Hundertwasser in Bayern:"Mein Geschmack ist es nicht"

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Im niederbayerischen Abensberg beginnt der Bau eines der letzten Projekte des österreichischen Künstlers. Ein Gespräch mit dem Bürgermeister des Ortes, der lange als Verhinderer des Großprojekts galt.

Uwe Brandl ist Bürgermeister in Abensberg, einer Stadt im niederbayerischen Landkreis Kelheim, deren mittelalterliche Häusern bald ein Hundertwasser-Turm in den Schatten stellt - heute wird der Grundstein gelegt. Der Bau nach den Plänen des österreichischen Künstlers und Kämpfers gegen die gerade Linie verzögerte sich um Jahre, der Bauherr und Bierbrauer Leonhard Salleck hatte schon mit anderen Standorten geliebäugelt.

Architektur
:Bunt, rund, Hundertwasser

Streng, gerade, Kastenform? Nicht mit Friedensreich Hundertwasser: Der Künstler ist berühmt für seine verspielten Bauten. Eines seiner letzten Werke steht in Niederbayern.

sueddeutsche.de: Sie und der Chef der Kuchlbauer-Brauerei sollen jahrelang über den Hundertwasser-Turm gestritten haben. Was hat Sie umgestimmt?

Uwe Brandl: Das ist überhaupt nicht wahr! Seit Jahren wird behauptet, ich sei gegen den Turm. Im Stadtrat hat es gegen die Pläne nie Gegenstimmen gegeben. Wir hatten allerdings dem Wunsch des Bauherrn und des Landratsamtes entsprechend für den Turm ein höchst kompliziertes Bauleitplanverfahren durchzuführen, bei dem sich einige Beteiligte, darunter das Landesdenkmalamt negativ zu den Baubabsichten äußerten.

sueddeutsche.de: Woran liegt es dann, dass erst jetzt mit dem Bau begonnen wird?

Brandl: Erst einmal musste wie gesagt Baurecht geschaffen werden Die Dauer eines derartigen Verfahrens hängt auch davon ab, wie schnell von den verschiedenen Beteiligten zugearbeitet wird. Von Seiten der Stadt aus hätte eine Grundsteinlegung schon wesentlich früher erfolgen können.

sueddeutsche.de: Was war das Problem?

Brandl: Die anfängliche Höhe war zum Beispiel für die Denkmalschützer ein unüberwindbares Hindernis: Erst sollte der Turm 70 Meter hoch werden, dann 50 Meter. Schließlich hat der Bauherr von sich aus entschieden, nur 35 Meter hoch zu bauen.

sueddeutsche.de: Dennoch gelten Sie in den Medien als Beinahe-Verhinderer des Hundertwasser-Turms...

Brandl: Medien neigen gerne zu Vorverurteilungen. Keiner von denen, die sich derart äußern, hat sich je mit der Sache an sich oder den echten Fakten befasst. Fakt ist, dass ich 2005 nach meiner Wiederwahl auf den Investor zugegangen bin und wir in kürzester Zeit die notwendigen Verfahrenshindernisse gemeinsam aus dem Weg geräumt haben. Sie werden keinen Beschluss finden, in dem ich gegen den Turm gestimmt habe!

sueddeutsche.de: Haben Sie schon einmal einen Bau von Friedensreich Hundertwasser im Original gesehen?

Brandl: Meine Tante war Künstlerin und hat in Wien studiert und gelebt, sie kannte den Künstler noch in seiner aktiven Zeit und hat mir das Hundertwasser-Haus in Wien gezeigt.

sueddeutsche.de: Wie hat es Ihnen gefallen?

Brandl: Es ist nicht mein Geschmack. Aber es gehört zur zeitgenössischen Architektur.

sueddeutsche.de: Und wenn Sie sich nun so einen Bau in Abensberg vorstellen...

Brandl: ... sehe ich eine Riesenchance für die Stadt, wenn jetzt alle gemeinsam mit anpacken, nicht nur Herr Salleck und der Stadtrat, sondern auch die Betriebe. Wir haben in die historische Altstadt viel Geld gesteckt. Wenn uns der Turm überregional bekannt macht, kommen etwa 70.000 Besucher im Jahr. Wir werden versuchen, den Spagat zwischen der Moderne und dem Alten zu schaffen um damit eine unverwechselbares Alleinstellungsmerkmal für Abensberg zu erreichen.

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