Hintergrund:Willkommen bei den Trumps

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Deutsche kritisieren die USA und den Hype um den skurrilen Präsidentschaftskandidaten, bereisen das Land jedoch gerne. Ein Veranstalter bietet nun eine Reise zum Wahlabend an. Was aber, wenn der Blonde gewinnt?

Von Monika Maier-Albang

Was wird aus den Atomwaffen, wenn er siegt? Was aus dem Land der Freiheit? Vor allem: Was passiert, wenn Wladimir Putin und Donald Trump, zwei Männer, die sich an Skrupellosigkeit und übersteigertem Ego in nichts nachzustehen scheinen, tatsächlich gleichzeitig an der Macht sind? Viele Menschen fragen sich das zurzeit. Wobei das Image der USA ja nicht nur von Trump bestimmt wird. Die Intransparenz rund um das geplante Freihandelsabkommen TTIP, die zeitraubende Einreise in ein Land, das von seinen Gästen das Maximum an Freigabe persönlicher Daten fordert, ohne selbst transparent zu sein - das allein kann schon abschreckend wirken.

Trotzdem scheint die Lust der Deutschen auf USA-Reisen ungebrochen zu sein. Beliebt sind New York und San Francisco, Floridas Strände und die Nationalparks. "Wir sind sehr zufrieden mit der Buchungslage für die USA", heißt es beim Reiseunternehmen FTI, man verzeichne sogar "ein leichtes Umsatzplus gegenüber dem Vorjahr". Und auch Deutschlands größter Reiseveranstalter Tui plant für 2017 einen "kräftigen Ausbau" des Angebots. Das Land ist nach Angaben von Unternehmenssprecherin Anja Braun derzeit eines der beliebtesten Fernreise-Ziele bei Tui. Bei Visit USA, der touristischen Vertretung des Landes, spricht man mit Blick auf 2015 sogar von einem "historischen Rekord". Im Vorjahr reisten demnach 2,3 Millionen Deutsche in die USA, ein Viertel Geschäftsleute, der Rest Touristen.

Wer will, kann eigens zum Wahlabend einfliegen - und das Ergebnis mit Experten diskutieren

Wie passt das zusammen? Schwer zu erklären. In vielen anderen Ländern, etwa der Türkei, reagierten die Kunden momentan "empfindlich auf die politische Großwetterlage", sagt Braun. Das ambivalente Verhältnis zur USA deutet sie so: "Bei Reisen in die USA differenzieren die Urlauber offensichtlich zwischen dem Wunsch, das Land kennenzulernen, und politischen Einstellungen im Wahlkampf." Man unterscheidet die Amerikaner, die Gästen gegenüber ja oft warmherzig sind, von der Politik des Landes.

Tui versucht sogar, den Wahlkampf zu vermarkten: Wer 5000 Euro übrig hat, kann den Wahlabend am 8. November im Hyatt Regency in Washington erleben, mit Live-Übertragung und Diskussion im Goethe-Institut. Von Studienreise-Anbietern ist man da nicht mehr weit entfernt. Sind deren Gäste aber vielleicht doch noch etwas feinfühliger? Studiosus verzeichnet tatsächlich einen leichten Rückgang der Buchungen für die USA. "Wir sehen aber trotzdem keinen vorgezogenen Trump-Effekt", sagt Studiosus-Sprecher Frano Ilic. Er vermutet vielmehr, dass sich der im Vergleich zum Vorjahr ungünstigere Wechselkurs in dem ohnehin teuren Reiseland negativ auswirkt. Einen Bush-Effekt übrigens gab es tatsächlich. Während der gesamten Regierungszeit von George W. Bush, vor allem aber infolge des Irakkriegs, als die Menschen sich von den USA belogen sahen, war das Land kein allzu beliebtes Urlaubsziel deutscher Reisender. Aber das unterscheidet die Situation natürlich auch grundlegend von der aktuellen: Bush war schon an der Regierung, Trump ist es noch nicht.

© SZ vom 06.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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