Hongkong:Leben in Schluchten

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Bauland ist knapp in der asiatischen Megastadt, also wächst ein moderner Glas-Stahl-Gigant neben dem anderen in den Himmel. Dazwischen lebt die Tradition.

Das Panorama vom 552 Meter hohen Victoria Peak ist schlicht atemberaubend. Die eindrucksvollen Hochhäuser des Geschäftszentrums von Hongkong liegen dem Besucher zu Füßen. Über den Victoria Harbour geht der Blick nach Norden zur Halbinsel Kowloon, in deren engen Straßenschluchten sich bei Tag und Nacht Millionen Menschen tummeln. Im Westen liegt die Insel Lantau mit dem Flughafen, und im Osten und Süden gibt es unerwartet viel Grün, weil das felsige Binnenland der Hauptinsel nur spärlich bebaut werden konnte.

Hongkong
:Stadt der Gegensätze

Zehn Jahre nach der Übergabe der einstigen Kronkolonie Hongkong an China ist der Platz knapp. Doch zwischen den Wolkenkratzern gibt es immer noch Reste des alten Hongkongs.

Hongkong ist ein Paradebeispiel für die Megastädte Asiens, die auf kleinstem Raum mehr Menschen Platz bieten, als Europäer sich das vorstellen können. Da Bauland knapp ist, gibt es hier nur eine Möglichkeit, sich auszubreiten - nach oben.

Dies gilt nicht nur für die imposanten Bürobauten, deren Architektur mitunter ein wahrer Augenschmaus ist. Es gilt auch für die Wohnhäuser. Früher führte sogar der Landeanflug zum alten Airport Kai Tak so dicht an den Wolkenkratzern vorbei, dass der Flugzeugflügel sie fast zu streifen schien. Deshalb wurde in den 90er Jahren der neue Flughafen Chek Lap Kok auf der vorgelagerten Insel Lantau gebaut.

Individualreisende suchen sich zumeist ein Quartier in Kowloon, wo es Hotels sowie Restaurants, Cafés und Bars in allen Preisklassen gibt. Unzählige Geschäfte entlang der Nathan Road und ihrer Seitenstraßen laden zum Bummeln ein, und davon machen Einheimische ebenso wie Touristen regen Gebrauch - bei Tag und noch mehr bei Nacht, wenn Leuchtreklamen für ein buntes Lichtermeer sorgen. Spätestens dann wird klar: Hongkong ist eine Stadt, die niemals schläft.

Wer dem Getümmel entfliehen will, kann den Kowloon Park mit seinen gepflegten Grünanlagen aufsuchen. Einen Ruhepol bietet auch der weiter nördlich gelegene taoistische Tempel Tin Hau. Er ist der Schutzgöttin der Seeleute gewidmet, wie noch etwa 25 weitere Tempel in Hongkong. Dies allein belegt die enge Verbundenheit mit der Seefahrt. Hongkongs Hafen gehört vom Ausmaß ebenso wie vom Personen- und Güteraufkommen her zu den größten der Welt.

Der wohl beliebteste Treffpunkt der Stadt ist die Südspitze von Kowloon. Von hier schaut man über den Hafen auf die beeindruckende Silhouette der Hochhäuser von Hong Kong Island. Mit der Fähre Star Ferry geht es hinüber zu dieser Hauptinsel - dem Finanzzentrum der früheren britischen Kronkolonie, die 1997 zur chinesischen Sonderzone wurde. Am Geschäftsleben hat die Rückgabe an Peking nichts geändert. Nach dem Prinzip "ein Land, zwei Systeme" förderte die kommunistische Volksrepublik die Wirtschaft im kapitalistischen Hongkong weiter und machte die Metropole zur Speerspitze des Aufschwungs im ganzen Land.

Einen Kontrast zum Labyrinth der modernen Hochhäuser und Einkaufszentren von Hong Kong Island bildet die alte doppelstöckige Straßenbahn, die sich kein Besucher entgehen lassen sollte. Ruhe ist hier im Hong Kong Park zu finden, ein riesiger botanischer Garten mit Wasseranlagen, Gewächshäusern und einer Freiflughalle für tropische Vögel. Auf den eingangs erwähnten Victoria Peak führt eine steile Zahnradbahn aus dem Jahre 1888. Hier oben ist die Luft deutlich besser, so dass hier schon die britischen Kolonialherren ihre Villen bauten, in denen heute reiche Chinesen wohnen. Ein beliebtes Ausflugsziel im Südosten der Insel ist Aberdeen mit seinem berühmten Fischmarkt und den schwimmenden Fischrestaurants.

Naturpfade und Fischerdörfer auf kleineren Inseln

Weniger hektisch geht es auf der Insel Lantau zu, die allerdings seit der Eröffnung des neuen Flughafens im Jahre 1998 viel von ihrer einstigen Ursprünglichkeit verloren hat. Im Inneren gibt es zahlreiche Wanderwege einschließlich des Bergrücken-Höhenwegs, der auf dem 934 Meter hohen Lantau Peak gipfelt. Praktisch alle Reisenden besuchen auf Lantau das buddhistische Kloster Po Lin. Es liegt 460 Meter hoch in den Bergen, und seine 22 Meter hohe Bronze-Freilichtstatue Buddhas ist von weitem sichtbar.

Für einen Badeurlaub bietet sich die kleine Insel Cheung Chau mit ihren wunderschönen Sandstränden an. Hier bekommt der Besucher auch eine Vorstellung davon, wie Hongkong ausgesehen haben muss, als es noch keine Hochhäuser gab. Der traditionelle Fischerort Cheung Chau ist geprägt von dicht gedrängten zweigeschossigen Bauten. Gut baden kann man auch auf Lamma Island. Hier gibt es zudem unzählige Fischrestaurants, die vor allem am Abend gerne frequentiert werden.

Auf diesen kleineren Inseln wird klar, dass Hongkong nicht nur eine Metropole der Bürokomplexe ist. Dennoch bleiben die Häuserschluchten von Kowloon und Hong Kong Island dem Besucher wohl am meisten in Erinnerung. Hinzu kommen die exotischen Märkte mit Jade, Seide und seltenen Gewürzen sowie Tieren, die zum Leidwesen westlicher Tierschützer allerdings ganz und gar nicht artgerecht gehalten werden. Schließlich ist Hongkong das Tor zum chinesischen Festland. Tagestouren nach Shenzhen und Guangzhou (Kanton) oder auch längere Reisen nach China lassen sich von hier aus problemlos organisieren.

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