stränden, mit einer lauen Brise vom Meer her, bis gegen 23 Uhr die Sonne versinkt.

Kleinere Folkfestivals gibt es natürlich trotzdem: Unter anderem finden Ausscheidungswettbewerbe für das "All Ireland Fleadh" statt, eines der bekanntesten irischen Folkfestivals, das jeweils Ende August an einem jeweils anderen Ort gastiert. Auch wenn das Niveau oft eher lokale Güte hat: Die Stimmung an den Austragungsorten ist mitreißend, Hunderte Amateur-Musikanten spielen bei informellen Sessions in den Pubs und auf der Straße.

Drei baltische Perlen

In München glauben noch immer viele Menschen, sie lebten in der nördlichsten Stadt Italiens. Ein Besuch in Vilnius widerlegt dies: Die litauische Hauptstadt ist ein Traum in Barock. Ab dem 14. Jahrhundert war Vilnius Hauptstadt eines Großfürstentums und die litauischen Herrscher heirateten am liebsten italienische Prinzessinnen - in deren Gefolge kamen Künstler und Architekten, deren Bauten die Erscheinung bis heute prägen. Bis zum Zweiten Weltkrieg nannte man die Stadt "Jerusalem des Nordens": Die Suche nach den jüdischen Spuren lohnt sich. Heute ist Vilnius das wirtschaftliche, politische und kulturelle Zentrum Litauens und putzt sich heraus: 2009 wird der 1000. Geburtstag des Landes und der Titel der Europäischen Kulturhauptstadt gefeiert.

Lettlands Hauptstadt Riga hat nichts Barockes, sondern überwältigt mit Straßenzügen voller prächtiger Jugendstilfassaden mit Blumen, Tieren und barbusigen Damen an den Mauern. Die Altstadt mit ihrem Kopfsteinpflaster gleicht Lübeck - eine Skulptur der Bremer Stadtmusikanten erinnert an die enge Bindung zur Hanse. Riga ist mit 800.000 Einwohnern die Metropole des Baltikums: Hier sind die Röcke am kürzesten, die Autos am protzigsten und die Parties am wildesten. Kulturfreunde besuchen das renommierte Opernfestival (5. bis 15. Juni ) - Richard Wagner war in Riga einst Musikdirektor. Außerdem sollte man durch die riesigen Hallen des Zentralmarkts schlendern und an die baltische Riviera fahren - Jurmala ist nur eine halbe Stunde im Bummelzug entfernt.

In Tallinn wird das Mittelalter lebendig: Die dicken Festungsmauern samt den Wehrtürmen sind bestens erhalten, an den Fassaden der Kaufmannshäuser hängen Lastenzüge und Studenten in mittelalterlichen Kostümen locken Gäste in die "Olde Hanse" zu Honigbier und Bärenfleisch. In Estland gibt es mehr Bären als im Rest der EU, also dürfen jedes Jahr einige Dutzend geschossen und verzehrt werden. Reval, so der alte Name der Stadt, gehörte ebenfalls zur Hanse. Die Geschäftstüchtigkeit ist geblieben und die Esten setzen auf Modernes: Im Restaurant bezahlt man per SMS, die Altstadt ist mit drahtlosem Internet ausgestattet - natürlich umsonst.

Ein Muss ist der Besuch des neuen Kunstmuseums KUMU sowie des Okkupationsmuseums (ähnliche Häuser gibt es auch in Vilnius und Riga). Die schönsten Strände für Spaziergänge gibt es in Pirita. Dort fanden 1980 die Segelwettbewerbe der Olympischen Spiele statt - das Ticket für den Bus dorthin lässt sich per SMS bezahlen.

Geballte Kultur in Oslo

Auf den Cent schauen darf nicht, wer nach Oslo fährt: Norwegens Hauptstadt gilt nicht gerade als Billig-Reiseziel. Seinem Ruf als exklusive Großstadt hat Oslo nun auch noch den Zusatz "Kulturmetropole" hinzugefügt.

2003 eröffnete das Nationalmuseum für Kunst, Architektur und Design, das nicht nur wegen seiner Ausstellungen, sondern bereits von außen eine inspirierende Erfahrung ist. Das Munch-Museum enthält den größten Teil des Werks von Norwegens Meistermaler Edvard Munch, das Wikingermuseum führt den Besucher in vergangene wilde Zeiten.

Zur neuesten, erst im April eröffneten Attraktion Oslos kann man in einer nordischen Juni-Nacht entlang des Oslofjords spazieren: An der Spitze liegt die futuristisch anmutende Nationaloper, ummantelt mit weißem Marmor.

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Sizilien
:Liparische Inseln

Dass diese Inseln vulkanischen Ursprungs sind, merkt man an den Namen - und manchmal auch am Geruch.

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