Obersalzberg:100 Tage Zweisamkeit

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Der Bau des Luxushotels auf dem Obersalzberg war wegen der NS-Vergangenheit umstritten, doch die Gäste kommen zahlreich - meistens als Paar.

Wenn Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) den Erweiterungsbau des NS-Dokumentationszentrums auf dem Obersalzberg einweiht, wird sein Blick auch auf das am 1. März eröffnete Luxushotel fallen.

Das Hotel Obersalzberg (Foto: Foto: ddp)

Der hufeisenförmige 50 Millionen teure Bau erhebt sich nur wenige hundert Meter entfernt auf dem 1000 Meter hohen Eckerbichl.

Rund 100 Tage nach dem Start zieht Hoteldirektor Jörg Böckeler ein positives Fazit des wegen der NS-Vergangenheit des Obersalzbergs umstrittenen Projekts.

"Fast in allen Bereichen haben sich die Erwartungen erfüllt", resümiert der 38-Jährige. Die angepeilte Auslastung von anfangs 40 Prozent sei übertroffen worden, und auch mit der so genannten Doppelschläferquote sei man sehr zufrieden, da die Zimmer fast immer mit zwei Personen belegt sind.

Nur das Konferenzgeschäft unter der Woche sei noch nicht richtig angelaufen - das sei aber zum Start eines Hotelbetriebes ganz normal, bleibt der Manager gelassen.

Die Kundschaft kommt zumeist am Wochenende und zu 70 Prozent aus Deutschland, auch aus Bayern. "Viele, die früher zum Tegernsee gefahren sind, checken jetzt bei uns ein", freut sich Böckeler.

Zum Kaffeetrinken

Bei den ausländischen Besuchern liegen die Nachbarn aus Österreich vorn, gefolgt von den Italienern. "Nur im amerikanischen Markt sind wir noch nicht so präsent - dort sind wir gerade dabei, mit den großen Veranstaltern Verträge zu schließen", gibt sich der Chef zuversichtlich.

Böckeler legt Wert auf die Feststellung, dass das Resort auch in der Region Berchtesgadener Land gut angekommen ist. "Wir zählen pro Monat rund 3500 Gäste, die nicht bei uns wohnen, aber zum Essen oder zum Kaffeetrinken hoch kommen." Von einer Hemmschwelle könne also keine Rede sein, betont der Interconti-Manager.

Außerdem stammt jeder vierte der 112 Angestellten aus der näheren Umgebung, was zum positiven Image des Hauses beigetragen habe. "Wir wollen auch den anderen Hotels in Berchtesgaden nicht das Geschäft wegnehmen, sondern mit dem Projekt der ganzen Region einen Schub geben."

Die Beschwerden der Hotelgäste beschränkten sich in den ersten drei Monaten eher auf die profanen Dinge des Hotelalltags. Direktor Böckeler berichtet: "Dem einen ist der Toast zu dunkel, dem anderen zu hell." Ansonsten seien die Reaktionen durchweg positiv - sei es in den Gästefragebögen oder in persönlichen Briefen.

Aufarbeitung der Geschichte

Auch der Wirbel um die NS-Vergangenheit des Obersalzbergs und die Kritik an dem Hotelprojekt hat sich mittlerweile gelegt. Das liegt auch daran, dass das Interconti-Management sehr offen mit der Tatsache umgeht, dass der Obersalzberg einmal Hitlers Urlaubsdomizil war.

In jedem Zimmer liegt das Buch "Die tödliche Utopie" aus - eine Aufarbeitung der Geschichte des Dritten Reichs, herausgegeben vom Institut für Zeitgeschichte München/Berlin - und auch im Gästehandbuch wird auf die Historie eingegangen.

Die von Kritikern geäußerte Befürchtung, auch "ewig Gestrige" könnten in der Nobelherberge absteigen, hat sich laut Management bisher nicht bestätigt. Wer Fragen zur Geschichte hat, wird freundlich an das Dokumentationszentrum weiter empfohlen.

Wann kommt Stoiber?

Ganz billig ist der Luxus-Trip auf den Obersalzberg nicht. Bis 15. Juli ist ein 42 Quadratmeter großes Doppelzimmer mit Ausblick auf den Watzmann und die Berchtesgadener Alpen noch zum Einführungspreis von 189 Euro zu haben. Danach muss man mindestens 300 Euro pro Nacht hinblättern.

Finanzminister Faltlhauser hatte bereits bei der Eröffnung des Hotels im März angekündigt, im Sommer einen Kurzurlaub auf dem Obersalzberg verbringen zu wollen.

Laut Finanzministerium will er am Mittwoch bei der Eröffnung des Erweiterungsbaus auf jeden Fall schon einmal kurz in der Luxus-Herberge vorbeischauen.

Ob auch sein Chef, Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU), einmal als Gast ins Interconti kommt, weiß Hoteldirektor Böckeler nicht: "Mir sind die Reiseziele von Herrn Stoiber nicht bekannt, aber wenn er uns besuchen kommen möchte, dann freuen wir uns", versichert er strahlend.

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