Mallorca:Adios, Ballermann

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Der Strand von Palma de Mallorca soll umgestaltet werden - die Tage der Krawallmeile El Arenal sind gezählt.

Javier Cáceres

Es ist Urlaubszeit in Spanien. Doch die Wirtschaftskrise bedingt, dass sich das Kabinett des sozialistischen Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez Zapatero außerplanmäßig trifft - er hat es für Donnerstag einberufen.

Gedanklich wird sich die Runde auch an den Strand versetzen können, denn avisiert ist, dass sich das Kabinett eines Themas annimmt, das schon länger in der Pipeline steckt: die milliardenschwere Neugestaltung des Strandes von Palma de Mallorca, der spanischen Touristenmeile schlechthin.

In zehn Jahren dürfte das 15 Quadratkilometer große Areal nicht mehr wiederzuerkennen sein. Das jedenfalls ist die Hoffnung des niederländischen Landschaftsplaners Adriaan Geuze, seit sein Architekturbüro "West 8" vor einem halben Jahr den internationalen Wettbewerb zur Reform des drei Kilometer langen Küstenstreifens gewann.

Bis Ende des Jahres will er den Masterplan vorgelegt haben, der konkretisiert, wie das Lifting genau aussehen soll. Bislang liegen ambitionierte Skizzen vor; von der Copacabana auf den Balearen und Mallorca Beach ist in den Medien die Rede, in Anlehnung an Rio de Janeiro und Miami. "Es ist ein fundamentales Projekt", hat Geuze, 47, unlängst gesagt, "nicht nur für den Strand von Palma, sondern für den spanischen Staat."

Dessen Tourismusindustrie trägt immerhin zwölf Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei, müsse aber dringend die Infrastruktur verbessern, sagt Geuze. Nur so könne ihre Zukunft gesichert werden.

Sein Modell umschreibt er mit dem Wort "reif" - als spräche er von einer sichtlich gealterten Frau, die er nicht verprellen möchte, um bei ihrer Verwandlung in eine Ikone der Moderne freie Hand zu haben.

Dass Bedarf besteht, ist schon länger unbestritten, Verschönerungsmaßnahmen gibt es zuhauf. Unter anderem soll hinter der ersten Strandlinie der Verkehr beruhigt werden, Grünflächen, ein Gesundheitszentrum, Sportanlagen entstehen. Geuzes Pläne gehen weit darüber hinaus, sind vom städteplanerischen Ansatz her wohl nur vergleichbar mit den Revolutionen, die Großprojekte wie Expos oder Olympische Spiele auslösen.

Lesen Sie weiter, wie das neue Strandviertel künftig aussehen soll.

Denn Geuze geht es darum, das verbaute, zunehmend unwirtliche Gelände mit seinen 38.000 Hotelbetten, 122 Restaurants, 200 Cafés, 238 Bars 30 Diskotheken und 164 Geschäften in so etwas wie eine Strandpromenade mit menschlichem Antlitz zu verwandeln.

Entstehen soll eine Palmenallee, die zum Flanieren einlädt und abends Freilufttheater oder Konzerte bietet. Auch möchte der Niederländer öffentliche Verkehrsmittel befördern, schon seit Jahren ist die Einrichtung einer Straßenbahn im Gespräch.

Besondere Energie will Geuze auf die Umgestaltung von El Arenal verwenden, einer immens verbauten Gegend, deren Skyline tiefer gelegt werden soll. Da befindet sich auch die Strandbar Ballermann. Was aus ihr werden soll, sagt Geuze nicht.

Dafür soll am anderen Ende des Strandes, im Westen, das alte Fischerdorf Can Pastilla weitgehend erhalten werden. Auch drei Naturgebiete sollen durch die Sanierung "neu entdeckt" werden. Dies betrifft nicht zuletzt das Feuchtgebiet Ses Fontanelles, wo gerade der Bau eines Einkaufszentrums gestoppt wurde.

Regierung soll Milliarden zahlen

Offen ist, wie hoch die Investitionen ausfallen werden. Geuze hält sich bislang bedeckt. Klar ist nur, dass die Kosten in die Milliarden gehen würden - und dass sich die Blicke natürlich gen Zentralregierung wenden: Sie soll den Geldhahn aufdrehen.

Regierungschef Zapatero hat immerhin besondere Sensibilität fürs Thema erkennen lassen, auch ist der neue Staatssekretär für Tourismus, Joan Mesquida, gebürtiger Mallorquiner - das verspricht raschere Umsetzung. "Es ist ein ungeheuer großes, aber auch zukunftsweisendes Projekt", hat Mesquida gesagt.

Die balearische Tourismus-Industrie äußert sich bislang eher skeptisch. "Wir stehen mit dem Rücken zur Wand", hat Francisco Marín vom Hotelierverband der Inselgruppe vor kurzem gesagt - und meinte damit, dass man den Sommer über locker angelehnt beobachten wolle, was sich in Sachen Strand tut und ob die schönen Pläne wirklich umgesetzt werden.

© SZ vom 13.8.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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