Neulich in Rom:Die Sonne ist eine Rübe

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Wetterkapriolen in Rom können Touristen den Tag vermiesen - und Straßenhändlern ein unverhofftes Einkommen bescheren.

Stefan Fischer

Italiener beziehen, verglichen mit anderen Europäern, überdurchschnittlich viele Informationen aus dem Fernsehen. Die Qualität des Fernsehens in Berlusconistan wiederum ist überdurchschnittlich lausig. So lausig, dass inzwischen offenbar Zweifel an der Seriosität aufkommen.

Kolosseum in Rom
:Die Rettung? Touristen!

Am gewaltigen Amphitheater in Italiens Hauptstadt nagt der Zahn der Zeit, und das kann man wörtlich nehmen. Doch eine Sanierung kostet Geld, viel Geld.

Die Mitarbeiter eines römischen Hotels jedenfalls misstrauen zumindest dem Wetterbericht des italienischen Fernsehens. Und hängen im Foyer stattdessen die Prognose der BBC aus. Die verheißt für Sonntag leichte Schauer, für Montag Wolken. Am Dienstag aber werde die Sonne scheinen. So die BBC.

Tags darauf ist auch die Sonne einen Tag weiter gehüpft: Heute und morgen Nieselregen. Aber am Mittwoch: strahlender Himmel. So geht das eine Weile. In Rom regnet es, Tag für Tag. Und wie die Rübe vor dem störrischen Esel baumelt die Sonne im Wetterbericht: scheinbar zum Greifen nah und doch unerreichbar. Am besten ist das Wetter noch an jenem Tag, für den die BBC Hagelschauer vorhersagt. Fortan werden keine neuen Wetterberichte ausgehängt.

Natürlich widerstrebt es einem, nach Rom einen Regenschirm mitzunehmen, schließlich fährt man der Sonne wegen hin. Und hat im März besser doch einen dabei. Aber weil es im Augenblick nur tröpfelt, wird er nicht aufgespannt.

Schon kommt ein Asiate vom gegenüberliegenden Bürgersteig hergewieselt und bietet Schirme feil. Nein danke, kein Bedarf. Der Asiate ist nicht aufdringlich. Hinter der nächsten Straßenecke jedoch: ein Kollege von ihm. "Ombrello?" - "No, grazie." Zwei-, dreihundert Meter weiter: der dritte Asiate. Dabei ist das hier nicht die Spanische Treppe oder der Vorplatz des Kolosseums. Es gibt allerdings ein paar Hotels hier in der Via Flavia. In denen eine Menge Touristen wohnen, denen es widerstrebt hat, Regenschirme mit nach Rom zu nehmen.

Es ist ein mühsames Geschäft für die emsigen Asiaten. Viele Spaziergänger haben doch einen Schirm dabei oder eine Kapuze an der Jacke oder werden lieber nass, als auf der Straße Geschäfte zu machen. Die Asiaten fragen beharrlich. "Ombrello?" Wenn man einen kleinen Schirm über seinen Kopf hält, fragen sie, ob man einen großen kaufen möchte. Ist das nun Zuversicht oder Verzweiflung?

Nie sieht man jemanden einen Schirm kaufen - wird schließlich aber eines Besseren belehrt und Zeuge eines drolligen Schauspiels. Von der Engelsburg der Blick hinunter auf die Ponte S. Angelo; es hat wieder zu regnen begonnen. Drei, vier, fünf gleiche Schirme, bespannt mit einem in der Mitte dunklen und außen beigefarbenen Stoff. Schirme, wie sie die Asiaten verkaufen. Bei der Gepäckaufgabe am Flughafen wird man wieder ein paar von ihnen sehen. Sie machen also doch ein kleines Geschäft, die asiatischen Verkäufer. Von dem ihnen selbst wahrscheinlich der geringste Teil bleibt.

Am Abend, in der Nähe des Hotels, kauert ein Schirmverkäufer an einer Hauswand, er spricht in ein Münztelefon. Es ist ein längeres Gespräch, er sagt wenig. Wahrscheinlich erzählt ihm jemand Vertrautes aus seiner Heimat. Ob dort gerade die Sonne scheint?

© SZ vom 17.3.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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