Mondfest in China:Korrupte Kuchen

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"Aufgehender Mond" heißt diese Installation aus 7000 recycelten Plastikflaschen. Das Werk vier junger Künstler steht zum Mondfest im Victoria Park in Hongkong. (Foto: Jessica Hromas/Getty Images)

Zum Mondfest verschenken Chinesen gern Kuchen - an Verwandte, Freunde, aber auch an Vorgesetzte. Im Laufe der Jahre verkam die kleine Aufmerksamkeit zur eigenen Währung im Kreislauf der Korruption. Jetzt soll es den Mondkuchen an den Kragen gehen.

Von Kai Strittmatter

Chinesische Freunde schlugen schon vor, sie als Briefbeschwerer oder Türstopper zu benutzen, aber ja, essen kann man sie auch, die Mondküchlein, dann liegen sie im Magen wie Wackersteine. Am Donnerstag ist Mondfest in China. Da besingen die Chinesen traditionell den Mond und servieren die nach seinem Antlitz gebackenen Mondkuchen.

Noch lieber verschenken sie sie - weiter und weiter und weiter, Lästermäuler sagen, die Halbwertszeit von Mondkuchen komme der von Uran ziemlich nahe. Die massive Füllung aus einer süßen Paste von Sesam, Lotussamen oder roten Bohnen lässt kaum Rückschlüsse aufs Jahr ihrer Herstellung zu, immer wieder werden Bäcker erwischt, die die Füllung des letzten Jahres recyceln.

Als Geschenk allerdings sind sie ziemlich praktisch und haben Karriere gemacht. Aufwendig verpackt gingen sie an Vorgesetzte, Behördenleiter, Ministerialbeamte. Und wenn die den güldenen Karton oder das feine Lackkästlein öffneten, konnten sie mitunter nicht bloß Mondkuchen finden, die mit Flocken aus echtem Gold gefüllt waren, sondern es versteckte sich zwischen all dem Gebäck auch schon mal eine Schweizer Uhr oder aber gleich ein Bündel von Geldscheinen. Mondkuchen waren zu einer eigenen Währung geworden im Kreislauf der Korruption. Und deshalb geht es ihnen jetzt an den Kragen.

Der Markt für Luxusmondkuchen ist in diesem Jahr eingebrochen. So wie zuvor auch schon der für Haifischflossen, Seegurken und teuren Maotai-Schnaps. Für all jene Dinge also, zu denen sich Chinas lebensfrohe Beamte gerne einladen ließen von prospektiven Geschäftspartnern.

Die Händler werden ihre Geschenkkartons - zu Preisen von umgerechnet 60 Euro und aufwärts - nicht los und haben eine "Mondkuchenkrise" (so die Pekinger Global Times) ausgerufen. Und schuld sind Parteichef Xi Jinping und seine Kampagne "für Genügsamkeit". Die Verschwendungssucht der KP-Funktionäre stößt das Volk seit Langem ab, kurz vor dem Mondfest haben Korruptionsbekämpfer der KP noch einmal den "vier Formen der Dekadenz" in den Reihen der Partei den Kampf angesagt, allen voran "Hedonismus und Extravaganz". Behörden und Ministerien ist in diesem Jahr ausdrücklich verboten, einander auf Staatskosten mit Mondkuchen-Überraschungspaketen zu überhäufen.

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Für den Moment scheint die Einschüchterungs-Kampagne zu funktionieren, allerdings sagen Kritiker dem Erfolg ohne die Begleitung durch politische Reformen nur ein kurzes Leben voraus. Und überall scheint die Botschaft von der Askese auch noch nicht angekommen zu sein: Während die Bäcker klagen, prägten Banken wie die Agricultural Bank of China Sonderausgaben von Mondküchlein aus purem Silber oder Gold. Die Sets verkauften sich, so meldet es der staatliche "China News Service", "wie verrückt".

© SZ vom 19.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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