Neuer Reisepass:Hightech im Ausweis

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Am 1. November führt Deutschland als erstes Land der EU Reisepässe mit biometrischen Daten ein. Fingerabdrücke, Augenabstand, Nasenbreite - ein winziger Chip erfasst wichtige Personen-Daten.

Annette Ramelsberger

Die ersten Jahre wird vermutlich erstmal gar nichts zu merken sein. Wie gewohnt werden Grenzbeamte am Schalter sitzen und die Pässe der Reisenden kontrollieren. Erst allmählich sollen technische Geräte die Menschen ersetzen.

Ende des Jahrzehnts werden dann Computer entscheiden, ob jemand ins Land gelassen wird oder nicht - anhand der gespeicherten Kopfform und der Fingerabdrücke. An den Grenzen stehen dann elektronische Wächter.

Am 1.November beginnt in Deutschland das Zeitalter der Biometrie. Von da an werden die neuen Reisepässe ausgegeben. Wer von nun an einen Pass beantragt, erhält ein Dokument, in dem Name und Geburtsdatum gespeichert sind - aber auch seine Gesichtsform, der Abstand der Augen, die Höhe der Stirn, die Breite der Nase.

Von Frühjahr 2007 an enthalten die ausgegebenen neuen Pässe dann auch noch die Fingerabdrücke der Bürger. Damit ist Deutschland eines der ersten Länder in Europa, das biometrische Merkmale in den Pässen einführt. Die meisten anderen Länder lassen sich noch ein Jahr Zeit.

Erhebliche Fehlerquoten

Am eingebauten Chip erkennen die elektronischen Grenzwächter, wer da vor ihnen steht - oder auch nicht. Bis jetzt, so haben Studien ergeben, weisen die Geräte Reisende trotz korrekten Passes immer wieder zurück, zum Teil mit erheblichen Fehlerquoten.

Das kann zum Stau an der Grenze führen. Dabei soll der Chip im Pass gerade das Gegenteil bewirken. Reisende erhoffen sich durch die biometrischen Methoden vor allem eine schnellere Grenzabfertigung. Am Frankfurter Flughafen läuft seit mehreren Jahren ein Pilotprojekt, an dem sich vor allem Geschäftsreisende beteiligen. Sie lassen ihre Augen-Iris scannen, um so von Maschinen schnell erkannt zu werden.

Vor allem Geschäftsreisende, die häufig in die USA fliegen, werden sich jetzt auch schnell die biometrischen Pässe besorgen - auch sie wollen die Wartezeit bei der Immigration abkürzen.

Die USA haben nach den Terroranschlägen vom 11. September Druck gemacht, damit die Pässe fälschungssicher werden. Nur Bewohner der Länder, die biometrische Merkmale im Pass speichern, sollten noch visafrei in die USA reisen dürfen. Ursprünglich war der Stichtag für diese Einschränkung im Herbst 2005, die Amerikaner verschoben ihn aber um ein Jahr auf Herbst 2006 - offensichtlich, weil sie selbst mit der technischen Nachrüstung nicht nachkamen.

Weil Deutschland jetzt mit der Ausgabe der neuen Pässe begonnen hat, lassen die USA nun auch Bundesbürger mit alten Pässen weiterhin ohne Visum in die USA reisen. Und die alten roten Pässe bleiben uneingeschränkt gültig. Der Personalausweis, mit dem man in Europa reisen kann, wird übrigens nicht mit einem Chip aufgerüstet. Auch er bleibt gültig. Und falls der Chip im neuen Pass nicht funktioniert: Die Gültigkeit des Dokuments ist davon nicht berührt.

Der Chip im Pass ist mit bloßem Auge nicht erkennbar und auch nicht zu erspüren. Er sitzt im vorderen Pass-Deckel und ist klein wie ein Streichholzkopf. Nur ein kleines goldenes Zeichen auf der Vorderseite des Passes weist den Pass als neuen Pass aus. Doch der Chip treibt den Preis für das Reisedokument spürbar nach oben: von derzeit 26 Euro auf dann 59 Euro, mehr als das Doppelte.

Vor Missbrauch nicht gefeit?

Die USA verlangen von ihren Bürgern sogar 75 Euro für den neuen Pass, die Briten gar 103 Euro. Überaus sicher soll der neue Pass sein, er könne nicht von Unbefugten ausgelesen werden, erklärt Martin Schallbruch, der IT-Direktor des Bundesinnenministeriums.

Für Datenschützer und kritische Computerexperten ist der neue Pass trotz aller Zusicherungen ineffektiv, zu teuer und vor Missbrauch nicht gefeit. Die Wirtschaft jedoch erhofft sich von der Vorreiterrolle der Bundesrepublik beim Pass auch eine gute Startposition im neuen Markt.

Der Staat agiere hier "als Markttreiber", sagt Sandra Schulz vom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom). Bisher gibt es lediglich einige exotische Anwendungsbeispiele für biometrische Identifizierungsverfahren - etwa die Zugangskontrolle im Hannoveraner Zoo durch Gesichtserkennung oder die Bezahlung im Biergarten mit Fingerabdrücken. Jetzt rechnet die Industrie mit einem Millionen-Geschäft.

© SZ vom 31.10.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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